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#Muss Olaf Scholz die Jusos fürchten?

Muss Olaf Scholz die Jusos fürchten?

Auf die Idee, Olaf Scholz zu seinem Wahlsieg – und damit im Grunde ja dem Wahlsieg aller Sozialdemokraten – mal zu gratulieren, kommen sie nicht. Stattdessen tritt ein Jungsozialist nach dem anderen ans Mikrophon, sagt „Schön, Olaf, dass du dich der Diskussion stellst“, und legt los:

Mona Jaeger

Stellvertretende verantwortliche Redakteurin für Nachrichten und Politik Online.

„Da ist einiges Ausbesserungswürdiges dabei.“ – „Vieles für einen neuen Morgen finden wir im Koalitionsvertrag nicht.“ – „Meine Stimmung kippt, wenn ich weiterlese.“ – „Was ist denn aus dem Mietenmoratorium geworden? Wo ist das hin?“ – „Das ist eine relativ gute Grundlage, also mach was draus, unsere Generation hat den Stillstand satt.“

 “Der-Markt-regelt-alles-Gang“ statt CDU

Der nüchterne Olaf Scholz sitzt in der ersten Reihe einer nüchternen Frankfurter Sporthalle und hört sich das alles tapfer an. Samstagvormittag, zweiter Tag des Juso-Bundeskongresses, des Jahrestreffens der Parteijugend. Es ist Zufall, dass Scholz ausgerechnet als erstes vor der rebellischen Parteijugend die Ergebnisse des Koalitionsvertrages erklären muss.

Scholz ist gut gelaunt, kein Wunder, er wird in wenigen Tagen vermutlich zum Bundeskanzler gewählt. Gute Laune mag man bei den Jusos hingegen nicht wirklich erkennen. Denn die Juso-Rechnung geht so: Früher war alles doof, weil man meistens mit der Union regierte und faule Kompromisse mit Merkel und Co. eingehen musste. Das muss man zwar jetzt nicht mehr. Aber nun koaliert man dafür jetzt mit der FDP, von einem Delegierten als „Der-Markt-regelt-alles-Gang“ bezeichnet. Also wieder Kompromisse.

Wollen sich gute Laune nicht verderben lassen: Olaf Scholz und die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal am Samstag


Wollen sich gute Laune nicht verderben lassen: Olaf Scholz und die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal am Samstag
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Bild: Wonge Bergmann

Schon im ersten Redebeitrag geht es um Hartz IV. So ganz hat die Partei das Thema eben noch nicht abgeschüttelt. Das im Koalitionsvertrag angekündigte Bürgergeld sei im Grunde nur ein anderer Name für die ungeliebte Arbeitslosenhilfe, sollten die Regelsätze nicht deutlich erhöht werden, meint ein junger Mann aus Nordrhein-Westfalen. Mehrfach wird auch die Migrationspolitik kritisiert, die laut der Ampel-Partner ein Paradigmenwechsel darstelle. Nein, vielmehr werde eine Rückführungsoffensive angekündigt, regt sich ein anderer Mann auf. „Ich finde das einfach nur scheiße.“

Mit großer Macht geht auch große Verantwortung einher. Und das bedeutet für die Jusos, dass die SPD, da sie jetzt ja den Kanzler stellen wird, verpflichtet sei, möglichst viel von ihrem Programm durchzusetzen. Nur da die SPD eben nicht die absolute Mehrheit geholt hat, sind Enttäuschungen für die Parteijugend programmiert. Zumal mit einem Kanzler Scholz, dem die Herzen der Jusos weiterhin nicht zufliegen.

Dabei ist die Lage eine ganz andere als noch vor vier Jahren. Wenige Tage, nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ein Sozialdemokrat mit ruhendem Parteibuch, die SPD in die nächste große Koalition drückte, mussten Martin Schulz und Andrea Nahles die bittere Botschaft bei den Jusos verkünden. Es war eine Abrechnung – und der Beginn des Aufstiegs von Kevin Kühnert, der als frischgebackener Juso-Vorsitzender die Parteispitze heftigst anging.

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Und jetzt? Schulz und Nahles sind Geschichte. Und Kühnert ist nicht mehr Juso-Vorsitzender, sondern Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Parteivorsitzender. Genauso wie Jessica Rosenthal, die aktuelle Juso-Vorsitzende, und 47 weitere Jungsozialisten. Sie sind jetzt ein Machtfaktor in der Bundestagsfraktion. Auf der anderen Seite sind sie auch eingebunden in das Regierungshandeln, sie haben den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt. Sie werden den Hauch der Realpolitik schneller und deutlicher spüren als Delegierte auf dem Juso-Bundeskongress.

Die Juso-Vorsitzende Rosenthal ist es dann auch, die versucht eine Brücke zu bauen. Von der Freude über den Wahlerfolg hin zu der simplen Feststellung, dass man sich noch mehr sozialdemokratische Inhalte gewünscht hätte. Am Freitag hatte Rosenthal in den Saal gefragt, ob die Jusos alle ihre Wünsche im Koalitionsvertrag wiederfänden? „Ne, finden wir nicht!“. Aber immerhin eine „riesige große Menge“ davon.

Rosenthal wiedergewählt

Der Vertrag sei eine gute Grundlage. Scholz muss keine Juso-Rebellion in der Fraktion fürchten. Aber die immerzu beschworene Geschlossenheit der SPD hat deutliche Risse. Sie sind kultureller und inhaltlicher Art. Bei aller Kritik gilt aber auch: Niemand stellt das Ampel-Bündnis grundsätzlich in Frage. Rosenthal wurde am Freitag mit 73,2 Prozent als Vorsitzende wiedergewählt. Die Mitglieder folgen ihrem Kurs, dürfen rhetorisch aber ein bisschen Luft ablassen. Vor diesen Jusos braucht niemand Angst haben.

Scholz wird damit gut leben können. Er möchte übers große Ganze sprechen, sich nicht mit einzelnen Vereinbarungen aus dem Vertrag befassen – was hingegen die Leidenschaft von Jusos ist. „Wir können was Großes zustande bringen“, sagt er am Samstag auf der Bühne. Er spricht ruhig, fast pastoral. Ganz anders als die aufgekratzten Jusos. Scholz empfiehlt ihnen, mehr auf die Unterschiede zur Union zu schauen, mit denen man endlich nicht mehr regieren brauche, als auf die Unterschiede zur FDP. „Es ist egal, wer welches Ressort hat. Ich habe gar keines. Es geht um die Gesamtleistung.“ Stille im Saal.

Einen Witz immerhin kann Scholz landen. „Ich stelle mir vor, dass ihr oft begeistert sein werdet vom Regierungshandeln.“ Da muss er lachen. Und die Jusos auch.

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