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#Nicht jeder eignet sich für diese Mission

„Nicht jeder eignet sich für diese Mission“

Auf dem Weg nach Osten, über die polnische Autobahn, rückt der Krieg immer näher. Ukrainische Fahnen flattern aus Autofenstern, auf Anzeigetafeln leuchtet die Telefonnummer der Ukraine-Hilfe, und im Autoradio wird die Frage verhandelt: Was tun gegen die Angst? Eine Moderatorin erklärt, wie die Hörer auch mal den Kopf freibekämen: „Wir selbst sind in Sicherheit, es betrifft unsere Nachbarn. Es ist nicht unsere Sache.“ Psychologisch mag der Rat schlüssig klingen, ob der politischen Realität wirkt er abenteuerlich. Der Angriff auf die Ukraine hat die Polen erschüttert, und ihre schier grenzenlose Hilfsbereitschaft zeigt: Sie haben sich diese Sache ohne Zögern zu eigen gemacht.

Jörg Thomann

Redakteur im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Samstagabend in Przemysl, Karpatenvorland, gut zehn Kilometer von der ukrainischen Grenze gelegen, 60.000 Einwohner, ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt zwischen Osten und Westen. In normalen Zeiten wäre die kleine Haupthalle des schmucken Gründerzeitbahnhofs einen touristischen Blick wert, doch niemanden kümmern die Wandmalereien. In jedem Winkel, jedem Gang hocken Menschen, Frauen und vor allem Kinder, inmitten ihrer Taschen und Tüten mit den Dingen, die ihnen am wichtigsten sind, und unaufhörlich drängen Leute zu den Türen herein und hinaus.

Wer gerade hier angekommen ist, fragt sich: Wo kann ich nun hin? Und wenn ich mein Ziel kenne, wie kann ich es erreichen? Und es wird geholfen. Von Menschen mit gelben oder orangen Westen, die Polizisten sind, Feuerwehrleute oder Pfadfinder, von unermüdlichen Freiwilligen, die den Ukrainern geduldig zuhören, sie durch die Menge zum Fahrkartenschalter oder zu den wartenden Bussen steuern, sie mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und selbst Kinderwagen versorgen und Teller mit warmer Suppe reichen. „Hier seid Ihr sicher!“, verspricht ein zweisprachiges Plakat am Bahnsteig. Ein Wartesaal ist Frauen und Kindern vorbehalten. Menschen halten Schilder hoch, welche Mitfahr- oder Schlafgelegenheiten offerieren oder auch beides. Neben den Polen sind auch Ausländer darunter: „Free Ride to Luxemburg“, „Kostenloser Transport nach Schweden, Haus für sechs Personen“.

Bei der neuen Flüchtlingswelle ist vieles anders

Wer nicht ganz so weit möchte, der könnte mit Kamil und seinem Vater mitfahren, die für drei Monate ein paar Räume nahe Krakau anbieten. Wie so viele sind sie spontan nach Przemysl aufgebrochen, eine Helferin fotografiert Kamils Ausweis. Die junge Frau mit dem Baby im Arm, die daneben steht, schaut trotzdem skeptisch. Erst allmählich dämmert es Vater und Sohn, dass ein Männergespann auf die Ukrainerinnen nicht unbedingt vertrauenerweckend wirkt, „ich hätte mich vorher rasieren sollen“, scherzt Kamils vollbärtiger Vater. Nach viereinhalb Stunden Wartezeit werden sich die beiden auf die Heimfahrt machen und dabei vier Leute mit nach Krakau nehmen, nicht jedoch in die angebotene Unterkunft. Nicht allein das Geschlecht der Wohltäter hat die Interessentinnen abgeschreckt, sondern auch die drei Monate: Die meisten haben einen Schlafplatz für nur ein, zwei Tage gesucht. Mehr als eine Million Menschen sind über die Grenzen nach Polen gekommen, seit Putin die Ukraine angegriffen hat; viele sind schon weitergezogen, andere möchten die Zeit überbrücken, bis eine Rückkehr möglich scheint.

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