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#Wem die Regierenden vertrauen

Thüringens rot-rot-grüne Minderheitsregierung hat Fehler bei ihrer Einstellungspraxis für leitende politische Beamte eingeräumt, einerseits. Die Regierung nehme die Kritik des Rechnungshofs sehr ernst, sagte Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) am Dienstag bei einer Sondersitzung des Landtags in Erfurt. Die Sitzung war von CDU und FDP beantragt worden, nachdem ein Mitte März veröffentlichter Prüfbericht des Landesrechnungshofs zur Stellenbesetzung in den Leitungsbereichen der obersten Landesbehörden Wirbel ausgelöst hatte. In anderen Punkten indes wies die Koalition die Kritik zurück.

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Die Rechnungsprüfer hatten „systematische und schwerwiegende Verstöße“ festgestellt, die sich auch nicht als Einzelfälle abmoderieren ließen. So habe die Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) das Leistungsprinzip bei der Besetzung nicht durchgesetzt und damit Zweifel an der Integrität der Verwaltung gesät. Es sei der Eindruck entstanden, dass eine Bestenauslese für Spitzenämter „entbehrlich oder durch politische Einstellung ersetzbar“ sei.

Für die Opposition liegt der politische Ball seitdem auf dem Elfmeterpunkt. Auch am Dienstag bezichtigten CDU und FDP die Koalition der Rechtsbeugung, Ämterpatronage und Steuergeldverschwendung – und forderten, dass Ramelow sich der Verantwortung stellen müsse. Der Ministerpräsident ergriff in der knapp vier Stunden dauernden Debatte nicht das Wort. Stattdessen räumte Hoff ein, dass die Regierung Dokumentationspflichten bei der Stellenbesetzung verletzt habe. Künftig soll es detaillierte Tätigkeitsbeschreibungen geben, zugleich werde man „kritisch prüfen“, ob es nicht auch „schlanker“ gehe – also ob überhaupt so viele Leitungsbereiche mit politischen Beamten besetzt werden müssen. Derzeit sind unter anderem die Chefs von Landesverfassungsschutz und Polizei, die Gleichstellungs-, Behinderten- und Integrationsbeauftragten sowie der Regierungssprecher und Landtagsdirektor politische Beamte.

Politisches Vertrauen als wichtiges Auswahlkriterium

Die Rechnungsprüfer hatten kritisiert, dass etwa bei der Einstellung von Staatssekretären das Prinzip der Bestenauslese sowie beamten- und laufbahnrechtliche Voraussetzungen negiert worden und stattdessen die politische Einstellung der Bewerber für die Besetzung ausschlaggebend gewesen seien. Letzteres sei allerdings rechtlich nicht zu beanstanden, sagte Hoff, weil es für diese Stellen eine gesetzlich geregelte Ausnahme von der Ausschreibungspflicht gebe. Politisches Vertrauen sei etwa für die Leitung von Ministerbüros ein konstitutives Auswahlkriterium. „Der Rechnungshof vertritt hier eine andere Auffassung, der widersprechen wir, und zwar sehr deutlich“, sagte Hoff.

Zugleich spielte er den Ball an die CDU zurück, unter deren Ägide die heute noch gültigen Rechtsgrundlagen für die Besetzung von Leitungsstellen geschaffen und seitdem nicht geändert worden seien. Und er wies den Schluss der Rechnungsprüfer zurück, dass allein schon eine unzureichende Dokumentation Beweis für eine fehlende Bestenauslese sei. „Das teilen wir ausdrücklich nicht.“ Kein Minister umgebe sich für harte, zum Teil rund um die Uhr währende Verfügbarkeit verlangende Jobs mit Mitarbeitern, die nicht geeignet seien.

Die Opposition gab sich damit nicht zufrieden. Sie warf Hoff vor, sich als Aufklärer zu inszenieren, aber in Wirklichkeit unliebsame Fakten vor der Öffentlichkeit zu verstecken. So ist der vollständige Bericht des Rechnungshofs als geheime Verschlusssache eingestuft und damit nicht für die Öffentlichkeit einsehbar. Linke, SPD und Grüne wiederum warfen CDU und FDP vor, statt an sachlicher Aufklärung lediglich an einer weiteren Skandalisierung zu Wahlkampfzwecken interessiert zu sein. In anderthalb Jahren wählt Thüringen einen neuen Landtag.

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