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#Reelle Zahlen als verdichtete Menge – Mathlog

Reelle Zahlen als verdichtete Menge – Mathlog

Reelle Zahlen werden in den Erstsemestervorlesungen meist auf ziemlich abstrakte Weise eingeführt, typischerweise als Dedekind-Schnitte. Näher an der Intuition und an der Schulmathematik fand ich es immer, reelle Zahlen als Dezimalbrüche einzuführen. Das Problem mit diesem Ansatz ist natürlich, dass unterschiedliche Dezimalbrüche dieselbe Zahl darstellen können: 0,999… ist dasselbe wie 1,000…, und genauso ist dann auch 0,02999… dasselbe wie 0,03 und 1,34999… dasselbe wie 1,35 und so weiter und so fort, und das dann mathematisch korrekt zu formulieren ist letztlich viel umständlicher als reelle Zahlen einfach durch Dedekind-Schnitte zu definieren. Und eigentlich ist das dann auch nicht so wichtig, denn man wird in der Analysis I-Vorlesung ohnehin mit den Eigenschaften der reellen Zahlen arbeiten und nicht mehr danach fragen, ob man sie als Dezimalbrüche oder Dedekind-Schnitte definiert hatte.

Einen ganz anderen Blick auf diese Problematik bekam ich durch einen Vortrag von Peter Scholze, den ich gestern auf der Bonner Mathenacht gehört habe. (Natürlich virtuell, mit einem Teilnehmerrekord von knapp 500 Teilnehmern.)

Die neue Sichtweise ist, dass Dezimalbrüche ohne die Identifizierungen der Art 0,999…=1 eine Cantor-Menge bilden, also eine kompakte, total unzusammenhängende Menge. Durch die Identifizierungen wird aus der Cantor-Menge ein Kontinuum.

Scholze und sein Koautor Dustin Clausen sind der Überzeugung, dass dieser Zugang der richtige Ansatz zu einem Neuaufbau der Topologie sei. Statt Hausdorffs klassischer Definition topologischer Räume wollen sie Räume – analog zur Konstruktion reeller Zahlen durch Dezimalbrüche – durch Verklebungen total unzusammenhängender Räume gewinnen. Formal definieren sie “verdichtete Mengen” (engl. “condensed sets”) als Garben auf total unzusammenhängenden Räumen (Stone-Räumen). Beispielsweise können sie so die reelle Funktionalanalysis mit Methoden der Zahlentheorie angehen. (Total unzusammenhängende Räume kamen bisher vor allem in der p-adischen Geometrie vor, einem Gebiet der Zahlentheorie.)

Der Vortrag von gestern ist leider nicht online und die Videos zur neuen “condensed mathematics”, die man online findet, sind dann doch auf einem sehr viel höheren mathematischen Niveau.

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