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#Rundfunkanstalten scheitern vor Bundesverfassungsgericht

Rundfunkanstalten scheitern vor Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gegen die nicht erfolgte Erhöhung des Rundfunkbeitrags abgewiesen. Die Richter haben die Frage ausdrücklich offengelassen, ob der Rundfunkbeitrag womöglich später noch erhöht werden und die Sender für entgangene Einnahmen entschädigt werden müssen. Die Sender hätten aber nicht dargelegt, dass eine Erhöhung derart eilig wäre, dass eine Intervention des Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren notwendig wäre.

Constantin van Lijnden

Eine solche Eilbedürftigkeit könne zwar grundsätzlich vorliegen, wenn den Sendern andernfalls in naher Zukunft das notwendige Geld fehle, um ihrem Programmauftrag angemessen nachzukommen. Die Sender hätten aber nicht dargelegt, dass ein derartiger Zusammenbruch des Programms unmittelbar zu erwarten sei, sofern der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2021 nicht umgehend von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro ansteige. Insofern sei davon auszugehen, dass die Sender den Fehlbedarf jedenfalls bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus eigenen Mitteln decken und ihr Programm aufrechterhalten können.

Haseloff stimmte zu

Dem Streit um die Beitragserhöhung war ein langwieriges und detailliert geregeltes Festsetzungsverfahren vorausgegangen. Zunächst melden die Sender turnusgemäß ihren Finanzbedarf auf Basis des von der Politik formulierten Programmauftrags an. Anschließend tritt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) zusammen, unterzieht die Angaben der Sender einer kritischen Revision, und spricht sodann eine eigene Empfehlung aus – in diesem Fall, den Beitrag um 86 Cent zu steigern.

In einem nächsten Schritt verhandeln die Ministerpräsidenten der Länder über eine Reform des Rundfunkstaatsvertrages einschließlich einer Anpassung der Beitragshöhe. Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) hatte einer Beitragserhöhung um 86 Cent in diesem Kreis vor Monaten zwar zugestimmt, allerdings schon damals darauf hingewiesen, dass er nicht garantieren könne, dass auch die CDU-Fraktion im Landtag der gefundenen Regelung ihr Plazet erteilen würde.

CDU in Sachsen-Anhalt hielt dem Druck stand

Auf sie kam es an, denn um wirksam zu werden, muss der Rundfunkstaatsvertrag einschließlich der Beitragserhöhung in einem letzten Schritt von allen 16 Landesparlamenten akzeptiert werden. Danach sah es in Sachsen-Anhalt lange Zeit nicht aus, denn die Regierung aus SPD, CDU und Grünen hatte sich im Koalitionsvertrag auf das Ziel der „Beitragsstabilität“ verständigt, und auch die Opposition aus Linkspartei und AfD lehnte eine Beitragserhöhung ab.




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Die Linkspartei rückte in der heißen Phase der politischen Auseinandersetzung jedoch von ihrem Standpunkt ab und trieb damit einen Keil zwischen die Regierungsparteien, da auch Grüne und SPD der Erhöhung zustimmten und die 2016 vereinbarte „Beitragsstabilität“ im Sinne einer inflationsbereinigten Stabilität seit der letzten Beitragserhöhung im Jahr 2009 (um)interpretieren wollten. In der Folge sahen die CDU-Abgeordneten sich dem Vorwurf ausgesetzt, einen „Pakt“ mit der AfD einzugehen, falls sie der Beitragserhöhung nicht ebenfalls zustimmen würden.

Als sich abzeichnete, dass der Großteil der CDU-Abgeordneten trotz dieses politischen Drucks bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben würden, nahm Ministerpräsident Haseloff die Abstimmung über den Staatsvertrag von der Tagesordnung des Plenums, um eine gemeinsame Mehrheitsbildung von CDU- und AfD-Abgeordneten zu verhindern. Das Ergebnis war freilich dasselbe: Da der Landtag gar nicht erst abgestimmt hatte, fehlte die Zustimmung eines Bundeslandes.

Verfallsklausel bleibt bestehen

Aus Sicht der Sendeanstalten war das auch deshalb problematisch, weil im Rundfunkstaatsvertrag vereinbart ist, dass der gesamte Vertrag gegenstandslos wird, sofern nicht alle 16 Bundesländer bis Jahresende zustimmen. Ein zweiter Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht war deshalb darauf gerichtet, zumindest diese Klausel des Vertrages außer Kraft zu setzen. Doch auch dazu sehen die Verfassungsrichter keinen Anlass: Die Sorge der Länder sei unbegründet, denn wenn sie kommendes Jahr im Hauptsacheverfahren gewinnen sollten, dann könne eine Beitragserhöhung trotz dieser Klausel erreicht werden.

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Im Hauptsacheverfahren wird es sodann darauf ankommen, ob Sachsen-Anhalt einen zulässigen Grund hatte, der im Rundfunkstaatsvertrag abgebildeten KEF-Empfehlung nicht zu entsprechen. Grundsätzlich müssen die Ministerpräsidenten (und Landesparlamente) dieser Empfehlung Folge leisten. Sie können sie allerdings ausnahmsweise unterschreiten, wenn damit die „Angemessenheit der finanziellen Belastung der Gebührenzahler … und damit auch die Akzeptanz der Gebührenentscheidung bei den Betroffenen“ sichergestellt werden soll. Dabei dürfe der Gesetzgeber auch die „allgemeine Wirtschaftslage und dadurch bedingte finanzielle Einschränkungen für die Bevölkerung berücksichtigen“, so das Bundesverfassungsgericht in einem richtungsweisenden Urteil aus dem Jahr 2007.

Viel spricht also dafür, dass die Verfassungsrichter in der coronabedingten Wirtschaftskrise einen zulässigen Grund erkennen könnten, auf die Beitragserhöhung zu verzichten. Kein zulässiger Grund sind hingegen die allgemeinen Unzufriedenheiten der sachsen-anhaltinischen (CDU-) Abgeordneten mit der Arbeit der Rundfunkanstalten. Dieses Motivbündel zu entwirren und rechtlich zu bewerten, dürfte für die Verfassungsrichter eine Herausforderung darstellen, da es zwar zahlreiche öffentliche Äußerungen, aber keine formale Gesetzesbegründung und nicht einmal eine Landtagsabstimmung gibt, an der sie sich orientieren könnten.

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