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#Schönheit ist auch ein Talent

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Schönheit ist auch ein Talent

Am 23. Mai 1974 strahlte die ARD zur Hauptsendezeit eine Turgenjew-Verfilmung des in Deutschland lebenden tschechischen Regisseurs Vojtech Jasny aus: „Frühlingsfluten“. Turgenjews Novelle erzählt von dem russischen Gutsbesitzer Sanin, der sich auf einer Deutschland-Reise in ein neunzehnjähriges Mädchen aus Frankfurt verliebt, aber dann der Frau seines Freundes Polosow verfällt. Jasny hatte die Geschichte von Frankfurt nach Straßburg und Baden-Baden verlegt, aber sonst folgte seine Inszenierung penibel der Vorlage, die er mit reichlich Kostüm- und Kulissenzauber ausstaffierte. Der Star des Films, eingerahmt von zweitklassigen Theater- und Fernsehschauspielern, war die Darstellerin der Femme fatale: Senta Berger. Sie trug eine weiße Spitzenbluse und ein dunkles Reiterkostüm, über das ihre rotgoldenen Locken fielen, und sie verführte den Gutsbesitzer so lässig, wie eine Katze einen Vogel verspeist. Für den knapp Dreizehnjährigen, der sie zum ersten Mal auf dem Bildschirm sah, war sie der Inbegriff jener Schönheit, die am Anfang des epischen Erzählens in Europa steht: So musste die Frau ausgesehen haben, für die die Griechen nach Troja gesegelt waren.

Auf den Plakaten steht ihr Name oben

Im Mai 1974 ist Senta Berger dreiunddreißig Jahre alt. Seit zwei Jahrzehnten steht sie vor der Kamera, seit vierzehn Jahren bekommt sie Hauptrollen. Eine Karriere in Hollywood hat sie nach Auftritten an der Seite von Charlton Heston, Dean Martin, Kirk Douglas, John Wayne und Yul Brynner abgebrochen. Jetzt erproben die jungen Talente des deutschen Films mit ihr das neue filmische Erzählen: Volker Schlöndorff mit „Die Moral der Ruth Halbfass“, Wim Wenders mit „Der scharlachrote Buchstabe“. Wenn sie in Deutschland nicht genug zu tun hat, dreht sie in Italien, wo sie ebenso bekannt ist, mit Ugo Tognazzi, Duccio Tessari, Ornella Muti und Luigi Comencini. Meist steht ihr Name ganz oben auf den Filmplakaten.

Für die Schauspielerin, die in einer Zweizimmerwohnung im Wiener Außenbezirk Lainz aufgewachsen ist, sind die frühen siebziger Jahre die Sonnenhöhe des Ruhms. Im Sommer 1974 tritt sie als Buhlschaft neben Curd Jürgens im Salzburger „Jedermann“ auf, eine Rolle, die sie acht Jahre lang verkörpern wird. In Bonn kämpft sie als Lobbyistin für den Neuen Deutschen Film, in Marokko dreht sie einen internationalen Agententhriller. Und doch mehren sich die Anzeichen, dass die Bilderindustrie, die sie zur Ikone gemacht hat, in einer Krise steckt. Das italienische Kino erlebt eine letzte hektische Blüte. In Hollywood tritt eine ganze Generation von Regisseuren ab, ihre Nachfolger zeichnen ein härteres, hässlicheres Bild der Wirklichkeit. In ihrer 2006 erschienenen Autobiographie hat Senta Berger erzählt, wie ihr die Hauptrolle in Norman Jewisons „Thomas Crown Affair“ entging, weil sie nicht mit amerikanischem Akzent sprechen konnte. So schließen sich die Türen einer Karriere. 1977 steht sie noch einmal für Sam Peckinpah vor der Kamera, als Krankenschwester in „Steiner“. Ein Jahr später, in der italienischen Produktion „Ritratto di borghesia in nero“, die als „Die nackte Bourgeoisie“ in deutschen Kinos läuft, gibt sie abermals die Femme fatale. Danach nicht mehr. Nie mehr.

Mit zwanzig war sie berühmt: Senta Berger mit O.W. Fischer in „Diesmal muss es Kaviar sein“ nach Johannes Mario Simmel, 1961



Bilderstrecke



Stationen einer Karriere
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Die vielen Verwandlungen der Senta Berger

Filmschauspieler glänzen selten in der Rolle ihres eigenen Lebens. Die meisten, auch die größten, wirken wie Getriebene ihrer Karriere, wie die Wollüstigen in Dantes Inferno, die den Höllenstürmen hilflos ausgeliefert sind. Zu den wenigen Ausnahmen, bei denen das Skript nach Rückschlägen und Neuanfängen auf ein Happy-End zuläuft, zählt Senta Berger. Ein Rückblick auf ihre mehr als sechzigjährige Laufbahn muss deshalb auch davon handeln, wie es ihr, frei nach Goethe, gelungen ist, sich zur öffentlichen Persönlichkeit auszubilden, „ganz wie ich da bin“ , trotz immer neuer Rollen und Verkleidungen.

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