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Scholz mit Herz

Seit diesem Abend steht fest: Olaf Scholz ist womöglich der frauenpolitisch trittsicherste Kandidat in diesem Bundestagswahlkampf. Das muss man erstmal hinbekommen. Immerhin steht Scholz im politischen Duell auch mit einer Frau, nämlich Annalena Baerbock. Aber was Scholz am Mittwochabend sagte – genauer: nicht sagte –, war sprechend: Er wurde von einer Ressortleiterin der Brigitte, ja, der Frauenzeitschrift, gefragt, ob seine Frau Britta Ernst, Bildungsministerin in Brandenburg, im Falle seiner Wahl zum Kanzler weiterarbeiten werde. Und Scholz: „Diese Frage empört mich.“ Die würde man einer Frau so nicht stellen. Die Journalistin gab sich zerknirscht, sprach später von der dusseligsten Frage seit Monaten. Gott sei Dank wurde schnell ein altes Bild von Scholz, auf dem er noch ein paar Haare auf dem Kopf hat, gezeigt, was die Diskussion rasch wieder auf seichteres Niveau hob.

Mona Jaeger

Stellvertretende verantwortliche Redakteurin für Nachrichten.

Olaf Scholz ist Kanzlerkandidat der SPD. Scholz war eigentlich schon immer recht farblos und ist sich auch in diesem Punkt bisher sehr treu geblieben. Das wirkt seriös. Nur wird es zum Problem, wenn auf die wenige Farbe dann auch nicht mehr das Licht der interessierten Öffentlichkeit fällt. Zwar lässt sich zu Scholzens Verteidigung sagen, dass seine Konkurrenten Armin Laschet und Baerbock gerade mehr negative als positive Schlagzeilen produzieren. Doch genutzt hat es Scholz eben bislang auch nicht wirklich. Seine Leute meinen: Aussitzen, irgendwann werden die Bürger ihn schon entdecken. Doof nur, dass zum Entdecken nur noch zwei Monate bleiben. Dann ist Bundestagswahl.

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Das Format „Brigitte live“, in dem Laschet und Baerbock dieses Jahr schon zu Gast waren, ist deswegen für den nüchternen Scholz gar nicht schlecht. In sich ruhend erzählt Scholz, dass er in sich ruhe und gut schlafe, meistens leider nur zu kurz. Er mache gerne Sport, das tue seinem Körper gut. Den Geist entspanne es eher nicht, der sei nämlich schon meistens ziemlich entspannt.

Sollte Scholz sich vor dem Abend bei der Brigitte vorgenommen haben, nicht über diese Maße viel zu lachen und witzig sein zu wollen – er hat sich an seinen Plan gehalten. Da saß ein ziemlich realistischer, solide-sympathischer Scholz, und das ist ja auch was. Scholz nahm die einfachen Punkte nicht mit. Ob Politiker nicht mehr schlafen sollten? Nein, darum gehe es nicht. Politische Entscheidungen entstünden nun mal unter Zeitdruck. Da helfe auch mehr Schlaf nichts.

Gerechtigkeit als Leitmotiv

Scholz, der sich in der natürlichen Nachfolge der Langzeit-Kanzlerin Angela Merkel sieht, hat deren Strategie schon gut verinnerlicht: Über den Gegner wurde kaum gesprochen. Die erste Spitze bekam der SPD-Vize Kevin Kühnert ab. Sein zwanzigjähriges Ich, aktiver Juso, sei bestimmt nicht mit jeder seiner jetzigen Entscheidungen zufrieden, sagte Scholz. Aber immerhin habe er Zeit gehabt, alles ein bis zwei Mal zu durchdenken und seine Meinung hin und wieder auch zu ändern. Er habe nicht gleich als Ex-Juso in den Bundestag gestrebt – wie eben jetzt Kühnert, den Scholz freilich nicht namentlich erwähnt.

Wichtig sei doch, Politik mit dem Herzen zu machen. Gerechtigkeit sei schon immer sein politisches Leitmotiv gewesen. Mit den für die SPD schmerzhaften Hartz-IV-Reformen hielt er sich deswegen nicht lange auf, fürs Bürgergeld, das die SPD stattdessen einführen will, warb er aber auch nur am Rande. Am Ende gehe es um Respekt, das sei seine Antwort auf eine auseinanderdriftende Gesellschaft. Wer wollte da widersprechen?

Kleine Attacke gegen die Union

Die Fettnäpfchen der Konkurrenten, die ihm von den Moderatorinnen nochmal vor die Füße gestellt wurden, betrachtete Scholz nicht lange. Emotional – oder eher: lebendiger – wurde Scholz, als es nicht ums Persönliche, Seichte geht, sondern um den Ausbau der Stromkapazitäten. Die Union weigere sich einzugestehen, dass nun viel getan werden müsse, um Deutschland mehr Strom zu verschaffen. Wenn Laschet (auch diesen Namen nahm er nicht in den Mund) über Verhaltensfragen spreche, dass es bei der Klimapolitik nicht um Umerziehung durch die Politik gehe, dann sei das zwar richtig. Aber es sei eine Scheindebatte. Eigentlich gehe es um konkrete Politik, also: Wo sollen welche Leitungen liegen? Dieser Debatte verweigere sich die Union.

Scholz und die SPD hoffen, dass die Bürger immer irritierter werden ob der Fehltritte der Konkurrenz. Bei einer Wahl, bei der zwar Themen, aber mehr noch vielleicht die Personen im Mittelpunkt und zur Wahl stehen. Und der eigene Kandidat, so das Kalkül der SPD, der sauberste bleibt. Nach diesem Abend bei der Brigitte wissen die Bürger nicht viel mehr über Scholz. Für ihn und die SPD wäre eine traurige Erkenntnis: So richtig interessiert sind die Bürger an ihm aber auch nicht.

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