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#Scholz und die Impfpflicht: Eine Vertrauensfrage

Scholz und die Impfpflicht: Eine Vertrauensfrage

Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ist sicher, wie so viele andere Themen, die im Parlament behandelt werden, auch eine Gewissensfrage. Je länger sich das Verfahren hinzieht, desto mehr stehen aber ganz andere Fragen im Vordergrund. Sie gehen alle von dem neuralgischen Punkt aus, der die Koalition dazu bewogen hat, die Abstimmung darüber für „offen“ zu erklären: Die Koalition hat keine eigene Mehrheit. Nicht das Gewissen und nicht die Freiheit des Mandats waren es deshalb, die den Bundeskanzler und die Fraktionsführungen dazu bewogen, die Impfpflicht nicht zum Gegenstand des bewährten Verfahrens zu machen. Sie hatten schlichtweg das Problem, die eigenen Reihen nicht schließen zu können.

Die Sache zieht sich in die Länge, weil Gruppenanträge ihre Zeit brauchen. Abgeordnete müssen sich erst einmal finden, die sie formulieren. Zwischenzeitlich musste schon der Karneval dafür herhalten, dass es so schnell nicht geht, wie man sich das angeblich wünscht. Obgleich er sich eindeutig festgelegt hat, er ist für die Impfpflicht, macht Olaf Scholz öffentlich keine Anstalten, am zügigen Zustandekommen eines Antrags mitzuwirken. Ähnlich ist es mit Karl Lauterbach, dem Bundesgesundheitsminister. Beide müssen mit Widerständen vornehmlich aus der FDP-Fraktion leben. Das heißt, dass sie es nicht mehr in der Hand haben, was aus einer Angelegenheit wird, von der sie überzeugt sind, dass sie richtig ist.

Gemeinhin ist gerade sie es aber, die Überzeugung, das Richtige durchsetzen zu müssen, der Grund, warum eine Regierung regieren will. Sie kann auf Zeit spielen, wenn sie von der Dringlichkeit einer Forderung nicht überzeugt ist. Das liegt auch bei der Impfpflicht nahe. Was heute noch sinnvoll und dringlich erscheint, kann morgen angesichts eines unberechenbaren Pandemiegeschehens wieder unverhältnismäßig erscheinen. Scholz hat sich mit seinem Ausweichmanöver aber in einer der wichtigsten Aufgaben, die sich dem Land und seiner Regierung derzeit stellen, zur Passivität verurteilt.

Auch Lindner konnte Scholz nicht mehr beispringen

Klug war das nur, weil Scholz so vermeiden konnte, dass die Opposition die Abstimmung über die allgemeine Impfpflicht zur Vertrauensfrage stilisiert. Das wäre unweigerlich so gekommen, wenn die Regierung die Impfpflicht zu ihrer Sache gemacht hätte. Im Bundestag hätte Scholz sich nicht auf die Ampel-Mehrheit verlassen können. Anders gesagt: Er müsste schon die Vertrauensfrage stellen, um sich in dieser Frage durchzusetzen. Vielleicht würde aber auch das nicht helfen.

Die FDP-Fraktion war früh festgelegt, weil eine Gruppe um Wolfgang Kubicki gegen die Impfpflicht und damit gegen die Regierungslinie Front machte. Auch für Christian Lindner steht das Vertrauen der eigenen Truppen seither auf dem Spiel, für den liberalen Alleinherrscher ein ganz neues Gefühl. Was die Vertrauensfrage angeht, konnte er Scholz nicht mehr beispringen. Aber die Linksfraktion wäre sicher bereitgestanden, die Lücke zu füllen. Die Ampel wäre gleich zu Beginn der Wahlperiode in eine peinliche Situation gekommen.

Die Unionsfraktion wollte Scholz aus der Falle nicht so einfach entkommen lassen. In diese Richtung ging die Aufforderung, die Regierung möge doch ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. Die Unionsfraktion werde das nicht tun. Damit war die Impfpflicht wieder dort, wo sie Scholz nicht haben wollte, nämlich auf dem Feld von Opposition und Regierung.

Einfach zurücklehnen und nichts tun kann die CDU/CSU-Fraktion aber auch nicht. Alternativen aufzeigen ist schließlich ureigenste Aufgabe der Opposition. Aber auch sie musste fürchten, für ihren Gesetzentwurf keine Mehrheit zu finden. Ralph Brinkhaus hat den Willen zur Mitwirkung nun noch einmal klargestellt, indem er eine Zusammenarbeit von Opposition und Koalition anbot. Dadurch soll ein Gewirr aus Anträgen aufgelöst werden, die jeweils keine Mehrheit finden. Mit anderen Worten: Wenn die Ampel nicht funktioniert, dann doch wenigstens die große Koalition.

Es bleibt der Eindruck, dass sich die rot-grün-gelbe Koalition zwar in „gigantischen“ Aufgaben einig ist, nicht aber in der wichtigsten Aufgabe, die sich derzeit stellt, der Pandemiebekämpfung. Das ist Rosinenpickerei, aber nicht der Wagemut, den die Ampelkoalition stets für sich beansprucht.

Kommt es zur Zusammenarbeit zwischen Unionsfraktion und Teilen der Koalition, an der dann ja wohl auch Scholz und Lauterbach mitwirken, wäre das nur zu begrüßen. Es würde schnell Klarheit geschaffen – bis hin zur klaren Mehrheit, die auch für die Zeit danach wichtig ist. Die Vertrauensfrage stünde dann nicht mehr zur Debatte. Aber schon nach wenigen Wochen seiner Regierungszeit steht sie für Scholz im Raum. Auch das ist eine Antwort.

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