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#Schwedens Ministerpräsidentin droht mit Rücktritt

„Schwedens Ministerpräsidentin droht mit Rücktritt“

In der ganzen Welt wird über Schweden und den historischen Schritt des Landes in die NATO berichtet, aber in Schweden gehören die Schlagzeilen gerade nicht dem Verteidigungsbündnis oder der türkischen Blockade – sondern einer drohenden Regierungskrise. Rasant eskalierte die Situation: von der Kritik am Innenminister über einen Misstrauensantrag gegen ihn bis zu der Drohung der sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson zurückzutreten, sollte ihr Minister gestürzt werden. Es geht um den Kampf gegen die Bandenkriminalität, und um den nahen Wahlkampf. Auf jede einzelne Stimme im Parlament kommt es nun an – und so spielt selbst der NATO-Beitritt wieder eine Rolle, wenn auch nur indirekt.

Matthias Wyssuwa

Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

Es begann mit einem Bericht des Verfassungsausschusses. Der soll die Regierung kontrollieren und zu kritisieren hatte der Ausschuss am Donnerstag einiges: Vom Krisenmanagement der Regierung in der Corona-Pandemie bis hin zu einzelnen Äußerungen von Morgan Johansson, dem Justiz- und Innenminister, zu anderen Themen. Und weil so der Fokus schon auf dem Minister und seiner Amtsführung war, hielten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten den Zeitpunkt offenbar für günstig, einen Misstrauensantrag gegen ihn zu stellen.

Johansson kritisieren die Rechtspopulisten ohnehin schon lange. Da geht es um den Kampf gegen die Bandenkriminalität im Land. Johansson habe zugelassen, „dass sich die Kriminalität in unserem Land ausgebreitet hat und Schweden zu einem Gangsterland“ geworden sei, hieß es von den Schwedendemokraten zur Begründung des Misstrauensantrags.

Bandenkriminalität ist ein zentrales Thema

Auch in den vergangenen Wochen hatten in Schweden wieder Schießereien für Aufsehen gesorgt. Nachdem die NATO-Frage im Land eigentlich erledigt ist, dürfte der Kampf gegen die Bandenkriminalität zu den wichtigsten Themen im Wahlkampf gehören: im September wird ein neuer Reichstag gewählt. Dass mehr gemacht werden muss, ist Konsens unter den Parteien – auch die regierenden Sozialdemokraten wollen mehr Polizei und härtere Strafen. Selbst dort wird längst darüber gesprochen, dass offensichtlich bei der Integration in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles gut gelaufen ist. Doch verlangt die bürgerliche Opposition noch deutlich mehr Engagement und verweist auf die dramatischen Zahlen, allein seit 2017 habe es mehr als 1800 Schießereien gegeben mit fast 250 Toten.

Die Schwedendemokraten dürften ohnehin hoffen, mit dem Thema wieder Fuß zu fassen: in einer aktuellen Umfrage konnten zwar die Sozialdemokraten kräftig zulegen – die bürgerlichen Moderaten und die Schwedendemokraten liegen weit abgeschlagen auf Platz zwei und drei.

Das Land schaut auf die Fraktionslosen

So hätte es bei einer kleinen Aufwärmübung der Rechtspopulisten für den Wahlkampf bleiben können. Als die Moderaten sich aber mit anderen bürgerlichen Parteien entschieden, den Misstrauensantrag zu unterstützen, reichte es Andersson: Die Ministerpräsidentin schimpfte, man sei in Schweden nicht in der Position, politische Spielchen zu spielen. Man stehe vor einer Wahl „und in unserer Nachbarschaft herrscht Krieg“. Da sei es unverantwortlich, eine Situation des politischen Chaos und der Unsicherheit zu schaffen. Jeder, der glaube, die Probleme mit den Banden seien auf einen einzigen Minister zurückzuführen, verstehe das Problem nicht. Und dann kündigte sie an zurückzutreten, sollte der Misstrauensantrag gegen Johansson erfolgreich sein.

Damit brach das Chaos erst so richtig los – und plötzlich kam auch das Stichwort NATO ins Spiel. Bei der für Dienstag geplanten Abstimmung wird es sehr eng. Zwar kündigte die Zentrumspartei am Freitag an, nicht dafür zu stimmen. Trotzdem fehlt den anderen Oppositionsparteien nicht viel, um die nötigen 175 Stimmen zusammenzubekommen. So wird nun ganz genau auf die fraktionslosen Abgeordneten geschaut. Einer, ein früherer Schwedendemokrat, sagte bereits, er wolle für den Misstrauensantrag stimmen – weil er darauf setzt, dass eine Regierungskrise den Beitritts Schwedens zur NATO erschwert. Denn von dem Beitritt hält er nichts.

Und dann ist da noch eine zweite fraktionslose Abgeordnete, auf die das Land nun schaut: Amineh Kakabaveh. Die kommt aus dem linken politischen Spektrum, hat kurdische Wurzeln und damit ist wieder der Bogen zum NATO-Beitritt geschlagen. Denn bei der türkischen Blockade des Beitrittsprozesses hat sich die Kritik Ankaras offensichtlich auch auf sie gerichtet – der türkische Botschafter in Stockholm war schon mit Auslieferungswünschen zitiert worden.

Jetzt aber könnte es auf ihre Stimme ankommen. Kakabaveh hat am Freitag zunächst nicht gesagt, ob sie gegen den Minister stimmen wird. Sie hat aber wissen lassen, dass sie Gespräche führe, und mit den Sozialdemokraten auch über Waffenexporte in die Türkei und die Terroristeneinstufung bestimmter Kurden reden wolle. Offenbar will sie sicherstellen, dass die Regierung nicht zu viele Zugeständnisse an Ankara macht. Andersson wollte am Freitag nicht sagen, mit wem sie gerade alles verhandelt. Aber wieder kritisierte sie die Opposition, verwies auf den Krieg in der Ukraine und den NATO-Antrag des Landes, der sich in einer „sehr heiklen Situation“ befinde. Da brauche man jetzt kein Gezänke.

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