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#Meisterstück für den Willen zur Macht

Meisterstück für den Willen zur Macht

Ob die Grünen eine Chance haben, der CDU im Herbst das Kanzleramt streitig zu machen, ist alles andere als eine ausgemachte Sache. Zwar bewegen sich die Parteien in der Sonntagsfrage mittlerweile wieder auf einem ähnlichen Niveau wie unmittelbar vor dem Ausbruch Corona-Pandemie. Der Abstand zwischen den nach wie vor führenden Unionsparteien und den zweitplazierten Grünen beträgt nunmehr weniger als zehn Punkte. Doch so muss es nicht bleiben.

Der Kampf zwischen Laschet und Söder um die Kanzlerkandidatur hat eine Dynamik entwickelt, die nur noch als selbstzerstörerisch bezeichnet werden kann. Gleich welcher Ministerpräsident am Ende als Sieger vom Platz gehen wird, jeder Ausgang des seit Monaten tobenden Machtkampfs könnte als Pyrrhussieg enden und beide Parteien im Kampf um den Machterhalt wichtige Punkte kosten.

Die drittplazierte SPD wiederum hat gegenüber der Zeit, in der die Führungsfrage offen war, keinen Boden gutgemacht – Kanzlerkandidat hin, Wahlprogramm her. Den Sozialdemokraten bleibt einstweilen nicht viel mehr als die Hoffnung, dass es am Ende doch nicht ganz so schlimm kommen möge wie derzeit befürchtet. Doch auf Mitleidseffekte zu setzen ist keine Strategie, zumal die Partei bei aller äußeren Geschlossenheit nach wie vor mit mindestens drei Stimmen spricht – und die Unklarheit bezüglich der Macht- und Kompetenzverteilung zwischen den beiden Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken auf der einen Seite und dem im Kampf um die Parteispitze unterlegenen, aber als Kanzlerkandidat unabdingbaren Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit der Bundestagswahl nicht zu Ende sein wird.

Baerbock steht nicht nur für einen Generationswechsel

Das ist die Chance der Grünen, und sie nutzen sie mit einer Zielstrebigkeit, die ihnen noch vor wenigen Jahren kaum jemand zugetraut hätte. Zur Erinnerung: Aus der Bundestagswahl 2017 gingen die Grünen nach der AfD, der Linkspartei und den Freien Demokraten als kleinste Fraktion hervor – und mussten nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche überdies als kleinste Oppositionsfraktion ihr Dasein fristen.

Auch deswegen haben sich die Gewichte in den vergangenen Jahren massiv von der Bundestagsfraktion weg hin zu der Partei verschoben. Zum ersten Mal in der mittlerweile mehr als vierzigjährigen Geschichte haben der Grünen mit Robert Habeck und Annalena Baerbock eine Führung, die schon bislang diesen Namen verdient hat. Heute hat sie mit der geräuschlosen Kür von Baerbock zur ersten Kanzlerkandidatin der Partei ihr Meisterstück abgeliefert. So viel Harmonie war nie – aber auch noch nie so viel Wille zur Macht.

Dieser dürfte am Ende auch den Ausschlag dafür gegeben haben, dass die Grünen eine Frau auf den Schild gehoben haben. 40 Jahre alt, Mutter zweier Kinder, fachlich versiert – Baerbock steht nicht nur für einen Generationswechsel. Sie verkörpert auch einen bis heute seltenen Politikerinnentypus, für den Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht am Ende, sondern am Beginn einer Karriere in Politik und Partei stand. Als „Rollenmodell“ dürfte die Wahl-Brandenburgerin damit nicht nur Frauen und Männer ihrer Generation ansprechen, sondern auch in derjenigen Wählergruppe, in der die Grünen am meisten zu gewinnen haben und gewinnen müssen: den Bürgern im Alter über 60 Jahren, vor allem den Frauen. Diese haben im Blick auf das Kanzleramt ansonsten nur die Wahl zwischen Laschet oder Söder beziehungsweise Scholz.

Doch all das sind Wechsel auf die Zukunft, die es in den kommenden Monaten einzulösen gilt. Dass die Grünen bis zur Bundestagswahl ihre Geschlossenheit mutwillig aufs Spiel setzen, kann derzeit als ausgeschlossen gelten. Nichts diszipliniert mehr als die Aussicht auf Machtoptionen. Doch werden sich Baerbock und ihre Mitstreiter in den kommenden Monaten unangenehmen Fragen nicht entziehen können. Diese dürften sich weniger daran festmachen, dass die Kanzlerkandidatin nicht über Regierungserfahrung verfügt. Es ist vielmehr das Wahlprogramm der Grünen, das bis zum September den Tauglichkeitstest als Regierungsprogramm bestehen muss. Doch das ist – Stand Mitte April – fast ein Luxusproblem im Vergleich zu den personellen Konflikten und den programmatischen Fragen, mit denen sich die Unionsparteien und die Sozialdemokraten in den kommenden Monaten werden befassen müssen.

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