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#Tausend neue Windräder und ein Solarpanel auf jedem Dach

Tausend neue Windräder und ein Solarpanel auf jedem Dach

Es gab aufgeschnittene Kiwis vor fünf Jahren, als die Grünen und die CDU zum ersten Mal in Baden-Württemberg einen Koalitionsvertrag vorgestellten: viel Grün mit ein paar schwarzen Punkten darin. Als Kulisse für die Zweitauflage der einzigen grün-schwarzen Koalition der Republik wählten die beiden Parteien diesmal den Mobilitätsforschungscampus „Arena 2026“ der Stuttgarter Universität. Die Kiwis ließen sie weg, obgleich die zum Koalitionsvertrag viel besser gepasst hätten als damals. Denn mit acht Prozentpunkten Vorsprung vor der CDU konnten die Grünen so viel Klimaschutz und grüne Programmatik durchsetzen wie wohl in keiner Landesregierung zuvor. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte, dass sich ein „Weiter so“ verbiete. Angesichts der Klimakrise stelle sich die Frage, ob es überhaupt „eine zweite Chance“ geben werde.

Der 161 Seiten starke „Erneuerungsvertrag“ ist vor allem beim Klima- und Umweltschutz äußerst ambitioniert. Jedes neu gebaute Haus muss künftig mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sein, tausend zusätzliche Windräder sollen gebaut werden. Die Kommunen sollen eine Nahverkehrsabgabe erheben, damit sie den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und die Bürger zum Umstieg auf Bus und Bahn bewegen können. Bis Ende des Jahres ist ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ geplant. Die Freiflächen-Photovoltaik wird in großem Umfang ausgebaut, hinzu kommt ein Förderprogramm für „Solarparkplätze“. Das Land will sich zudem auf Bundesebene für einen höheren CO2-Preis einsetzen.

Das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 bekommt eine zusätzliche Nahverkehrsstation, der Stuttgarter Flughafen soll der erste klimaneutrale Flughafen Deutschlands werden. Alle geschlossenen Ortschaften sollen künftig von fünf Uhr bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sein. Für Ballungsräume soll ein 15-Minuten-Takt verpflichtend werden, für ländliche Regionen ein 30-Minuten-Takt. Auf Landes- und Kommunalstraßen soll eine Mautpflicht für Lastwagen über 7,5 Tonnen eingeführt werden. Die ökologische Landwirtschaft soll bis 2030 einen Anteil von 40 Prozent erreichen. Von 2025 an sollen nur noch Straßenbauprojekte realisiert werden, die einen sogenannten Klimatest bestanden haben. Und schließlich soll der antiquierte Landesentwicklungsplan überarbeitet werden. Mindestens zwei Bausteine des Vertrags haben aus Sicht der Grünen Vorbildfunktion für künftige Koalitionen in Berlin: die Festlegung auf den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Produktion klassischer Verbrennermotoren sowie die Behandlung der Klimaschutzpolitik als ressortübergreifendes Querschnittsthema. „Beim Klimaschutz ist die Überwindung der Ressort-Egoismen für uns eine sehr wichtige Zielbeschreibung, wenn es im Herbst um die Auswahl eines möglichen künftigen Koalitionspartners geht“, sagt der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir.

Die CDU führt für sich ins Feld, eine Stärkung der Polizei und des Verfassungsschutzes durchgesetzt zu haben, außerdem sei durch die Regierungsbeteiligung eine nachhaltige Finanzpolitik garantiert. Auch die „Klima-Allianz“, ein breites gesellschaftliches Bündnis zur Erreichung der Klimaschutzziele, gehe auf einen Vorschlag der CDU zurück. Die CDU habe das Thema Klimaschutz nicht erfunden, garantiere aber die fachliche Qualität bei der Umsetzung, heißt es in der Partei.

Strobl preist eine „enkelgerechte Finanzpolitik“

Der jetzige und künftige stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) nannte das neue Zentrum für Cybersicherheit, eine „enkelgerechte Finanzpolitik“ sowie die Investitionen für die Polizei als Beiträge seiner Partei zum Regierungsprogramm. Der neu gewählte CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel machte deutlich, dass es für seine Partei kein Abrücken von den mit den Grünen vereinbarten Inhalten geben werde: „Es ist ein Programm, das den Wandel nicht beobachtet, sondern gestaltet. Wir wollen diesen Aufbruch.“ Hagel versprach auch einen neuen, kooperativen Stil beim Regieren. „Die CDU-Fraktion wird Partner dieser Regierung sein“, sagte er. In der vorherigen Koalition waren einige Vorhaben am Widerstand der Fraktion gescheitert.

Zur besseren Koordinierung der Regierungsarbeit soll der Koalitionsausschuss mindestens einmal monatlich tagen, die Haushaltskonsolidierung koordiniert eine zusätzliche Arbeitsgruppe. Das wird auch nötig sein, denn alle Projekte der Regierung stehen unter Finanzierungsvorbehalt; für keines der Vorhaben ist über Investitionsmittel und Personalstellen entschieden. Abgesehen von den Themen Corona und Klimaschutz haben die künftigen Koalitionspartner auch noch nicht festgelegt, welche Projekte priorisiert werden sollen.

Fest steht hingegen die Ressortverteilung. Finanzen, Wissenschaft, Umwelt, Verkehr sowie Gesundheit werden weiterhin von grünen Ministern verantwortet. Außerdem werden die Grünen erstmals für die Schulpolitik verantwortlich sein. Die bisherige Staatsministerin Theresa Schopper soll wahrscheinlich Kultusministerin werden. Künftiger Finanzminister könnte der Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz werden. Die CDU behält die Ministerien für Inneres, Wirtschaft, Landwirtschaft und Justiz, außerdem wird ein neues Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen geschaffen. In der CDU ist während der Koalitionsverhandlungen aufmerksam der wachsende Einfluss der grünen Landesvorsitzenden registriert worden.

In der ersten grün-schwarzen Koalition habe man im Prinzip alles mit dem Ministerpräsidenten besprochen, das sei nun anders. Die Landesvorsitzende Sandra Detzer sprach bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags nahezu ausschließlich über Klimaschutz: „Keine Schuldenbremse der Welt hält uns davon ab, Baden-Württemberg klimaneutral zu machen“, sagte sie. Bei diesem Thema werde man „an die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen“ gehen.

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