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#„Transsexualität ist kein Trend“

„„Transsexualität ist kein Trend““

Nehmen wir an, ein Junge offenbart seinen Eltern und seinem Umfeld an seinem 18. Geburtstag, dass er schwul ist. Mit welchen Reaktionen muss er rechnen?

Julia Schaaf

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Bestenfalls trifft er auf ein verständnisvolles Elternhaus und Mitschülerinnen und Mitschüler, die das unterstützen. Aber leider muss er auch im Jahr 2022 noch damit rechnen, dass er gemobbt, auf dem Schulhof beschimpft, im Netz lächerlich gemacht wird. Und natürlich gibt es auch immer noch Familien, die das zum Problem erklären. Das kann so schlimm sein, dass ein Mensch zu Hause ausziehen muss, weil er den Druck nicht aushält.

Sie selbst haben sich vor ungefähr 20 Jahren geoutet. Was ist seitdem passiert? Können Sie heute mit Ihrem Partner in der Öffentlichkeit Händchen­ halten so wie Hetero-Paare auch?

Die öffentliche Wahrnehmung hat sich total verändert, die rechtliche Situation auch. Trotzdem ist es so, dass auch ich bis heute in manchen Situationen vorsichtig bin, meinen Mann in der Öffentlichkeit zu umarmen oder zu küssen. Und zwar aus einer erlernten Angst heraus, dafür jeden Moment beschimpft, zusammengeschlagen, angespuckt, angepöbelt werden zu können. Dabei habe ich persönlich eher wenige Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Aber ich sehe jeden Tag, wie feindlich die Gesellschaft gegenüber Minderheiten sein kann.

Kritiker finden, die queere Community mit ihren acht bis zehn Prozent der Bevölkerung sei schon jetzt völlig überrepräsentiert im gesellschaftlichen Diskurs. Wie sehen Sie das?

Bei so großartigen Aktionen wie „Out In Church“, als Beschäftigte der katholischen Kirche mit ihrer sexuellen Identität an die Öffentlichkeit gegangen sind, heißt es gern: Wieso müssen die jetzt dauernd darüber sprechen? Ihr seid doch gleichgestellt. Es gibt die Ehe für alle. Aber das stimmt nur bedingt. In der Kirche laufen Menschen, die schwul, lesbisch oder trans sind, Gefahr, ihren Job zu verlieren. Es geht ja nicht darum, die ganze Zeit über die Partnerschaft oder Sexualität zu sprechen. Aber ein Sichtbarmachen ist notwendig, um die gesellschaftliche Abwertung zu überwinden. Außerdem darf man nicht vergessen, dass heterosexuelle, cisgeschlechtliche Menschen ja auch dauernd ihre Partnerschaften nach außen tragen, einfach, indem sie diese ganz selbstverständlich im Alltag sichtbar leben.

„Es gibt kein normales Modell“: Zwei Frauen küssen sich während einer Gay-Pride-Parade in Bukarest.


„Es gibt kein normales Modell“: Zwei Frauen küssen sich während einer Gay-Pride-Parade in Bukarest.
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Bild: dpa

Verstehen Sie denn die Sorgen der Kritikerfraktion, dass das „normale Modell“, also Ehe und die Vater-Mutter-Kind-Familie, unter die Räder kommen könnte?

Nein, überhaupt nicht. Es gibt ja kein normales Modell. Es gibt gesellschaftliche Vielfalt. Menschen, die verheiratet sind und Kinder haben, sind das Modell, das am häufigsten gelebt wird. Aber es gibt auch Menschen, die nicht verheiratet sind und Kinder haben, Regenbogen- und Patchwork-Familien. Das ist alles schon immer da gewesen. Wenn queere Menschen jetzt sagen: Hallo, wir wollen auch gesehen werden und Rechte haben, ist das ja kein Angriff auf die Ehe. Niemand will der Ehe etwas wegnehmen. Ich finde sogar, dass die Öffnung für homosexuelle Paare die Ehe als Institution gestärkt hat, weil mehr ­Menschen diese Form der verbindlichen Partnerschaft eingegangen sind.

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