Nachrichten

#Viktor Orbán: Putins letzter Freund

Ungarns Regierungschef war viele Jahre lang ausgesprochen russlandkritisch. Heute steht er oft an der Seite Moskaus. Seine Kehrtwende lässt sich genau datieren.

Diese Woche gab es im ­Budapester Parlament schwere Anschuldigungen. Es ging um einen Antrag der nationalkonservativen Regierungsfraktion Fidesz/KDNP, den Ukrainekurs von Ministerpräsident Viktor Orbán zu unterstützen. Im Antrag hieß es, der Vorstoß der EU-Kommission, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zu führen, sei „unvorbereitet, inkonsistent und verstößt gegen die fundamentalen Interessen Ungarns“.

Stephan Löwenstein

Politischer Korrespondent mit Sitz in Wien.

Für die Opposition klang der Antrag, als habe Russlands Präsident Wladimir Putin ihn höchstpersönlich diktiert. Orbán stelle sich die Zukunft Europas wohl „auf Putins Sofa“ vor, wetterte Gergely Arató von der linksliberalen Demokratischen Koalition. Er fragte, ob es im Interesse Ungarns sei, eine starke europäische Nation zu sein – oder eine Kolonie Putins. Und ob Ungarn seinen größten Nachbarn im Osten, die Ukraine, als „Freund oder Feind“ haben wolle. „Dieser Vorschlag ist nicht im Interesse der Ungarn, sondern im Interesse Putins“, sagte Arató.

Ähnlich äußerten sich Redner aller regierungskritischen Kräfte. Nur die rechtsextreme Partei „Unsere Heimat“ nicht, die es am liebsten hätte, wenn Ungarn sich gleich ein Stück der Ukraine selbst unter den Nagel risse.

Ein „Agent Russlands“?

Ist Orbán also ein „Agent Russlands“, „Putins Trojanisches Pferd in der EU“, wie es seine Gegner in Budapest, aber auch in Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten gerne behaupten? Ist der Mann, der 1989 noch als charismatischer Jungpolitiker mit der mutigen Forderung auf den Plan getreten ist, die „Russen nach Hause“ zu schicken, seither von Moskau umgedreht worden?

Es gab tatsächlich eine Drehung, und die lässt sich genau datieren: Sie geschah bei Orbáns erstem Treffen mit Putin, als der Ungar noch Oppositionsführer war und 2009 nach Sankt Petersburg reiste. Orbán selbst hat seine Kehrtwende im April 2022 nach seiner Wiederwahl bei einer Pressekonferenz erklärt – und zwar mit den Entscheidungen auf dem NATO-Gipfel von 2008 in Bukarest. Damals hatte sich das Bündnis – vor allem auf Betreiben der deutschen Kanzlerin Angela Merkel – dagegen entschieden, die Ukraine und Georgien beitreten zu lassen.

Wäre der NATO-Beitritt gekommen, hätte Russland 2008 diese „Pille schlucken müssen“, meinte Orbán im Rückblick. Russland sei einfach zu schwach gewesen. Nun aber, nachdem die NATO eine Pufferzone zwischen sich und Russland zu akzeptieren schien, sah Orbán die Zeit für eine Annäherung gekommen. Deshalb habe er 2009 mit Putin Kontakt aufgenommen.

„Agression ist Agression“

Während der ersten 20 Jahre seiner politischen Karriere war Orbán ausgesprochen russlandkritisch positioniert. Als er 1998 ein erstes Mal Ministerpräsident wurde, ging das so weit, dass Moskau zwischenzeitlich seinen Botschafter aus Budapest zurückrief. Öl möge aus dem Osten kommen, die Freiheit aus dem Westen, sagte Orbán 2007, und ein Jahr später forderte er, dem von Russland angegriffenen Georgien beizustehen: „Sprechen wir Klartext: Militärische Aggression ist militärische Aggression.“ Das war übrigens bereits nach dem Bukarester NATO-Gipfel, den er heute als sein russlandpolitisches Damaskus stilisiert.

Dem sozialistischen Politiker Ferenc Gyurcsány, der Orbán in den Wahlen 2006 besiegen konnte, warf er regelmäßig eine zu große Russlandnähe vor. Insbesondere ein Projekt Gyurcsánys wurde von Orbán aufs Schärfste kritisiert: Das Kernkraftwerk Paks an der Donau durch die Russen ausbauen zu lassen. Nach seinem Erdrutschsieg von 2010 klang er in dieser Frage wie verändert.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!