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#Warum Lisa Paus jetzt Ministerin wird

„Warum Lisa Paus jetzt Ministerin wird“

Bei den Grünen haben wieder die Flügel geschlagen. Neue Familienministerin wird Lisa Paus, eine Finanzpolitikerin vom linken Flügel. Zahlreiche Namen möglicher Kandidatinnen wurden seit dem Rücktritt Anne Spiegels am Montag in Berlin diskutiert, der von Paus war nicht darunter. Auch Grüne zeigten sich am Donnerstag überrascht.

Die 53 Jahre alte Volkswirtin aus dem Berliner Landesverband ist Fachfrau für Finanz- und Wirtschaftspolitik. Sie war stets eine Befürworterin der Vermögensteuer. In der vergangenen Legislaturperiode saß sie im Untersuchungsausschuss Wirecard und hat Olaf Scholz in seiner damaligen Funktion als Finanzminister scharf kritisiert. Mit Familienpolitik hatte sie bislang vor allem zu tun, wenn es um Finanzierungsfragen ging. Sie hat etwa am grünen Konzept der Milliarden teuren Kindergrundsicherung mitgearbeitet, das die Ampel in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Nun liege die Umsetzung in den „besten Händen“, sagte Ricarda Lang, die Parteivorsitzende, bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag. Der Ko-Vorsitzende Omid Nouripour lobte Paus als „erfahrene, kompetente und durchsetzungsfähige Frau“.

Paus stellte am Donnerstag ihre Prioritäten vor: Neben der Kindergrundsicherung nannte sie die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen, erwähnte dabei ausdrücklich die Abschaffung von Paragraf 219a, die bereits auf den Weg gebracht ist, und Lohntransparenz. Paus bezeichnete sich selbst als „klare Feministin“. Auch auf Alleinerziehende wolle sie einen besonderen Fokus richten. Seit dem Tod ihres Partners ist sie selbst allein erziehende Mutter.

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Paus stellte aber klar, dass sie selbst als Abgeordnete sehr privilegiert sei, dass ihre Lage „mit dem Leben der allermeisten in diesem Land“ nichts zu tun habe. Die Buchstabenreihenfolge ihres neuen Ministeriums, abgekürzt wird es BMFSFJ genannt, kam ihr noch nicht so ganz flüssig über die Lippen, als sie sagte, der Buchstabe S werde oft etwas leiser ausgesprochen, sie wolle aber auch für die Senioren da sein. „Ich brenne für soziale Gerechtigkeit“, sagte Paus. Unter Grünen heißt es, sie werde das Haus mit einem sozialpolitischen Fokus führen und die Identitätspolitik eher dem Queer-Beauftragen Sven Lehmann überlassen. Doch unter Realos gab es Donnerstag auch die Frage, ob Paus, die innerhalb des linken Flügels weit links steht, die Richtige für das Ziel ist, die Breite der Gesellschaft zu erreichen.

In den Tagen vor der Nominierung hatte es aufgeregte Debatten unter Grünen über die maßgeblichen Kriterien für die Nachbesetzung des Ministeriums gegeben. Die Parteivorsitzende Lang hatte „Kompetenz“ als entscheidend genannte. Insbesondere unter Realos war daher die Hoffnung gewachsen, dass die Grünen sich nicht wieder in der Mehrfachquotierung verheddern, sondern die Flügelarithmetik überwinden. Im vergangenen November hatten sich Realos und Linke über die Kabinettsbesetzung gestritten, die Linken bestanden auf Anton Hofreiter, die Realos auf Cem Özdemir.

Es war ein zermürbender Prozess, an dessen Ende ein Kompromiss stand, der auch Anne Spiegel, die damalige Umwelt- und Familienministerin aus Rheinland-Pfalz, einbezog. Realos argumentierten nun, dass man denselben Fehler nicht wiederholen dürfe, und wiesen darauf hin, dass die Personalentscheidungen des linken Flügels zuletzt eher unglücklich gewesen seien. Im Gespräch war daher Katrin Göring-Eckardt, die Bundestagsvizepräsidentin. Doch die Linken waren dagegen. Es ist für sie ohnehin schon schwierig zu ertragen, dass es im Bundestag zwar eine linke Mehrheit gibt, die vier beliebtesten Grünen aber Realos sind.

Der Parteispitze war es vor allem wichtig, schnell eine Lösung zu finden. Im Mai stehen wichtige Landtagswahlen an. Vor allem wollten sie den Eindruck vermeiden, Grüne würden sich trotz des Kriegs in der Ukraine und der Pandemie vor allem mit sich selbst beschäftigen. Lisa Paus wird nicht die Wunschkandidatin von Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock gewesen sein. Aber offenbar war es beiden wichtig, diesen Flügel zu besänftigen, dem sie mit Waffenlieferungen und einer Energiepartnerschaft mit Qatar viel zumuten. Als Mitglied der Regierung wird Paus auch schmerzhafte Entscheidungen mittragen müssen. Das vor allem unter Linken ungeliebte 100-Milliarden-Projekt für die Bundeswehr hat sie kürzlich schon auf dem Berliner Landesparteitag verteidigt.

Paus sitzt seit 2009 im Bundestag. In der Partei ist sie durch jahrelange Arbeit in der Antragskommission gut vernetzt – ein Amt, das sich auch für Baerbock als Sprungbrett erwiesen hatte. Bei der Bundestagswahl im Herbst war sie als Spitzenkandidatin der Berliner Grünen angetreten, in ihrem Wahlkreis Berlin-Charlottenburg unterlag sie bei der Direktwahl jedoch Michael Müller, dem ehemaligen Bürgermeister Berlins. 1995 wurde Paus Mitglied der Grünen, zog 1999 ins Berliner Abgeordnetenhaus ein, arbeitete auch dort schon an wirtschafts- und finanzpolitischen Themen.

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