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#Was von Olaf Scholz erwartet wird

Was von Olaf Scholz erwartet wird

Olaf Scholz hatte noch nicht die Regierungsgeschäfte übernommen, da wurde von ihm schon Führungsstärke verlangt. Das hat mit der Pandemie zu tun, aber auch mit seiner Vorgängerin. Nach 16 Jahren konsensorientiertem Regierungsstil ist die Ampelkoalition mit der Erwartung verbunden, dass eindeutiger, schneller und kompromissloser regiert werde.

Schon das Ergebnis der Bundestagswahl deutete darauf hin. In Scholz meinten viele Wähler die Führung gefunden zu haben, die sie traditionell bei der Union suchen. Das geniale Wahlversprechen „Ich kann Kanzlerin“ war insofern noch tiefgestapelt. Von Scholz wird mehr erwartet.

Dem künftigen Kanzler kommen die äußeren Umstände entgegen. Die Zeiten der Großen Koalitionen sind erst einmal vorbei. Regierung und Opposition (sogar zwei davon, eine fundamentale, eine konstruktive) stehen jeweils wieder für eine klarere Richtung. Indem sich die parlamentarischen Fronten klären, wird auch die Sehnsucht nach Unterscheidbarkeit bedient. Es gibt wieder Alternativen. Als Illusion dürfte sich indessen die Vorstellung erweisen, dadurch ergebe sich die Möglichkeit, die auch Merkel zuletzt herbeisehnte: das Land endlich einmal „durchregieren“ zu können.

Scholz erinnert mehr an Schröder als an Merkel

Dagegen spricht nicht nur die Konkurrenz aus Bundestag und Bundesrat, die eine größere Rolle spielen wird als in Zeiten der CDU/CSU-SPD-Regierungen. Die Ampelkoalition ist zudem bei Weitem nicht so homogen, wie sie tut. Sie muss erst einmal in die Ministerien wachsen, deren Führungsetagen – bis auf das Ministerium für Arbeit und Soziales – komplett ausgewechselt werden. Scholz hat in den vielen Regierungsfunktionen, die er innehatte, außerdem die Lehre verinnerlicht, dass die Bundesrepublik ein Staat ist, in dem Führungsstärke auf die institutionelle Kontrolle und die Stärke derer trifft, die sie beschränken wollen.

Scholz hat schon deutlich gemacht, dass er sich dadurch nicht fesseln lassen wird. Damit bediente er zwar nur das Bild, das ohnehin von ihm kursiert und mit den Stichworten Pragmatismus, Entschlossenheit und „Macher“ verbunden ist. Er ging aber auf eine Weise noch darüber hinaus, die mit Richtlinienkompetenz nur ungenügend beschrieben ist. Das Modernisierungsprogramm, das er dem Land auferlegen will, soll mit aller Macht ausschöpfen, was Politik in diesem Land vermag. Auch der Koalitionsvertrag spricht mitunter eine martialische Sprache, wenn „aus dem Weg geräumt“ werden soll, was sich ihm entgegenstellt.

Die Bemerkung von Scholz, es gebe für seine Regierung keine „roten Linien“, ist offenbar nicht nur auf die Pandemie gemünzt. Für die kommenden vier Jahre ist deshalb unter seiner Führung zumindest die Fortsetzung einer Tendenz zu erwarten, die schon unter Merkel angelegt war, dass nämlich der Staat und dort vor allem der Bund am besten weiß, was nötig ist und wie man es macht. Für die Länder, für die Kommunen und für den einen oder anderen Bürger würden damit durchaus „rote Linien“ überschritten.

Scholz erinnert mit dieser hervorgekehrten Kühnheit viel mehr an Gerhard Schröder als an Merkel. An der Seite Schröders hat Scholz zudem gezeigt, dass sich Deutschland grundlegend reformieren lässt. Das liegt zwar zwanzig Jahre zurück, ist aber im Koalitionsvertrag sehr gegenwärtig: Im „Bürgergeld“ steckt die sozialdemokratische Reparatur der Hartz-Reformen, die Scholz als SPD-Generalsekretär unter Gerhard Schröder durchdrückte. Sie setzten mit Wolfgang Clement und Franz Müntefering die „Agenda 2010“ zwar in die Tat um, scheiterten aber damit, sie auch in der eigenen Partei durchzusetzen und die SPD an der Macht zu halten.

Was sich derzeit abspielt, muss für Scholz wie eine historische Wiedergutmachung wirken. Er löst die Politikerin im Kanzleramt ab, die in ihren Regierungsjahren die Ernte dieser Reformen einfuhr, sich aber tunlichst vom „neoliberalen“ Kurs distanzierte, der angeblich dahintersteckte. Merkel und die CDU waren in der Tat zunächst auf dieser programmatischen Schiene unterwegs, Scholz nur für diejenigen in der SPD, die ihm „Ultrapragmatismus“ vorwarfen.

Bei ihm lässt sich rückblickend allenfalls Sympathie für den Versuch erkennen, die SPD mit einem neuen Begriff von sozialer Gerechtigkeit durch ein „zweites Godesberg“ als stabile Kanzlerpartei zu etablieren. Ihre Regierungsmannschaften im Bund und in den Ländern haben dieses Ziel in den langen Merkel-Jahren, bei aller Resi­gnation über sinkenden Zuspruch und innere Zerstrittenheit, nicht aus den Augen verloren.

Die SPD war 2005 nur haarscharf gescheitert, knapp zwanzig Jahre später hat diese Perspektive mit Scholz haarscharf gewonnen. Er könnte jetzt verwirklichen, was ihm damals versagt blieb. CDU und CSU sollten nicht darauf wetten, dass es mit Scholz als Kanzler abermals nur bei einem Intermezzo bleibt.

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