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#Wenn die Eltern Corona leugnen

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Wenn die Eltern Corona leugnen

Wenn Mareike Becker als Kind auf Weihnachten wartete, war die Vorfreude immer groß. Sie freute sich auf das Funkeln der Kerzen und das Knistern der Wunderkerzen. Auf den Geruch von Schwefel, Kartoffelbrei und Würstchen. Und darauf, gemeinsam „Alle Jahre wieder“ zu singen. Auch als Erwachsene freute sie sich noch auf das Fest mit ihren Eltern. Denn dann saß immer die ganze Familie lachend, gestikulierend und diskutierend am übervollen Tisch.

Leonie Feuerbach

Wenn Mareike Becker nun an Weihnachten denkt, kommt keine Vorfreude in ihr auf. Denn dieses Jahr wird alles anders sein. Das gilt – wegen der Corona-Pandemie und der Kontaktbeschränkungen – für die meisten Familien. Bei den Beckers allerdings hat es noch einen anderen Grund: Mareikes Eltern, ein pensionierter Pfarrer und eine Bürokauffrau, wittern hinter den Schutzmaßnahmen eine politische Agenda und wähnen Deutschland auf dem Weg in die „Corona-Diktatur“. Für Mareike Becker, Sozialpädagogin in Hamburg, steht deshalb viel mehr als nur ein friedliches Weihnachtsfest auf dem Spiel: die Beziehung zu ihren Eltern und die ihrer Kinder zu den Großeltern.

Schon seit Jahren, erzählt die Fünfunddreißigjährige, seien die Diskussionen unterm Weihnachtsbaum immer lauter, immer unerbittlicher geworden. Auf der einen Seite Mareike Becker und ihr jüngerer Bruder, auf der anderen Seite die Eltern und ihr älterer Bruder. 2015, im Jahr der Flüchtlingskrise, verhängte die Mutter schließlich ein Politikverbot an den Feiertagen. Das war ein erster Riss. Mit Gesellschaftsspielen und Erzählungen aus dem eigenen Leben im zurückliegenden Jahr ließ er sich noch ganz gut kitten. Die Corona-Krise aber hat aus dem Riss einen Graben gemacht. Denn die Pandemie greift so tief in den Alltag ein, dass es nicht mehr hilft, nur noch über Privates zu sprechen. Homeoffice, Online-Tanzkurs, Waldspaziergänge: Nichts ist mehr unverfänglich.

Empfänglich für bestimmte Strömungen

Die Entfremdung begann schleichend: Tiraden darüber, dass der Westen mit falschen Karten spiele, Kriege für Öl anzettele. Die Diskussionen über Flüchtlinge 2015. Und dann bezeichnete ihr Vater die Tagesschau irgendwann als „Lügenfernsehen“.

Mareike Becker, die eigentlich anders heißt, trägt Hornbrille und Kapuzenpulli, die braunen Haare hat sie zum Zopf gebunden. Bevor sie auf Fragen antwortet, denkt sie erst nach und wählt ihre Worte dann mit Bedacht. „Es war klar, dass sie empfänglich waren für bestimmte Strömungen.“ Im Frühsommer fing ihre Mutter an, auf unseriösen Seiten im Internet Texte und Videos über Corona anzuschauen. Ihrer Tochter schickte sie Links zu diesen Beiträgen. Manchmal auch bloß komische Bilder und Kalendersprüche, etwa das Foto einer Frau vor einem Sonnenuntergang, auf dem steht: „Das Leben beginnt dort, wo die Angst endet.“

Anfangs hatte Mareike Becker noch Verständnis – für die Kritik an den Maßnahmen, denn Theater und Museen zu schließen und Grundschulkinder Maske tragen zu lassen, das fand sie selbst fragwürdig. Und für die Situation ihrer Eltern: Die Beckers hatten sich nach der Pensionierung und dem Auszug aus dem Pfarrhaus eine kleine, bescheidene Wohnung in der Nähe von Stuttgart gekauft, um viel reisen zu können. Dort saßen sie nun fest, durften keine Freunde einladen und fragten sich, ob jemand sie verpfeifen würde, wenn sie es doch täten. Ein Gefühl, an das sie sich noch gut erinnern. Die Beckers haben lange in Jena gelebt, vor und nach der Wende. Anders als viele ihrer westdeutschen Freunde und Bekannten, sagt Mareike Becker, gingen sie nicht grundsätzlich davon aus, dass der Staat ihnen nie schaden würde.

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