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#Wer hat noch eine Botschaft in Bonn?

„Wer hat noch eine Botschaft in Bonn?“

Welches Gebäude im Bad Godesberger Villenviertel früher einmal eine Botschaft war, lässt sich gar nicht so leicht erkennen. „Achten Sie auf den Vorgarten“, rät Michael Wenzel. Stehe dort eine Fahnenstange, habe es sich früher so gut wie immer um die Residenz eines Botschafters oder eine Kanzlei gehandelt. „Hier hatte einst der Libanon seine Botschaft“, sagt Wenzel und deutet auf eine sanierte Jugendstilvilla an der Rheinallee, in der ein Rechtsanwalt wohnt und arbeitet. Nichts erinnert an die diplomatische Vergangenheit des Hauses – bis auf die Fahnenstange im Vorgarten eben.

Als Bonn 1949 zum vorläufigen Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland wurde, erwarben viele Länder Häuser in dem an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstandenen Villenviertel. Bald reihte sich Botschaft an Botschaft. Da die deutsche Politik selbst stets vom „Provisorium Bonn“ sprach, verzichteten die allermeisten der rund 180 einst am Rhein vertretenen Nationen auf Neubauten.

Umso unkomplizierter vollzog sich nach dem Hauptstadtbeschluss des Bundestags vom 20. Juni 1991 bis auf wenige Ausnahmen der Verkauf der Botschaftsgebäude. Von 1952 bis 1999 hatte Pakistan wie Libanon seine Botschaft an der Rheinallee. Im Jahr 2000 veräußerte Pakistan an eine private Erbengemeinschaft. Einige Jahre hatte in der nach dem Vorbild italienischer Renaissance-Paläste gebauten Villa ein Unternehmen für grafische Informationssysteme seinen Sitz, seit vergangenem Jahr die „Academy of International Affairs“ des Landes Nordrhein-Westfalen.

Nach und nach schlossen sich die Pforten

„Gut 80 Prozent der Botschaftsimmobilien sind schon seit vielen Jahren in privater Hand“, sagt Wenzel, der nicht nur Ratsmitglied der Grünen und stellvertretender Bezirksbürgermeister von Bad Godesberg ist, sondern auch ein ausgewiesener Kenner der Materie. Mehrere Bücher hat Wenzel zur diplomatischen Vergangenheit Bonns geschrieben. Seit 2007 bietet er zusammen mit dem Bad Godesberger Stadtmarketing-Verein zu­dem Botschaftstouren an.

Eine Zeit lang konnte Wenzel seine Gäste auch ins Innere ganz bemerkenswerter Gebäude führen. Ins Schloss Rigal am Godesberger Kurpark etwa, das von himmelragenden Mammutbäumen umgeben ist und wo brüllende Steinlöwen mit glasierten Ziegeln in den kaiserlichen Farben Gold und Gelb daran erinnern, dass dort bis 1999 die Volksrepublik China ihre Botschaft hatte.

Bietet Botschaftstouren an: Michael Wenzel


Bietet Botschaftstouren an: Michael Wenzel
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Bild: Stephan Lucka

Andere Tour-Höhepunkte waren die ehemalige russische Botschaft (heute Konsulat), deren weitläufiges Empfangsgebäude auf der Viktors­höhe eine Mischung aus ein wenig Mut zur Moderne und viel Bekenntnis zur realsozialistischen Spießigkeit ist, oder die reich verzierte syrische Botschaft gegenüber der Rheinaue, ein architektonischer Neubautraum aus Tausendundeiner Nacht. Doch nach und nach schlossen sich die Pforten der ehemaligen Botschaften wieder. Wenzel seufzt. „Die zunehmend verwickelte Weltlage!“

Weit mehr als 10.000 Diplomaten gab es einst in Bonn – und vor allem im benachbarten und bis 1969 selbständigen Bad Godesberg. „Multikulti war hier schon Jahrzehnte Realität, bevor der Rest der Republik den Begriff erstmals hörte.“ Manche trauerten der diplomatischen Zeit nach, dabei sei damals nicht alles Gold gewesen. Geschäftsleute, Hoteliers und Handwerker, die auf Rechnungen sitzen geblieben waren, hatten sich zur „Interessengemeinschaft Corps-diplo­matique-Geschädigter“ zusammengeschlossen.

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