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#Wer trägt die Schuld an der Flutkatastrophe?

Wer trägt die Schuld an der Flutkatastrophe?

Um zu erklären, wie es zu den verheerenden Folgen des Hochwassers im Ahrtal kommen konnte, hat die rheinland-pfälzische Landesregierung bisher stets auf die Außergewöhnlichkeit des Ereignisses verwiesen. Eine Hochwasserkatastrophe eines solchen Ausmaßes habe Deutschland noch nie erlebt, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auch am Dienstag bei der Sondersitzung des Landtags zur Hochwasserkatastrophe. Noch nie habe es so viel in so kurzer Zeit geregnet. Lehren aus der Katastrophe sollen nach dem Willen der Ampelkoalition mittels einer Enquetekommission gezogen werden, deren Einsetzung der Landtag am Dienstag beschloss.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Doch rasche Antworten etwa auf die Frage, warum im Ahrtal kaum vor der Katastrophe gewarnt wurde, sollte man sich von der Kommission nicht versprechen. Erst Mitte 2023 soll sie dem Landtag einen Bericht vorlegen. Zudem dürften viele der Antworten vage ausfallen, denn der Auftrag der Kommission ist breit gefasst. Im Einsetzungsantrag ist viel von Optimierung und Weiterentwicklung die Rede; die Kommission soll etwa Empfehlungen aussprechen für einen besseren Bevölkerungsschutz, für umweltgerechtes Bauen, aber auch für mehr Klimaschutz.

Wurden Warnungen ignoriert?

Die CDU und die Freien Wähler unterstützten die Einsetzung. Doch in der Opposition gibt es Zweifel daran, dass eine Enquetekommission viel zu einer Aufklärung der Frage beitragen wird, wer Schuld an einer mutmaßlich unzureichenden Warnung der Bevölkerung trägt. Um die Ergebnisse ehrlich aufzuarbeiten, brauche es einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, sagte der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf am Dienstag. Baldauf griff die Landesregierung scharf an und kritisierte die „überraschend schnellen“ Erklärungen von Dreyer, aber auch von Innenminister Roger Lewentz (SPD), der nach der Flut von einer „Momentexplosion des Wassers“ gesprochen hatte. Es sei fraglich, ob es sich tatsächlich um einen bloßen Schicksalsschlag gehandelt habe oder nicht doch „um eine Katastrophe mit Ansage“, sagte Baldauf.

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In einem Untersuchungsausschuss dürfte neben dem Handeln der Landesregierung auch jenes des zuständigen Landrats des Kreises Ahrweiler im Fokus stehen. Jürgen Pföhler (CDU) übt sein Amt derzeit nicht aus, gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen. Eventuell ignorierte der ihm unterstellte Krisenstab Warnungen vor den Wassermassen. Die gab es bereits Tage vor der Katastrophe. Am Tag selbst, dem 14. Juli, warnte das Landesumweltamt dann detailliert auch das Landratsamt vor enormen Pegelständen, doch erst nach 23 Uhr versuchte der Kreis, Menschen in Sicherheit zu bringen. Innenminister Lewentz war am Abend der Katastrophe in der Einsatzzentrale des Kreises. Ob und – wenn ja – warum auch er die Warnungen nicht mitbekam, ist weiterhin offen.

Auch zum Landesumweltamt gibt es viele offene Fragen. Denn offenbar wurden selbst in der zuständigen Behörde die eigenen Warnungen übersehen. Noch am Nachmittag des 14. Juli teilten die Präsidentin des Landesumweltamts, Sabine Riewenherm, sowie die rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) in einer Pressemitteilung mit, die Hochwasserlage sei „angespannt“, es drohe jedoch „kein Extremhochwasser“. Zu dem Zeitpunkt hatte das Landesumweltamt bereits vor einem Pegelstand in Altenahr von mehr als fünf Metern gewarnt – was ein Extremhochwasser gewesen wäre, da deutlich über dem „Jahrhunderthochwasser“ von 2016. Am Ende wurden es sogar rund zwei Meter mehr.

„Folgenschwere Verkennung der Lage“

Baldauf verwies am Dienstag auf die Pressemitteilung und sprach von einer „fatalen, folgenschweren Verkennung der Lage“. Die Landesregierung habe möglicherweise „im Sturm die Brücke verlassen“. Es sei zu „tödlichem Unterlassen“ gekommen, sagte Baldauf. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler warf ihm daraufhin eine „völlig unangemessene Rhetorik“ vor; je stärker die Umfragen der CDU nach unten gingen, umso aggressiver äußerten sich Vertreter der Partei zur Flutkatastrophe. Die CDU versuche „aus allen möglichen politischen Debatten Kapital zu schlagen“. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bernhard Braun, warf Baldauf vor, „unverschämt“ und „hinterhältig“ zu argumentieren.

Die CDU will nun Ende September die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragen. Ein Entwurf des Einsetzungsbeschlusses soll auch den Fraktionen der Ampelkoalition vorgelegt werden, um den Antrag möglicherweise gemeinsam ins Parlament einzubringen. Doch verfügt die CDU-Fraktion auch allein über die für eine Einsetzung erforderliche Anzahl von mindestens einem Fünftel der 101 Landtagsabgeordneten. Im Untersuchungsausschuss ist es dann – anders als bei einer Enquetekommission – auch möglich, Zeugen vorzuladen und Akteneinsicht zu nehmen.

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