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#Wie Deutschland über Regeln zum Energiesparen streitet

„Wie Deutschland über Regeln zum Energiesparen streitet“

Die Gaslieferungen aus Russland sinken. Nicht nur nach Deutschland ist der Zufluss durch die Pipeline Nord Stream 1 wesentlich gedrosselt, andere europäische Länder erhalten schon keine Importe mehr. Am Freitag teilte Frankreich mit, kein russisches Gas mehr über Pipelines zu beziehen. In Italien soll nur noch die Hälfte ankommen. Das alles entfacht die Auseinandersetzung, wie sehr Deutschland ohne oder mit weniger Gas aus Russland auskommen kann – und wer nun im Ernstfall auf die Versorgung verzichten soll.

Die Bundesnetzagentur, der Immobilienverband GdW sowie der Städte- und Gemeindebund bringen ins Spiel, dass dann die Mindesttemperatur in den Wohnungen sinken soll. Der GdW nannte dazu eine Untergrenze von 18 Grad tagsüber und 16 Grad nachts. Für den Städte- und Gemeindebund sei auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad noch gut bewohnbar. Dagegen spricht sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) aus, ohne Grenzen zu nennen. „Gesetzlich verordnetes Frieren halte ich für unsinnig“, sagte sie.

Während der Heizperiode, in der Regel vom 1. Oktober bis 30. April, soll der Vermieter die Heizung so einstellen, dass die Wohnung mindestens 20 bis 22 Grad Celsius warm wird. Andernfalls liegt laut Deutschem Mieterbund ein Wohnungsmangel vor: Behebt der Vermieter dies nicht, kann der Mieter die Miete mindern. Jedoch müssen Vermieter demnach nicht „rund um die Uhr“ diese Temperaturen garantieren: Nachts zwischen 23 Uhr oder 24 Uhr bis 6 Uhr reichen auch 18 Grad Celsius aus.

Jede zweite Wohnung wird hierzulande mit Erdgas geheizt. Eigentlich sind diese privaten Erdgaskunden vor einer Rationierung geschützt und sollten erst längere Engpässe spüren. Ebenfalls gilt das für Betreiber kritischer Infrastruktur wie Krankenhäuser. Hingegen dürfte sich eine Gasmangellage zunächst in Unternehmen bemerkbar machen. Nach einer neuen Umfrage des IAB benötigt jeder zweite Betrieb Erdgas, wobei viele, aber nicht alle auch darauf verzichten könnten. Die Bundesnetzagentur bereitet derzeit vor, unter welchen Umständen welche Betriebe kein Gas im Notfall mehr erhalten sollen.

Wichtig für die Energieversorgung ist, wie viel Gas weiter aus Russland kommt, wie warm oder kalt es wird und wie stark die Speicher aufgefüllt werden. Der russische Staatskonzern Gazprom hat seine Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 deutlich reduziert. Trotz der geringeren Lieferungen aus Russland wurden die Gasspeicher bisher weiter aufgefüllt und kommen im Durchschnitt auf einen Füllstand von mehr als 56 Prozent laut der Plattform AGSI (Stand: 15. Juni).

„Zur Not auch gesetzlich“

Im Winter wird der Verbrauch vor allem in den Wohnungen wesentlich steigen. Das neue Energiespeichergesetz schreibt vor, dass die Speicher zum 1. Oktober zu 80 Prozent und zum 1. November zu 90 Prozent befüllt sein müssen. Dies hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Blick: „Wenn die Speichermengen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen.“

Unklar ist nach seiner Aussage jedoch, was das konkret bedeutet. Habeck wolle sich alle Gesetze anschauen. Zur Mindesttemperatur in den Wohnungen entgegnete er, dass sie sich damit noch nicht intensiv auseinandergesetzt haben. Seine Ministerkollegin Geywitz sagt hingegen, dass alles unter dem 20-Grad-Minimum gesundheitsgefährdend sein könne und auch gebäudetechnisch zu kurz gedacht wäre. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte verordnetes Frieren eine Bankrotterklärung und forderte einen Gasgipfel. Deutschland drohe ein Energienotstand.

Der Füllstand ist laut Habeck überdurchschnittlich gut, reicht aber nicht. „Wir können nicht mit 56 Prozent in den Winter gehen. Da müssen die voll sein. Sonst sind wir wirklich offen“, sagte der Minister. Er sprach von einer Machtprobe mit Putin, der die Gasmenge schrittweise reduzieren wolle, um die Preis hochzuhalten. Die Lage sei ernst, die Versorgungssicherheit aktuell aber gewährleistet.

Die meisten Beobachtern erwarten ohne russische Gaslieferungen Schwierigkeiten für die Energieversorgung weitgehend im Winter, wenn der Verbrauch ansteigt und falls dann die Speicher nicht übermäßig gefüllt sind. Das Kölner Energiewirtschaftliche Institut (EWI) hatte für den Stichtag 1. Mai untersucht, was passiert, wenn Russland seine Gaslieferungen nach Europa einstellt. In ihrem Szenario zeigt sich der Mangel erst im Winterhalbjahr, allerdings sollte schon sofort Gas an allen möglichen Stellen und auch in den Haushalten gespart werden, um den Rückgang im Winter besser aufzufangen.

Im vergangenen Jahr benötigte die Industrie mit einem Anteil von 37 Prozent am meisten Erdgas in Deutschland und die Haushalte mit 31 Prozent etwas weniger. Dahinter folgten Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie die Stromerzeugung mit 13 Prozent. Gerade die Stromerzeugung aus Gas sollte sich durch andere Kraftwerke ersetzen lassen und ist zeitweise seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine auch schon gesunken.

Im Mai lag der Anteil der Stromerzeugung aus Gas allerdings wieder bei 15 Prozent und damit höher als in den Monaten der Vorjahre. Hier war auch nach den frühen Berechnungen von Ökonomen, wie sich ein Gas-Embargo umsetzen lässt, eine rasche Möglichkeit für den Verzicht auf russische Energielieferungen. Das hätte sich früher umsetzen lassen, um Gas zu sparen und einzuspeichern.

Mehr Kohle statt Erdgas

Jetzt spricht Habeck davon: „Der nächstliegende Schritt wäre sicherlich, dass wir die Gasmengen, die in Kraftwerken noch verfeuert werden, rausnehmen.“ Das könnten Kohlekraftwerke übernehmen, die jedoch mehr Treibhausgasemissionen verursachen. Habeck appellierte abermals an Unternehmen und Bürger, Energie und Gas zu sparen.

Vor dem Ukrainekrieg erhielt Deutschland rund 55 Prozent seines Gases aus Russland, inzwischen sind es noch etwa 35 Prozent. Der Verbrauch liegt aktuell unter den Werten des Vorjahres, aber über dem Zehn-Jahres-Mittelwert.

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