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#Wie die CSU das neue Wahlrecht zu Fall bringen will




Innenminister Joachim Herrmann und Staatsrechtler Kyrill-Alexander Schwarz erklären, wo das neue Wahlrecht nach ihrer Auffassung gegen das Grundgesetz verstößt.

Nach der Unterzeichnung des Gesetzes zur umstrittenen Wahlrechtsreform durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollen die Bayerische Staatsregierung und die CSU rasch ihre angekündigten Verfassungsklagen auf den Weg bringen. „Das neue Wahlrecht ist aus unserer Sicht verfassungswidrig“, sagte Innenminister Joachim Herrmann unserer Redaktion. „Die Gesetzesänderung verstößt gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit in Artikel 38 sowie gegen das Demokratie- und Bundesstaatsprinzip in Artikel 20 des Grundgesetzes“, betonte er. 

Er kritisierte die geplante Kappung von Wahlkreismandaten, die nicht vom Zweitstimmenanteil der betreffenden Partei gedeckt seien. „Wir haben bereits eine Klage gegen die Wahlrechtsreform vorbereitet und werden diese demnächst einreichen“, kündigte er für die bayerische Staatsregierung an. 

Bayern warnt vor negativen Folgen der Wahlrechtsreform in ganz Deutschland

„Dies könnte zu einer Vielzahl verwaister Wahlkreise führen, die nicht mehr von einem direkt gewählten Abgeordneten im Bundestag vertreten wären“, sagte Herrmann. Dies gilt dem Minister zufolge zum Beispiel selbst dann, wenn die CSU weiter bundesweit einen Stimmenanteil über fünf Prozent erhält. „Wäre das neue Wahlrecht bereits bei der Bundestagswahl 2021 zur Anwendung gekommen, wären allein in Bayern sieben von 46 Wahlkreisen verwaist geblieben“, rechnete Hermann vor. „Aber auch in Baden-Württemberg und im Osten Deutschlands hätten viele Regionen keine direkt gewählten Abgeordneten in den Bundestag entsandt.“

Herrmann warnt vor neuem Wahlrecht: „Bayern wäre nicht-, falsch- und unterrepräsentiert“,

Für die Zahl der Sitze einer Partei ist künftig allein ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend. Das kann zur Folge haben, dass erfolgreiche Wahlkreisbewerber ihr Direktmandat nicht bekommen. „Würde die CSU deutschlandweit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, aber aufgrund ihrer flächendeckenden Verwurzelung weiterhin nahezu alle Wahlkreise gewinnen, bliebe fast ganz Bayern ohne Wahlkreisabgeordneten“, warnte der CSU-Minister. „Bayern wäre daher nicht-, falsch- und unterrepräsentiert“, betonte er. „Ein solches Wahlrecht ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Vor diesem Hintergrund bedauere ich, dass der Bundespräsident das Änderungsgesetz unterzeichnet hat.“

Auch der Würzburger Staatsrechts-Professor Kyrill-Alexander Schwarz, der eine zweite Verfassungsklage im Auftrag für die CSU vorbereitet, sieht das Prinzip der Gleichheit aller Wählerstimmen gefährdet. Das Wahlrecht habe die urdemokratische Funktion, den Wählerwillen zu repräsentieren. „Hier die Wähler ganzer Regionen zu benachteiligen, verstößt massiv gegen das in Artikel 20 verankerte Demokratieprinzip ,Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus‘, das allen voran in Wahlen ausgeübt wird.“ 

Die Reform missachte ebenso das Föderalismusprinzip, das sich im bisherigen Wahlrecht vor allem durch die Grundmandatsklausel widergespiegelt habe, die nun wegfallen würde.

Staatsrechtler: Wahlrechtsreform ist ein Systembruch

„Das deutsche Wahlrecht war immer ein Kompromiss zwischen Persönlichkeitswahl und Verhältniswahlrecht über Parteilisten.“ Wenn nach 70 Jahren die Persönlichkeitswahl völlig dem Verhältniswahlrecht untergeordnet werde, sei dies ein grundlegender Systemwechsel. 

„Das neue Wahlrecht ist bei seinem Kompromissversuch zwischen den beiden Wahlsystemen nicht in sich schlüssig und wirft stattdessen massive verfassungsrechtliche Probleme auf“, sagte Schwarz. Es drohten ausgerechnet jene Wahlkreise zu verwaisen, die hart umkämpft seien, in denen sich Kandidaten besonders engagierten. „Das kann man den Menschen vor Ort kaum erklären, das ist nicht demokratiefördernd“, sagt Schwarz.

Wie viel ist der Bundestag den Deutschen wert?

„Ich persönlich sehe nicht, dass der Bundestag nicht arbeitsfähig wäre“, erklärt der Staatsrechtler. Tatsächlich gehe es wohl eher um die Kosten. „Ich halte aber für bedenklich, wenn man sagen würde, die repräsentative Demokratie im Bundestag wird uns zu teuer. Schon gar nicht, wenn man das Parlament mit den steigenden Kosten in anderen öffentlichen Bereichen vergleicht.“

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