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#Will Markus Söder die CDU zerstören?

Will Markus Söder die CDU zerstören?

Mal angenommen, eine Professorin der Politikwissenschaft gibt ihren Studenten folgende Aufgabe: Sie sollen eine Vorgehensweise ersinnen, mit der die CDU in der Unionsfamilie maximal geschwächt wird. Das Ergebnis könnte so aussehen: Da eine Organisation am härtesten getroffen wird, wenn Angriffe aus dem Inneren kommen statt von außen, wäre ein Vorstoß der Schwesterpartei CSU besonders effektiv. Wichtig wäre es auch, einen Moment für den Angriff zu wählen, in dem die große Schwester sich in Sicherheit wiegt. Drittens ist ein Treffer dann besonders schmerzhaft, wenn die Entschlossenheit des Angreifers unterschätzt wurde.

Eckart Lohse

Kurzum: Die Studenten hätten ein Szenario entwerfen können, wie das derzeit vom CSU-Vorsitzenden Markus Söder im Kampf um die Kanzlerkandidatur vorgeführte. Ein Angriff aus dem Süden ist zwar nichts Neues. Aber dass er ausgerechnet fünf Monate vor einer Bundestagswahl von dem Mann kommt, der nach dem Streit über die Asylpolitik seit zwei Jahren predigt, wie wichtig der Frieden in der Union ist, gewährleistet ein maximales Überraschungsmoment. Dass Söder über Monate trotz ausgezeichneter Umfragewerte so getan hat, als habe er kein Interesse an der Kanzlerkandidatur, verstärkt die Überraschung noch.

Einmütig sprachen sich CDU-Präsidium und -Vorstand am Montag für eine Kanzlerkandidatur von Parteichef Armin Laschet aus und waren fest davon überzeugt, Söder werde das so akzeptieren, wie er es am Sonntag zugesagt hatte. Schon am Donnerstag zeigten sich – nicht nur beim sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff – erste Zweifel, ob diese (Vor-)Entscheidung gegen das Anrennen des mit Stapeln von Umfragen bewaffneten Söder zu halten sein würde. Fragte man in der CDU, was sich denn von Montag bis Donnerstag an den Fakten geändert habe, so lautetet die Antwort, man habe nicht gedacht, dass der CSU-Vorsitzende die Sache mit solcher Härte betreibe.

Auch diejenigen in der CDU, die Söders Vorgehen gar nicht gut finden, wissen, dass da kein wildgewordener Politikamateur mit Tunnelblick und weiß-blauem Baseballschläger das christdemokratische Porzellan zerdeppert. Wenn einer in der Disziplin des Machterwerbs und -erhalts ein kalter Profi ist, dann Markus Söder. Man darf ihm also unterstellen, dass er mit voller Absicht das Konrad-Adenauer-Haus und die gesamte Führungsetage der CDU unter Feuer nimmt.

Vollendet Söder die „Zerstörung der CDU“? So hatte der Youtuber Rezo vor zwei Jahren ein Video mit scharfer Kritik an den politischen Inhalten der CDU benannt. Als es millionenfach abgerufen wurde, ahnte man im Konrad-Adenauer-Haus, dass es einen Nährboden für solche Phantasien gibt. Söder weiß, dass sein Vorgehen der CDU schaden kann. Warum also macht er es? Er will doch Bundeskanzler werden, daran kann inzwischen kein Zweifel mehr bestehen. Aber er will es ebenso offenkundig mit einem anderen System, als demjenigen, das vor allem Helmut Kohl, aber letztlich auch Angela Merkel angewandt haben. Beide haben sich in ihren 16 Jahren Kanzlerschaft auf die Partei gestützt.

Söder sieht sich als in Bayern beheimateter Volkstribun

Söder scheint zu glauben, ohne Parteien zurechtkommen zu können. Ein erfahrener CDU-Mann sagt, der CSU-Chef habe seine eigene Partei entkernt und versuche nun, die CDU zu enthaupten. Der bayerische Ministerpräsident ist selbstbewusst genug zu meinen, dass er mit Hilfe des Wahlvolks und unter Übergehen der von ihm verachteten Parteifunktionäre das Land regieren kann, heiße es nun Bayern oder Deutschland. Insofern war es ein Missverständnis, sein Mantra „mein Platz ist in Bayern“ als Desinteresse an der Kanzlerschaft zu interpretieren. Er sieht sich als in Bayern beheimateten Volkstribun, der Deutschland regieren will.

Nur er und das Land: Markus Söder bei einer Video-Kabinettssitzung am 13. April


Nur er und das Land: Markus Söder bei einer Video-Kabinettssitzung am 13. April
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Bild: dpa

Es gibt inzwischen einige Vorbilder dafür, dass dieses Modell in westlichen Demokratien funktionieren kann, wenn ein Politiker in der Wählerschaft nur genügend Begeisterung hervorruft. Ob es der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz ist, der ehemalige amerikanische Präsident Donald Trump oder der französische Präsident Emmanuel Macron. Ihr System, sich über und gegen die Parteien zu stellen, die bisher Kanzler und Präsidenten getragen haben, trug sie ins Amt.

Wie lange man in einer freiheitlichen Demokratie auf diese Weise an der Macht bleiben kann, ist noch ungewiss, weil die Methode nicht ausreichend erprobt ist. Kurz hat nicht einmal vier, sehr unruhige Regierungsjahre hinter sich, in denen er vom Koalitionspartner FPÖ zu den Grünen geschwenkt ist. Ein Beleg dafür, dass Parteien mit ihren Funktionären und Programmen für ihn nachrangig erscheinen. Trump ist bei der Wiederwahl knapp gescheitert, aber eher an seiner Person als an seiner Vorgehensweise beim Machterwerb und der Machtausübung.

Es geht um den Fortbestand der CDU als Volkspartei

Die Wiederwahl von Macron im kommenden Jahr ist ungewiss. Seine Herausforderin Marine Le Pen will ihn von rechts – methodisch betrachtet – mit seinen Waffen schlagen. Sie legte kürzlich den Parteivorsitz zumindest vorübergehend nieder, weil sie überzeugt scheint, besser ohne Partei die Sympathien der Franzosen auf sich ziehen zu können. So verängstigt ist Macron inzwischen, dass er die Ecole National d’Administration schließen lässt, Säule und Sinnbild des französischen Establishments.

Die CDU, so sehen es die erfahrenen Analytiker in der Partei, kämpft nicht in erster Linie für Armin Laschet, wenn sie für Armin Laschet kämpft. Es geht um ihren Fortbestand in der bisherigen Funktion: eine Volkspartei, die sich so lange gern als Kanzlerwahlverein verspotten lässt, wie sie bestimmt, wer Kanzler wird. Kann sie das nicht mehr, könnte sie den Weg der bürgerlichen Parteien in an deren westlichen Demokratien gehen. Abwärts.

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