#„Wir werden den historischen Mut zur Versöhnung nicht vergessen“
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„„Wir werden den historischen Mut zur Versöhnung nicht vergessen““
Polen und Deutsche erinnern an den „Kniefall“ von Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau vor genau fünfzig Jahren. An diesem Montag sollen in Warschau die Amtschefs der Präsidenten beider Länder Kränze niederlegen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte in einer Videobotschaft zum Jahrestag die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen. Die Partnerschaft beider Länder sei eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft. „Aber wir werden auch die Vergangenheit nicht vergessen. Nicht das Leid der Menschen in Polen, nicht den historischen Mut zur Versöhnung und auch nicht einen Kniefall, der uns an all das erinnert“, sagte Steinmeier.
Gerhard Gnauck
Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.
Der Bundespräsident begrüßte auch den Beschluss des Bundestags, ein Denkmal für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs an prominenter Stelle in Berlin zu errichten. „Dieses Denkmal setzt ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen. Es soll uns zugleich ständige Mahnung für eine bessere Zukunft sein“, sagte er. Der Bundestag hatte die Bundesregierung Ende Oktober aufgefordert, einen solchen Gedenkort zu schaffen.
Symbol für einen Neuanfang
Am 7. Dezember 1970 war erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg ein deutscher Kanzler in Polen. Brandt war nach Warschau gekommen, um an diesem Tag mit Polens Regierungschef Józef Cyrankiewicz, einem langjährigen Auschwitz-Häftling, den Warschauer Vertrag zu unterschreiben. Kurz nach dem Abkommen mit Moskau, der Führungsmacht im Ostblock, war das Abkommen mit Polen die zweite tragende Säule in der „neuen Ostpolitik“ der von Brandt geführten sozialliberalen Bundesregierung.
Fünf Jahrzehnte später legte nun Norbert Walter-Borjans, einer der Nachfolger Brandts als SPD-Vorsitzender, am Wochenende in Warschau am Denkmal für die Helden des Warschauer Gettos einen Kranz nieder. Der Kanzler habe mit seiner schweigenden Geste den Opfern von damals eine Stimme gegeben und mit dem Vertrag zugleich auf deutsche Gebietsansprüche an Polen verzichtet, sagte Walter-Borjans. Brandt habe damit eine der wichtigsten Säulen für die europäische Verständigung und für die Stabilität des Friedens gebaut.
Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans mit Wlodzimierz Czarzasty, Vorsitzender der polnischen Linken, am Samstag vor dem Getto-Mahnmal
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Bild: dpa
Auch der Polen-Koordinator der Bundesregierung, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, würdigte den Kniefall als Symbol für einen Neuanfang. Um den Jahrestag herum sind mehrere deutsch-polnische Online-Veranstaltungen geplant. In Deutschland zeigen eine Sonderbriefmarke und eine Zwei-Euro-Münze den knienden Brandt.
„Abbitte im Namen unseres Volkes“
Damals waren wenige Stunden vor der Vertragsunterzeichnung zwei Kranzniederlegungen geplant, die erste mit offizieller Zeremonie am Grabmal des Unbekannten Soldaten, die zweite sehr schlicht am Getto-Denkmal. An diesem zweiten Ort, dessen Besuch auf einen Wunsch Brandts zurückging, fiel der Kanzler – für alle unerwartet – auf die Knie und verharrte schweigend. Am Abend sollte Brandt dazu sagen: „Heute Morgen habe ich das gewusst: dass das nicht so einfach geht wie bei anderen Kranzniederlegungen, nur so den Kopf neigen.“ Er habe „im Namen unseres Volkes Abbitte leisten wollen für ein millionenfaches Verbrechen“, für den Mord an den Juden Europas.
100. Geburtstag von Willy Brandt
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Bilder eines Jahrhundertlebens
In ihrem Buch über den Kniefall urteilten die Historiker Thomas Brechenmacher und Michael Wolffsohn Jahrzehnte später, diese Geste sei „grandios“ gewesen, „vielleicht sogar eine der großen Gesten der Weltgeschichte“. Das haben damals viele anders gesehen: Eine knappe Mehrheit der Bundesbürger fand den Kniefall „übertrieben“; die Presse des Ostblocks verschwieg die Geste zumeist und zeigte das Bild von Brandt so beschnitten, dass man nicht sah, dass er kniete.
Die deutsch-polnische Aussöhnung gilt, auch wenn sie von manchen Polen heute noch als „unvollendet“ bezeichnet wird, in vielen Ländern als Beispiel für einen erfolgreichen Geschichtsdialog. 2016 machte Brandts Beispiel in Warschau Schule: Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, kniete und betete am Denkmal für Zehntausende Polen, die 1943 im Schatten der deutschen Besatzung von ukrainischen Nationalisten ermordet worden waren.
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