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#12 Euro Mindestlohn sind der CDU zu wenig

„12 Euro Mindestlohn sind der CDU zu wenig“

Im Bundestagswahlkampf hatten CDU und CSU das SPD-Versprechen einer außerplanmäßigen Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro zu­rückgewiesen, weil das ein unzulässiger Eingriff in die Arbeit der Tarifparteien sei. Nun will die Ampelkoalition die Erhöhung am 2. Juni im Bundestag be­schließen – aber nach Ansicht führender Unionspolitiker greift das zu kurz. Sie fordern zusätzliche neue Vorgaben, damit die gesetzliche Lohnuntergrenze auch nach der Erhöhung auf 12 Euro zum 1. Oktober in Zukunft schneller steigt.

„Es ist jetzt Zeit, dass der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht wird. Das haben die Menschen verdient“, sagte Karl-Josef Laumann, Sozialminister von Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels, der F.A.Z. „Aber so eine einmalige Erhöhung löst das Problem nicht.“ Nötig seien neue gesetzliche Regelungen, um die mit je drei Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern besetzte Mindestlohnkommission zu einem höheren Tempo abzuhalten. „So wie die Kommission im Moment arbeitet, wird das nichts“, kritisierte er. „Wenn das jetzt nicht geändert wird, haben wir in ein paar Jahren wieder den gleichen Salat wie heute.“

Die Ansage verdeutlicht, dass die seit einiger Zeit erkennbare Kursänderung der Union nicht nur mit jüngsten Landtagswahlkämpfen zu tun hatte. In der Bundestagsdebatte Ende April hatte auch der CSU-Sozial- und Wirtschaftspolitiker Max Straubinger in dieser Richtung überrascht: Er schlug vor, die Erhöhung auf 12 Euro von Oktober auf den 1. Juli vorzuziehen – um Betriebe von Umstellungsaufwand zu entlasten: Zum 1. Juli tritt ohnehin eine Erhöhung von bisher 9,82 Euro auf 10,45 Euro in Kraft, wie von der Kommission 2020 noch regulär beschlossen.

Die CDU hat andere Pläne

Verglichen mit dem im zweiten Halbjahr 2021 gültigen Mindestlohn von 9,50 Euro, bedeuten die 12 Euro in jedem Fall ein Plus von 25 Prozent. Laumann begründete seine Forderung indes auch mit Blick auf Mahnungen von Arbeitgebern und aus der FDP, dass der Mindestlohn kein politischer Spielball sein dürfe. „Klar, ein politischer Mindestlohn ist falsch, aber wenn es nicht anders geht, befürworte ich das“, sagte er. Leider sei der Mindestlohn in der Vergangenheit „nicht anständig angepasst“ worden. „Das wäre Aufgabe der Mindestlohnkommission gewesen. Jetzt muss die Politik eingreifen und das richten.“

Die Forderung nach strengeren gesetz­lichen Vorgaben für die Kommission dient nach CDU-Lesart auch dazu, die Rückkehr zu regelgebundenen Mindestlohnerhöhungen zu erleichtern. „Man könnte meinen, es geht der SPD darum, auch künftig Wahlkämpfe über den Mindestlohn zu führen“, folgert Laumann aus dem Umstand, dass der Ampel-Gesetzentwurf den Arbeitsauftrag der Kommission nicht ändern will. Tatsächlich liegt das allerdings daran, dass die FDP den 12 Euro in den Koalitionsverhandlungen nicht aus eigenem Antrieb zu­gestimmt hat, sondern im Rahmen eines für SPD und Grüne unangenehmen Tauschgeschäfts: Sie trotzte ihnen dafür ei­ne Erhöhung der Minijob-Grenze ab. Bisher gibt das Gesetz der Mindestlohnkommission vor, ihre alle zwei Jahre fälligen Erhöhungsbeschlüsse „nachlaufend“ an der Entwicklung der Tariflöhne zu orientieren. Mit dem 12-Euro-Gesetz werden sie nun aber klar überholt. Wie neue Vorgaben für die Kommission aus Sicht der CDU aussehen könnten, hat der Chef ihrer Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Axel Knoerig, schon skizziert: Die Alterssicherung oder die Entwicklung des sozialrechtlichen Existenzminimums könnten als gesetzliche Maßstäbe hinzutreten.

Das Tariflohnkriterium war 2014 unter Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auch deshalb so geregelt worden, weil die Industriegewerkschaften fürchteten, dass Mindestlohnerhöhungen indirekt als prozentuale Leitlinie (oder gar Begrenzung) für ihre Tarifforderungen wirken könnten. Schwächere Gewerkschaften wie Verdi setzen indes offen auf den Mindestlohn als Hebel für höhere Tarifabschlüsse.

Auch die Haltung der SPD zum Mindestlohn hat sich aber verändert: Dieser könne, so hieß es im Gesetz von 2014, nur die absolute Untergrenze gegen „unangemessene“ Niedriglöhne sein. Nun soll das 12-Euro-Gesetz den Mindestlohn „weiterentwickeln“ zu einem Instrument „gesellschaftlicher Teilhabe“. Die Arbeitgeber se­hen es indes so: Die Betriebe, die alle Löhne erwirtschaften müssen, werden für so­zialpolitische Ziele eingespannt.

Politisch hat es zurzeit die FDP besonders schwer, ihr Ja zu den 12 Euro zu erklären. Und sie bekommt hierfür auch aus der Union zu hören, dass sie die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission verrate. FDP-Arbeitsmarktfachmann Carl-Julius Cronenberg wundert sich indes, wie sich die CDU als Verteidigerin dieser Unabhängigkeit gebärden könne, wenn sie zugleich neue Vorgaben für die Kommission plane.

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