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#Anne Spiegel, Annalena Baerbock und die Generation 1980

„Anne Spiegel, Annalena Baerbock und die Generation 1980“

Sogar den Geburtstag müssen sie sich teilen. Sie kamen am selben Tag zur Welt, dem 15. Dezember 1980, die gerade zurückgetretene Familienministerin und die auf einmal allseits gefeierte Außenministerin. Anne Spiegel, die nach außen hin so perfekt wirken wollte und sich deshalb in Widersprüche versteckte. Annalena Baerbock, die als Kanzlerkandidatin ihren Lebenslauf aufhübschte, ein Buch in Teilen abschreiben ließ und nur knapp mit der politischen Existenz davonkam.

Patrick Bernau

Verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Ralph Bollmann

Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Es entstand der Eindruck von Politikerinnen, denen das eigene Image wichtiger ist als die tatsächliche Arbeit. Die nach außen hin besonders makellos wirken wollen. Die sich vielleicht auch besonders unter Druck fühlten.

Womöglich ist das nicht nur das Problem der beiden, sondern einer ganzen Generation. Nicht nur in der Bundesregierung spielen die 40-Jährigen eine Rolle. Landauf, landab sind sie es, die in der Arbeitswelt mehr und mehr Verantwortung übernehmen. In Ausnahmefällen stehen sie ganz an der Spitze, so wie die Gründer des Modeversands Zalando (Jahrgang 1982 und 1984) und des Versanddienstes Delivery Hero (1980) oder Christian Klein (1980) beim Softwarekonzern SAP. Aber fast jedes Unternehmen hat 40-Jährige im mittleren Management, und sie haben viel Einfluss auf die Arbeitsbedingungen.

Der Drang zur Makellosigkeit ist zerstörerisch

Das Problem Anne Spiegels war nur zum Teil, dass sie in der Flutnacht im Sommer 2021 nicht richtig gewarnt hatte. Vielleicht war das Problem auch nicht, dass sie sich in einer persönlich schwierigen Phase eine Auszeit genommen hat. Das hätte zwar Kritik vom politischen Gegner gegeben, aber deswegen hätten die Grünen ihre rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin und Vize-Ministerpräsidentin nicht aufgegeben. In persönlich schwierigen Phasen hatten in den vergangenen Jahren auch andere Politiker in wichtigeren Positionen Auszeiten genommen, die Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zum Beispiel oder der frühere Innenminister Thomas de Maizière, der während der Flüchtlingskrise schließlich doch mal nach Mallorca fuhr, um eine lange verschleppte Infektion auszukurieren. Mit dem Versuch, das zu skandalisieren, drang die „Bild“-Zeitung nicht durch. Der Unterschied: De Maizière hatte niemandem über seinen Urlaub die Unwahrheit gesagt. Er hatte nicht perfekt wirken wollen.

Auch Baerbock hatte im Wahlkampf so ihre Probleme. Als Kanzlerkandidatin war sie angetreten, doch erst fanden sich Fehler in ihrem Lebenslauf, dann stellte sich heraus, dass Passagen in ihrem Buch aus anderen Quellen abgeschrieben waren. Und unter den Grünen-Fans fragte man sich: Musste das überhaupt sein? Brauchte Baerbock wirklich so einen ausführlichen Lebenslauf, in dem sich solche Fehler verstecken konnten? Hätte sie ganz ohne Buch nicht ebenso viele Wahlchancen gehabt? Da ist er wieder: der Perfektionismus. Der Versuch, nach außen hin makellos zu wirken – so makellos, dass eine Politikerin eine Latte riss, die sie sich nur selbst aufgelegt hat. Es musste alles stimmen. So lange, bis es am Ende eben nicht mehr stimmte.

Um festzustellen, wie eine Generation tickt, muss man sich die wirtschaftlichen Bedingungen ihrer Jugendzeit ansehen – darüber besteht unter Ökonomen schon seit Jahren Konsens. Und die 40-Jährigen sind anders als die viel besprochene „Generation Y“, die kurz nach ihnen kommt. Denn ihre Oberstufen- und Studienzeit zog sich von Mitte der Neunziger- bis Mitte der Nullerjahre. Da erlebten sie nicht nur den Zusammenbruch der Internetblase, sondern vor allem auch die höchsten Arbeitslosenzahlen, die Nachkriegsdeutschland je hatte.

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