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#Auch Indien könnte Weizenexporte stoppen

„Auch Indien könnte Weizenexporte stoppen“

Jetzt wird auch Indien vorsichtig: Die Regierung des zweitgrößten Weizenproduzenten der Welt debattiert, ob die Ausfuhr von Getreide eingeschränkt werden soll. Gleichzeitig ersetzen die Inder in einem Hilfsprogramm die zugesagten fünf Kilogramm Weizen pro Monat für Hunderte Millionen Arme vorsichtshalber schon weitgehend durch Reis. Hinter beidem steht die Sorge, dass die Weizenexporteure Russland und Ukraine auf dem Weltmarkt ausfallen könnten. Diese liefern unter normalen Umständen rund ein Drittel des globalen Weizenbedarfs. Indien, traditionell kein führender Weizenexporteur, soll nun einspringen. Piyush Goyal, Minister für Handel und Nahrung, hatte zunächst davon gesprochen, sein Land werde in diesem Haushaltsjahr (31. März) 15 Millionen Tonnen Weizen ausführen – mehr als das Doppelte des vergangenen Jahres.

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

Nun aber stehen hinter dieser Hoffnung große Fragezeichen. Die wachsenden Unsicherheiten reichten aus, um die Märkte spürbar zu beeinflussen: Nachdem der Weizenpreis zuletzt von hohem Niveau etwas gesunken war, zog er am Donnerstag wieder an und liegt aktuell bei 400 Euro je Tonne. Vor einem Jahr kostete diese Menge noch rund die Hälfte.

Am Mittwoch hatte Indiens Staatssekretär Sudhanshu Pandey noch jede Einschränkung des Weizenexports ausgeschlossen. Die Regierung unterstütze die Ausfuhr sogar, damit die Einkommen der Landwirte gesichert blieben. Allein in diesem Quartal würden private Handelsfirmen vier Millionen Tonnen Weizen vor allem nach Ägypten, in die Türkei und die EU liefern. Nur Stunden später berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg aber, man bespreche in Regierungskreisen einen Exportstopp. Das Hin- und Her erinnert Händler auf dem Weltmarkt an die Palmöl-Debatte in Indonesien. Das Ausfuhrverbot des Weltmarktführers hatte für große Aufregung gesorgt – die Preise auch für Ersatzöle waren sofort rasant gestiegen.

Liste der Länder mit Exportembargos wächst

Das Tauziehen um die Weizenernte in Indien wird nun nicht nur vom Überfall auf die Ukraine, sondern auch von den Folgen des Klimawandels beeinflusst: Nach fünf Rekordernten in Folge belastet aktuell die Hitzewelle im Norden des Subkontinents die Erwartungen. Neu-Delhi zeigt sich derzeit zwar noch sehr optimistisch: Die offizielle Schätzung beläuft sich für diese Erntesaison (bis Ende Juni) weiterhin auf 105 Millionen Tonnen Weizen, nach 111 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr. Einige Landwirte befürchten jedoch eine Halbierung ihrer Ernte. Damit fiele Indien als Lieferland aus, das den ukrainischen Weizenexport wenigstens teilweise ausgleichen könnte.




Ein indisches Exportembargo wäre daher ein weiterer herber Schlag für den ohnehin schon angespannten Welternährungsmarkt – zumal Indien längst nicht das einzige Land ist, das über einen solchen Schritt nachdenkt oder ihn schon vollzogen hat. Russland hat die Ausfuhr von Weizen, Gerste, Mais und Roggen zunächst bis Ende Juni ausgesetzt, auch Serbien und Moldau haben den Export dieser Produkte gestoppt. Ungarn lässt neuerdings sämtliche Getreideexporte einzeln prüfen, die Türkei hält Butter, Fleisch, Mais und Speiseöle zurück. Argentinien, der weltgrößte Soja-Exporteur, unterbrach die Ausfuhr Mitte März kurzfristig, um danach die Exportsteuer auf 33 Prozent anzuheben.

WTO beobachtet Entwicklung

Dem International Food Policy Research Institute in Washington zufolge ist die Zahl der Länder, die Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel erlassen haben, seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine Mitte Februar von drei auf 23 gestiegen. Die davon betroffenen Ausfuhren stünden für 17 Prozent der weltweit gehandelten Kalorien. Am häufigsten würden Weizen, Palmöl, Mais, Sonnenblumenöl und Sojabohnen zurückgehalten. Hinter den protektionistischen Maßnahmen steckt neben dem Ziel der nationalen Ernährungssicherung auch die Hoffnung, die Bevölkerung angesichts steigender Lebensmittelpreise zu besänftigen.

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Organisationen, Politiker und Forscher rund um die Welt blicken mit großer Sorge auf diese Entwicklung. Die G-7-Agrarminister riefen unlängst dazu auf, die Agrarmärkte offen zu halten. „Wenn in dieser Situation jeder nur an sich selbst denkt, wird das die Krise nur verschärfen und dafür sorgen, dass die Preise durch die Decke gehen“, sagte der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien in Halle warnt „vor Rufen nach planwirtschaftlichen Transformationen, Abschottung oder gar regionaler Autarkie“. Alles dies würde zu Lasten hungernder Menschen im globalen Süden gehen. Ähnliche Töne schlägt die Welthandelsorganisation WTO an, die auf Anfrage der F.A.Z. mitteilt, die Situation genau zu beobachten – in der Hoffnung, dass es sich wie schon bei den Exportbeschränkungen für Medizinprodukte zu Hochzeiten der Coronapandemie nur um ein temporäres Phänomen handelt.

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