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#Befindet man sich bei der Parteienfinanzierung „im Blindflug“?

Befindet man sich bei der Parteienfinanzierung „im Blindflug“?

In der Karlsruher Messehalle ging es am Mittwoch um einen grundlegenden Aspekt. Das Verfahren zur staatlichen Parteienfinanzierung führte zu der Frage: Was schuldet der Gesetzgeber? Prinzipiell gilt: nur das Gesetz, keine Begründung. Wenn es um die Erhöhung der staatlichen Zuschüsse geht, könnte aber ein anderer Maßstab herrschen.

2018 erhöhte die große Koalition die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung um 15 Prozent auf 190 Millionen Euro. Union und SPD argumentierten vor allem mit höheren Ausgaben durch die Digitalisierung und innerparteiliche Partizipation. Grünen, Linken und der FDP war das zu pauschal. Sie sind gegen die Reform vor das Bundesverfassungsgericht gezogen; die AfD rügt dort das „übereilte“ Gesetzgebungsverfahren.

Abgeordnete als „Gesetzgeber in eigener Sache“

Eine Erhöhung der Parteienfinanzierung müsse genau begründet werden, meinen Grüne, FDP und Linke. Als Parteimitglieder seien die Abgeordneten hier schließlich „Gesetzgeber in eigener Sache“. Sophie Schönberger, die Prozessbevollmächtigte der drei Fraktionen, machte deutlich, worin das Handeln in „eigener Sache“ zum Ausdruck komme. In der Regel sorge politischer Widerstreit für einen Ausgleich zwischen Gemeinwohl und den Interessen einzelner Parteien. Wenn es um deren Finanzierung gehe, hätten aber alle Abgeordneten „strukturell die gleichen Wünsche“. Es brauche deshalb eine Kompensation. Nur eine detaillierte Begründung könne den Eindruck verhindern, die Parteien „bedienten“ sich aus der Staatskasse.

Das Vertrauen in demokratische Institutionen schwinde ohnehin, so Schönberger. Mit Blick auf Parteien sei diese Entwicklung angesichts ihrer Bedeutung für die repräsentative Demokratie besonders brisant. Unter den Richtern schien Schönberger damit Zuspruch zu ernten. Monika Hermanns fragte allerdings, ob man damit nicht eine „Büchse der Pandora“ öffne, Akzeptanzverlust drohe schließlich an vielen Stellen. Er sei in der Demokratie auch angelegt. Nicht überall gehe es um Entscheidungen in „eigener Sache“, entgegnete Schönberger. Die Begründungspflicht diene hier auch der „Selbstkontrolle“.

Es gehe auch ums Gemeinwohl

Joachim Wieland, der Prozessbevollmächtigte für den Bundestag, wollte eine Entscheidung „in eigener Sache“ nicht erkennen. Es gehe bei der Finanzierung von Parteien schließlich nicht nur um deren Wünsche, sondern, mit Blick auf deren Funktion, auch um das Gemeinwohl. Die Verhandlung belege außerdem, dass hier durchaus unterschiedliche Interessen auf einander stießen. Manche Fraktionen hätten sich entschieden, „nicht ins Boot“ zu steigen, wohl um auf diese Weise Wähler zu gewinnen. Der Berichterstatter des Verfahrens Peter Müller ließ sich davon nicht überzeugen. Er hob hervor, man befinde sich sehr wohl in einer „Sondersituation“ und fragte warnend, ob die Parteienfinanzierung ohne öffentliche Rechenschaft nicht „irgendwie zum Blindflug“ werde.

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Aus Wielands Sicht lenkt der Ruf nach einer Begründungspflicht vom maßgeblichen Kriterium ab: der Frage danach, ob es „einschneidende Veränderungen“ in der Gesellschaft gab, die eine Erhöhung der Obergrenze laut Verfassungsgericht rechtfertigen. Die SPD hatte schon am ersten Verhandlungstag versucht, die durch die Digitalisierung gesteigerten Anforderungen zu veranschaulichen. Von der Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki bekam sie am Mittwoch Rückendeckung. Gerade für große Parteien sei das Finanzierungsbedürfnis enorm gestiegen. Zusätzlich zur Kommunikation und Partizipation im digitalen Raum, leisteten sie schließlich weiterhin viel Arbeit in der analogen Welt.

Wie das Bundesverfassungsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff der „einschneidenden Veränderung“ auslegt, wird in einigen Monaten bekannt werden – wenn es sein Urteil fällt.

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