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#Das Ende einer sehr kurzen Ära Hans

„Das Ende einer sehr kurzen Ära Hans“

Seit dem Beitritt des Saarlands zur Bundesrepublik 1955 hat die CDU bei keiner Landtagswahl so schlecht abgeschnitten wie am Sonntag. Entsprechend schlecht ist die Stimmung am Tag danach bei den Christdemokraten. Alexander Funk, CDU-Fraktionsvorsitzender im Saar-Landtag, spricht am Montag in Saarbrücken von ei­nem „desaströsen Ergebnis“, dessen Ursachen handwerkliche, strategische und organisatorische Fehler seien. Welche genau, will er nicht ausführen – man habe nun „alle Zeit der Welt“ für eine Analyse.

Julian Staib

Politischer Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit Sitz in Wiesbaden.

Doch werden manche in der Partei ge­nauer. Die Wahlschlappe habe bundes- aber auch viele landespolitische Gründe, heißt es. So sei das Saarland von der Bundespartei im Stich gelassen worden. Im März kam zwar der gesamte Bundesvorstand zu Besuch, danach aber kaum noch jemand. Was die landespolitischen Gründe angeht, wird der Spitzenkandidat, Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), teilweise in Schutz genommen. Für die SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger habe es ge­reicht, die „Raute“ zu zeigen und Angela Merkels „Sie kennen mich“ zu wiederholen, sagt ein Mitglied.

Zu viele Fehler im Wahlkampf

Andere werfen Hans den ständigen Wechsel bei politischen Po­sitionen vor, etwa in der Bildungs-, vor allem aber in der Corona-Politik. Beispielhaft dafür: Nicht einmal CDU-Mitglieder können einem derzeit sagen, ob Hans nun für eine Impfpflicht ist oder dagegen. An­gelastet wird ihm auch, dass er zu lange an umstrittenen Figuren in seinem Kabinett festgehalten habe, etwa an dem oft irrlichternden Innenminister Klaus Bouillon. Auch habe Hans einfach zu viele Fehler im Wahlkampf gemacht, der überdies schlecht organisiert gewesen sei.

Die Partei müsse sich nun „personell neu aufstellen“, fordert der CDU-Fraktionsvorsitzende Funk. Noch am Wahlabend kündigte Hans an, Konsequenzen zu ziehen. Nach der Sitzung des CDU-Landesvorstands am Montagabend erklärte er dann seinen Rücktritt vom Parteivorsitz. Er selbst werde nicht mehr für den Landesvorsitz antreten, sagte Hans. Der bisherige Landtagspräsident Stephan Toscani habe in der Sitzung des Gremiums seine Bereitschaft erklärt, für das Amt zu kandidieren. Es ist das Ende einer sehr kurzen Ära. Erst An­fang 2018 hatte Annegret Kramp-Karrenbauer Hans überraschend zum Nachfolger gemacht.

Toscani wäre An­führer der einzigen echten parlamenta­ri­schen Opposition. Im neuen Landtag wird neben einer alles dominierenden SPD-Fraktion und einer verkleinerten CDU-Fraktion nur noch eine völlig zerstrittene AfD-Fraktion vertreten sein, de­ren Partei es vor der Wahl nicht einmal schaffte, eine gemeinsame Landesliste aufzustellen, und bei der nun erwartet wird, dass sie sich bald nach der Konstituierung des Landtags spaltet.

Rehlinger: Müssen Vertrauensvorschuss gerecht werden

War die Wahlsiegerin Rehlinger am Wahlabend noch vorsichtig, was mögliche Regierungskonstellationen anbelangte, so kündigt sie am Montag angesichts der deutlichen absoluten Mehrheit (29 von 51 Sitzen) eine Alleinregierung an. Die SPD kann damit künftig sechs statt drei Ministerien besetzen. Auch bei nachgeordneten Behörden und Unternehmen mit Landesbeteiligung steht eine Zeitenwende an – SPD und CDU haben hier jahrzehntelang die Pfründe unter sich aufgeteilt.

Die absolute Mehrheit bezeichnet Rehlinger am Montag als „Vertrauensvorschuss“, dem ihre Partei gerecht werden wolle. Rehlinger hatte im Wahlkampf 400.000 sozialversicherungspflichtige Jobs als Ziel ausgegeben, doch steht das Saarland vor tiefgreifenden wirtschaftlichen Veränderungen. Allein beim Ford-Werk in Saarlouis, das derzeit auf der Kippe steht, drohen Tausende Jobs wegzufallen. Rehlinger ruft am Montag denn auch schon nach „Milliarden“, die es brauche, um die Transformation zu stemmen, hier müsse auch der Bund einen „Beitrag leisten“.

Will dem Vertrauensvorschuss der Wähler gerecht werden: Wahlsiegerin Anke Rehlinger (SPD)


Will dem Vertrauensvorschuss der Wähler gerecht werden: Wahlsiegerin Anke Rehlinger (SPD)
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Bild: Frank Röth

Das Wahlergebnis, so die Erzählung Rehlingers und ihrer SPD, sei vor allem durch die Geschlossenheit der Partei und die gute Regierungsarbeit als Partner der CDU gelungen. Doch hat die SPD, das zeigen Nachwahlbefragungen, das fu­riose Ergebnis vor allem ihrer Spitzenkandidatin zu verdanken. Die erzielte Be­liebtheitswerte wie einst Kramp-Karrenbauer und galt Wählern als glaubwürdiger, kompetenter und sympathischer als Hans.

Welche Rolle spielte Lafontaines Austritt?

Zu verdanken hat die SPD ihren Wahlsieg aber auch der Linken. Die stürzt infolge von jahrelangen innerparteilichen Querelen auf nur noch 2,6 Prozent ab – das ist in etwa PDS-Niveau von 2004. In den Jahren dazwischen hatte die Linke unter dem früheren Saar-Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine Werte über 20 Prozent erzielt, die CDU konnte sich damals ihres Wahlsieges sicher sein.

Kurz vor der Wahl trat Lafontaine dann aus der Partei aus. Ein „grobes Foul“ und „Hauptursache“ für das Scheitern der Linken, sagt deren Parteivorsitzender Thomas Lutze am Montag und warnt, wenn der Linken nicht bald eine Neuaufstellung gelänge, „gehen die Lichter aus“.

Enttäuschung herrscht auch bei Grünen und FDP, beiden gelang der Wiedereinzug in den Landtag nicht. Die Grünen scheitern laut vorläufigem Ergebnis denkbar knapp mit 4,99 Prozent, es fehlen 23 Stimmen. „Besonders bitter“ nennt das die Spitzenkandidatin Lisa Becker am Montag. Die Grünen wollen nun Neuauszählungen an­strengen. Die entscheidenden Stimmen dürften ihnen aufgrund ihres jahrelangen internen Streits von Kleinstparteien wie der Tierschutzpartei (2,3 Prozent) genommen worden sein, in denen sich viele frus­trierte frühere Grüne versammelt haben.

Tief enttäuscht zeigt sich auch die FDP, die mit nur 4,8 Prozent Zustimmung an zehn Jahre außerparlamentarische Opposition anknüpfen muss. Einen „bitteren Wahlabend“ resümiert der FDP-Landesvorsitzende Oliver Luksic, der in der Analyse etwas ratlos bleibt. Als möglichen Grund nennt er den „sehr modernen Auftritt“ der FDP, der eventuell auf dem Land nicht gut angekommen sei. Auch habe dem Wahlkampf ein mobilisierendes Thema gefehlt, doch sei der FDP „ehrlicherweise“ keines eingefallen.

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