#Das Problem der FDP in der Koalition: Die Ampel tickt rot-grün
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„Das Problem der FDP in der Koalition: Die Ampel tickt rot-grün“
In den drei Parteien der Koalition haben die Schockwellen des Ukrainekriegs tiefe Spuren hinterlassen. Die sind allerdings ungleich verteilt. Die SPD leidet derzeit in ihrem Stammgebiet, dem Sozialen, nicht darunter, dass angesichts umwälzender Anpassungen inhaltliche Erwartungen nicht erfüllt würden. Sie kann sie sogar übertreffen. Die Koalition zeigt eine geradezu entfesselte Ausgabenfreude, unter der die Sozialpolitik nicht zu leiden hat.
Manch ein SPD-Politiker wird sich schon am Ziel seiner Träume wähnen, dass die Schuldenbremse der Vergangenheit angehört. Die Revision der Hartz-IV-Reformen dürfte selbst die Linken in der Partei befriedigen, die sich bei der Rückabwicklung der „Agenda 2010“ auf dem SPD-Parteitag von 2019 mit ihren Forderungen nicht ganz durchsetzen konnten.
Der Grund für die Verlegenheit der SPD ist ein anderer. Olaf Scholz war das Geheimnis für den Erfolg der SPD in der Bundestagswahl. Er ist nun auch der Grund dafür, dass das Ansehen der Partei gelitten hat. Die will sich auf die neue Zeit, was das Nicht-Soziale angeht, nur widerwillig einstellen. Von Scholz wird mehr erwartet, das heißt in seinem Fall: weniger SPD. Vom Ziel, für die SPD zu werden, was Angela Merkel für die Union war, ist er noch weit entfernt.
Ist auch Lindners Problem nur ein kommunikatives?
Begründet wird diese Schwäche damit, dass es Scholz an geschickter Kommunikation fehle. Mit anderen Worten: So falsch ist es gar nicht, was er tut, nur müsste er es besser „verkaufen“. Sein Finanzminister, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, wird ein Lied davon singen können. Enttäuschte Erwartungen beziehen sich in seinem Fall allerdings nicht auf „Leadership“, sondern auf Inhalte.
Die FDP verliert derzeit die Wählerschaft, die auf eine Jamaika-Koalition gehofft hatte und permanent vor den Kopf gestoßen wird. Sie nur kommunikativ bei der Stange zu halten, das zeigte sich jüngst in Nordrhein-Westfalen, ist aussichtslos, solange die Ampel so tickt, wie sie tickt: rot-grün mit liberalem Alibi.
Ganz gerecht ist dieses Urteil nicht. Immerhin bemühen sich die Grünen – auch sie bestehen derzeit als Habeck/Baerbock fast nur aus einer Person – darum, ihren liberalen Radius über die Gesellschaftspolitik hinaus auszudehnen. Es war geschickt, den Schwarzen Peter Tankrabatt der FDP zuzuschieben und das Kartellrecht als Geschütz aufzufahren.
Ein Liberalismus, der nicht klientelfixiert ist
Im ordnungspolitischen Überbietungswettbewerb, in dem die FDP selbst die Zerschlagung der Mineralölkonzerne ins Auge fasste, ging nur unter, dass das alles im Streit um hohe Energiepreise nichts mehr hilft. Für die Grünen zahlt sich der Disput jedoch aus, weil sie sich als Hüter eines Liberalismus zeigen können, der nicht klientelfixiert ist.
Die Grünen haben gegenüber der FDP den Vorteil, dass der Koalitionsvertrag ihre und die Handschrift der SPD trägt, nicht die der FDP. Habeck kommt zudem besser damit zurecht, dass in Zeiten der Krise die reine Lehre, ob nun grün oder liberal, nicht viel zählt. „Osterpaket“ plus Ukrainekrieg ergeben eine energie- und klimapolitische Mischung, die ganz die altbekannten Züge der Staatsdomäne trägt.
Demnächst könnte diese Schlagseite zur kuriosen Situation führen, dass nur noch das Bundesverfassungsgericht bleibt, um mit einem Nein zum Nachtragshaushalt 2021 im Sinne einer soliden Haushaltspolitik den bisher größten Erfolg für die FDP zu verbuchen – theoretisch, denn praktisch wäre es die nächste Ohrfeige für die Partei.
Die Rolle von Scholz
An dieser Unwucht der Koalition, die aus einer Selfie-Harmonie der kleineren Partner in kurzer Zeit eine streitlustige Konkurrenz hat werden lassen, könnte nur Scholz etwas ändern. Die wenigen Augenblicke, in denen er seine Richtlinienkompetenz offensiv ausspielt, werden häufiger zugunsten der FDP ausfallen müssen. Scholz kann sich zwar als den Dritten sehen, der sich freut, wenn zwei sich streiten.
Ein solches Kalkül funktioniert indes nur, wenn dabei nicht einer der Beteiligten um seine Existenz fürchten muss. An diesem Punkt ist die FDP schon angelangt. Mit einer Anhängerschaft, die statt auf Wirtschaft und Finanzen auf libertäre Gesellschaftspolitik setzt, gewinnt sie keinen Blumentopf. Zwei linksliberale Parteien braucht es nicht.
Zu allem Ungemach kommt für die FDP noch hinzu, dass die CDU an ihrem Schicksal offenbar Gefallen findet. In Kiel sind die Liberalen düpiert worden. Das macht die Grünen noch stärker, vielleicht auch die CDU. Wenn jetzt Neuwahlen stattfänden, könnten sich Union und Grüne große Hoffnungen machen, auch im Bund auf die FDP verzichten zu können.
Weder Grüne noch FDP haben aber Grund, solche Wahlen herbeizusehnen. Die einen nicht, weil es besser für sie nicht laufen könnte, die anderen nicht, weil sie fürchten müssten, im Ruf zu stehen, so schlecht regiert zu haben, dass es besser gewesen wäre, nicht zu regieren. Die Liberalen werden für sich eine Grenze ziehen müssen, an der sich entscheidet, was sie wollen: Sein oder Nichtsein.
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