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#das Skalierungslimit schleifenbereinigter Irrfahrten – Mathlog

das Skalierungslimit schleifenbereinigter Irrfahrten – Mathlog

Die Zeitschrift American Mathematical Monthly stellte 1894 die Aufgabe

Ein konkreter Fall legte folgende Frage nahe: Eine gleiche Anzahl von weißen und schwarzen Kugeln gleicher Größe werden in eine rechteckige Schachtel geworfen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit einer zusammenhängenden Kette sich berührender weiße Kugeln von einem Ende der Schachtel bis zum gegenüberliegenden Ende?

In mathematischer Sprache fragt diese Aufgabe nach der kritischen Wahrscheinlichkeit pc der Perkolation auf einem endlichen Ausschnitte des Quadratgitters. Man betrachtet also die Kanten im Quadratgitter Z2. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit p (entsprechend der relativen Häufigkeit weißer Kugeln), können diese „durchquert“ werden und man fragt dann nach der Wahrscheinlichkeit, am anderen Ende anzukommen.

Für den erzeugten Zufallsgraphen auf dem unendlich großen Quadratgitter folgt aus dem Kolmogorowschen Null-Eins-Gesetz die Existenz eines pc, so dass man für p textless p_c mit Wahrscheinlichkeit 0 unendlich weit vom Ausgangspunkt wegkommt, also mit Wahrscheinlichkeit 1 alle Cluster endlich sind, und es für p textgreater p_c mit Wahrscheinlichkeit 1 ein eindeutiges unendliches Cluster gibt und dieses mit positiver Wahrscheinlichkeit den Nullpunkt enthält.
Aus Kolmogorows Gesetz folgt nur die Existenz einer kritischen Wahrscheinlichkeit, aber nicht ihr genauer Wert. Tatsächlich war die Frage nach der kritischen Wahrscheinlichkeit für das Quadratgitter lange Zeit ein offenes Problem, das erst 1982 von Harry Kesten gelöst wurde: der Wert ist pc=1/2.

Solche Prozesse auf zweidimensionalen Gittern wie etwa selbstmeidende Irrfahrten, Perkolation, diffusionsbegrenztes Wachstum oder ein mathematisches Modell des Ferromagnetismus werden seit langem von Physikern und seit der Mitte des 20. Jahrhunderts auch von Wahrscheinlichkeitstheoretikern intensiv untersucht, wobei bis in die 80er Jahre die Physik deutlich dominierte. Als Beginn der Perkolationstheorie wird häufig eine Arbeit „Percolation processes. I: Crystals and mazes“ von Broadbent und Hammersley aus dem Jahr 1957 zitiert, wo insbesondere für die Zusammenhangskonstante die (heute als Definition verwendete) Formel mu=lim_{ntoinfty}sqrt[n]{c_n} mit der Anzahl cn der selbstmeidenden (d.h. sich nicht schneidenden) Wege der Länge n (und tatsächlich noch eine allgemeinere Formel für Wege mit Selbstschnitten) bewiesen wurde.

Die Frage nach der kritischen Perkolation kann man statt für das quadratische Gitter auch für jedes andere Gitter oder überhaupt jeden unendlichen Graphen stellen, was aber erst spät im 20. Jahrhundert gemacht wurde. Für zweidimensionale Gitter hat man ähnliche Effekte wie für das quadratische Gitter. Für p<pc hat man mit Wahrscheinlichkeit 1 ein verschiebungsinvariantes System endlicher Cluster und die Wahrscheinlichkeit für Existenz von Clustern des Volumens n fällt exponentiell in n. Auch für p>pc hat man Resultate, zum Beispiel ist die asymptotische Dichte des eindeutigen unendlichen Clusters positiv. Das interessanteste Verhalten erwartet man für p nahe pc. Physikalisch entspricht das dem Phasenübergang und man konnte beweisen, dass es in dem Fall p=pc eine von 0 und 1 weg beschränkte Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines unendlichen Clusters gibt.

Für das aus Mittelpunkten regelmäßiger Sechsecke gebildete Dreiecksgitter, dessen Kantenlänge man gegen Null gehen läßt, bekommt man für die Wahrscheinlichkeit einer Links-Rechts-Kreuzung im Grenzwert für p<1/2 den Wert 0, für p=1/2 den Wert 1/2 und für p>1/2 den Wert 1. Solche Formeln für die Wahrscheinlichkeit einer Links-Rechts-Kreuzung im Grenzwert konnten Physiker unter Verwendung der (mathematisch noch nicht bewiesen) konformen Invarianz herleiten.

Für solche Berechnungen untersucht man die Konvergenz im Skalierungslimit, wenn der Maßstab δ des Gitters gegen Null konvergiert. Physiker gingen immer davon aus, dass dieser Grenzwert existiert und dass er (für einen gewählten Gittertyp) konform invariant ist, also für ein Gebiet und sein Bild unter einer konformen Abbildung derselbe ist. Mit dieser Annahme hatte John Cardy, theoretischer Physiker an der Universität Oxford, 2-dimensionale konforme Feldtheorie zum “Beweis” seiner Formel für die Wahrscheinlichkeit einer Links-Rechts-Kreuzung verwendet. Die so berechneten Vorhersagen für die Kreuzungswahrscheinlichkeit zwischen gegenüberliegenden Seiten eines Rechtecks stimmten exzellent mit numerischen Berechnungen überein. Die Hoffnung war, dass man im Grenzwert eine Zufallskurve mit einem einfachen Wahrscheinlichkeitsgesetz bekommt, so wie die Grenzwerte von Irrfahrten den Gesetzen der Molekularbewegung (Brownsche Bewegung) genügen.

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