#Das Zauberkunststück der Ampel-Koalition – ein Kommentar
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„Das Zauberkunststück der Ampel-Koalition – ein Kommentar“
Es war leichtsinnig von Hermann Hesse, wirklich jedem Anfang einen Zauber zuzuschreiben. Aber wie hätte er auch ahnen sollen, dass seine Worte besonders dann mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Politikern herausquellen, wenn sie Koalitionsverhandlungen abgeschlossen haben? Dieses Mal benutzte Saskia Esken die ziemlich verschlissene Formel, um Deutschland wissen zu lassen, wie zauberhaft sie die Einigung mit den Grünen und der FDP auf ein politisches Bündnis für die nächsten vier Jahre finde. Obwohl sie, die SPD-Parteivorsitzende, nicht mit am Kabinettstisch sitzen darf.
Doch nicht nur Esken, ihre ganze Partei ist von der Magie der Macht ergriffen. Wie sollte es auch anders sein? Bis vor wenigen Monaten galt die SPD als eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Jetzt aber kann sie mit einigem Recht sagen: Der Staat, das bin ich. Sie stellt den Bundeskanzler, ein halbes Dutzend Bundesminister und die Bundestagspräsidentin. Der Bundespräsident ist sozialdemokratischer Herkunft (seine Mitgliedschaft ruht). Wird ein Ministerpräsident aus den Reihen der Roten turnusgemäß Präsident des Bundesrates, sind die vier höchsten Staatsämter in der Hand von Sozialdemokraten. Die Wahrscheinlichkeit, dass im nächsten Jahr die Zahl der sozialdemokratischen Länderchefs zunimmt, ist nicht gering. Die SPD wird auch den nächsten Präsidenten der Bundesbank vorschlagen.
Da darf man sich immer noch die Augen reiben
Da darf man sich immer noch die Augen reiben, wenn man an das Wahlergebnis denkt, das die SPD eingefahren hatte: 25,7 Prozent. Dass aus diesem sehr mäßigen Abschneiden ein politischer Triumph werden konnte, liegt am noch schlechteren Abschneiden der Union und an der Unterstützung zweier noch kleinerer Parteien. Grüne und FDP verstehen sich freilich nicht nur als Steigbügelhalter, wie auch die Auftritte Habecks und Lindners schon bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags zeigten. Die Partner der SPD haben sich die Stimmen, mit denen Scholz zu einem „starken Kanzler“ (so Lindner gnadenvoll) gewählt werden wird, mit vielerlei programmatischen Zugeständnissen bezahlen lassen.
Gegenüber den Grünen fiel das der SPD, insbesondere ihrem linken Flügel, nicht sonderlich schwer, stehen die beiden Parteien sich ideologisch doch nach wie vor nahe. Um die FDP ins Boot zu holen, mussten die Sozialdemokraten allerdings einige Kröten schlucken. Schleimige Kost servierten SPD und Grüne freilich auch den Freien Demokraten, die sie dann ebenfalls hinunterwürgen mussten – weil die Union in ihrem desolaten Zustand als Regierungspartner nicht zur Verfügung stand, die FDP aber nach langer Abstinenz unbedingt wieder in die Regierung wollte.
Es war schon ein Zauberkunststück, wie die drei Parteien weit auseinanderliegende Positionen, die von sehr unterschiedlichen Menschen- und Staatsbildern herrühren, zu einem Koalitionsvertrag verrührten. Um einzelne Sätze, so Lindner, sei stundenlang gerungen worden. Es kamen Formelkompromisse heraus, die jede Partei in den nächsten vier Jahren in ihrem Sinne deuten kann. Es wäre auch seltsam, wenn der wirtschaftsliberale Flügel der FDP und die Linken in der SPD plötzlich ein gemeinsames Verständnis von Fortschritt, Freiheit und Gerechtigkeit hätten.
An der Finanzierbarkeit zweifelt sogar die Linkspartei
Alle drei Parteien sprechen nun von einem „Aufbruch“. Wenn es darum geht, die Verheißungen des Vertrags – an deren Finanzierbarkeit sogar die Linkspartei zweifelt – konkret zu verwirklichen, wird sich zeigen, dass das ein Aufbruch in verschiedene Richtungen ist. Das werden vor allem jene Wähler hoffen, die sich gewünscht hatten, dass die FDP Teil einer Koalition mit nur einer linken Partei wird. In der Mesalliance, in der sie nun gelandet ist, wird sie aber stets von zwei Seiten unter Druck gesetzt werden. Bei den Grünen rebellieren die „Fundis“ schon jetzt. Und auch Scholz wird noch viel Freude an den jungen (und alten) Linken in der SPD haben.
Doch natürlich werden die drei Parteivölker dem geduldigen Papier, das ihre Führungen aushandelten, erst einmal zustimmen. Keine der drei Parteien will sich die endlich gekommene Chance entgehen lassen, das Land nach den eigenen Vorstellungen umzugestalten.
Nach 16 Jahren Merkel, die am Ende bleiern wurden, wird die Freude darüber, dass das Weiter-so ein Ende hat und neue Figuren die Bühne betreten, auch in größeren Kreisen noch eine Weile anhalten. Doch wenn der Zauber des Neuen verflogen ist und die Zumutungen, von denen der Klimaminister Habeck spricht, Einzug ins tägliche Leben halten, dann wird auch viel Heulen und Zähneklappern sein. Dann wird es heißen: DAS haben wir nicht gewollt! Das ist doch fauler Zauber! Doch die Programme der Parteien waren bekannt, die Ambitionen der Politiker auch. Und wer meinte, die CDU mit Stimmentzug dafür bestrafen zu müssen, dass Laschet Kanzlerkandidat wurde und nicht Merz oder Söder, na ja, was soll man sagen: Dem geschieht es recht.
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