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#Der große Streit um die gemeinsamen Finanzregeln

„Der große Streit um die gemeinsamen Finanzregeln“

Christian Lindner reagierte am Donnerstag gereizt. Die Bundesregierung sehe die Absicht der EU-Kommission „äußerst kritisch“, die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten für 2024 schon jetzt nach den Regeln eines reformierten EU-Stabilitätspakts zu beurteilen, sagte der FDP-Finanzminister in Rom. Grund für Lindners Ärger ist, dass die Regeln, nach denen die EU-Behörde jetzt verfahren will, noch gar nicht auf dem Tisch liegen.

Beschlossen sind sie logischerweise erst recht nicht. Die Kommission gefährde das Vertrauen in einen „ergebnisoffenen Verhandlungsprozess“, sagte der Minister. Aus Regierungskreisen hieß es am Wochenende ergänzend, nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Hauptstädten sei man irritiert.

Die Kommission habe zwei separate Tatbestände auf „sehr unglückliche Art“ vermischt: ihre turnusgemäßen haushaltspolitischen Ratschläge an die Staaten für 2024 und die immer noch sehr schemenhafte Diskussion über die neuen Budgetregeln, zu denen die Behörde noch keinen Gesetzesvorschlag vorgelegt hat. Der zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis und Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hatten am Mittwoch an die Regierungen appelliert, ihre Budgetpläne im April nach den neuen Regeln in Brüssel einzureichen. Diese Regeln bestehen aber bisher nur im Kopf von Kommissionsbeamten – oder in Entwürfen, die diese in der Schublade liegen haben.

Sie glaubt, dass sie die Mitgliedstaaten schon in der Tasche hat

Der Unmut der Regierungen wird voraussichtlich in eine Erklärung einfließen, die die Eurogruppe an diesem Montag in Brüssel beschließen will. Diese sollte sich ursprünglich nur allgemein auf die Budgetpolitik der Staaten in diesem und im kommenden Jahr beziehen. Sehr wahrscheinlich wird sie nun auch eine Passage enthalten, in der sich die Eurostaaten gegen die Absicht der Kommission verwahren, die noch bevorstehende Beratung der Paktreform mit ihren Vorgaben vorwegzunehmen. Solange es keine neuen Regeln gebe, gälten die alten, sagte ein EU-Diplomat.

Dass die Kommission vorprescht, hat einen simplen Grund: Sie glaubt, dass sie die Mitgliedstaaten schon in der Tasche hat. Deren Unterhändler haben sich in den vergangenen Tagen auf ein Konsenspapier geeinigt, das die EU-Finanzminister am Dienstag als offizielle Ratsschlussfolgerungen beschließen wollen. Trotz der Irritation über die Kommission ist diese Einigung offenbar nicht gefährdet. Die EU-Behörde kann auf dieser Grundlage – und nach Billigung durch die Staats- und Regierungschefs in zehn Tagen – loslegen und einen Gesetzesvorschlag präsentieren. Dieser wird für spätestens April erwartet. Anschließend beraten Europaparlament und Mitgliedstaaten darüber. Ein Kompromiss steht dann frühestens zum Jahresende.

Das Ratspapier enthält etliche Formelkompromisse, wie Lindner in Rom bestätigte. „Wir interpretieren die Ratsschlussfolgerungen unterschiedlich, das zeigt ihren absolut vorläufigen Charakter“, sagte er nach Gesprächen mit seinem italienischen Amtskollegen Giancarlo Giorgetti. Die Mitgliedstaaten hätten allenfalls eine „Etappe in der Meinungsbildung erreicht“. In der Tat greifen die Schlussfolgerungen der Gesetzgebung nicht vor. Doch treffen die Minister mehrere Vorfestlegungen im Sinne der Kommission, hinter die sie nicht mehr zurück können.

Messen an einem „Nettoausgabenpfad“

Die Reform des Pakts betrifft vor allem die Frage, wie Länder mit einer Schuldenquote von mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung – derzeit sind 12 der 20 Eurostaaten betroffen – ihre Schulden dauerhaft senken können. Die Finanzminister stellen nicht mehr in Frage, dass das die Kommission künftig bilateral mit dem betroffenen Land aushandeln soll. Ferner wird auf Kommissionswunsch die Schuldenanalyse von vornherein in einen „mehrjährigen Haushaltsplan“ integriert, also von der bisher üblichen jährlichen Kontrolle gelöst. Der mehrjährige Plan bezieht sich nicht mehr generell auf das 60-Prozent-Kriterium des Maastrichter Vertrags, sondern setzt am Schuldenstand des einzelnen Landes an und soll nach dessen finanziellen Möglichkeiten „differenzieren“. Das bedeutet, dass nicht mehr für alle Länder die Regeln gleich gelten, sondern ein hoch verschuldetes Land weniger streng behandelt wird.

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