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#„Der Mord war nicht zu verhindern“

„„Der Mord war nicht zu verhindern““

Widersprechen will Volker Bouffier dem Sohn des 2019 ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke nicht direkt. „Wenn Herr Lübcke sich diese Überzeugung gebildet hat, dann ist das nicht zu kritisieren – schon gar nicht von mir.“ Mit diesen Worten hat der frühere hessische Ministerpräsident von der CDU auf ein Interview reagiert, das Christoph Lübcke kürzlich gegeben hatte. Auch wenn man es mit hundertprozentiger Sicherheit nicht wissen könne, sei er doch überzeugt, dass der Mord „hätte verhindert werden können“, hatte Christoph Lübcke gesagt. Wenn die Politikerin Erika Steinbach oder die AfD im Netz gegen seinen Vater gehetzt hätten, sei in den Kommentaren darunter oft zum Mord an ihm aufgerufen worden. „Diese Aufforderungen wurden zum damaligen Zeitpunkt in keiner Weise geahndet. Sie blieben stehen.“

Bouffier äußerte sich zu den Zitaten, als Günter Rudolph, der Fraktionschef der SPD, sie am Donnerstag im Lübcke-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags in Wiesbaden vortrug. Doch schon vorher hatte Bouffier von sich aus erklärt, dass die absolut berechtigte hypothetische Frage, ob die Tät hätte verhindert werden können, letztlich offen bleiben müsse. Er wies aber darauf hin, dass es keinen Hinweis auf ein bevorstehendes Attentat gegeben habe. Weil es an einer Rechtsgrundlage für eine Observation des späteren Täters gefehlt habe, sei die Tat aus seiner Sicht „nicht zu verhindern“ gewesen, so Bouffier.

Erst Islamismus, dann Rechtsextremismus

Er hatte vor seinem Einzug in die Staatskanzlei im Jahr 2010 das Amt des Innenministers innegehabt. Seinen langjährigen politischen Weggefährten Lübcke hatte er 2009 zum Regierungsprä­sidenten ernannt. Ausführlich beschrieb der Unionspolitiker sein enges Verhältnis zu Lübcke und sein Entsetzen in dem Mo­ment, als er von dem Mord erfahren ha­be. Auch zu der Kritik der Opposition an der Ausstattung des Verfassungsschutzes nahm Bouffier Stellung.

Als er 1999 das Innenministerium übernommen habe, sei die Behörde völlig verunsichert gewesen. „Die Grünen wollten sie abschaffen, die SPD nicht. Das führte zum Stillstand.“ Das Personal sei um zwanzig Prozent reduziert worden. Weil das Landesamt nicht arbeitsfähig gewesen sei, habe es in einem Fall das Bundesamt für Verfassungsschutz gebeten, in Hessen Aufgaben zu übernehmen. Die Missstände habe er als Innenminister aufarbeiten müssen, sagte Bouffier.

Terrorismus und Islamismus hätten die Sicherheitsbehörden zunächst am meisten beschäftigt, berichtete Bouffier. Aber spätestens seit der Aufdeckung des Nationalsozialistischen Untergrundes sei die Bedrohung durch den Rechtsex­tremismus unübersehbar gewesen und habe vielfältige Programme ausgelöst. Diese widerlegten den Vorwurf, dass der Staat „auf dem rechten Auge blind“ gewesen sei.

Ernsts Personenakte wurde gesperrt

Innenminister Peter Beuth (CDU) meinte, dass der Mord an dem nordhessischen Regierungspräsidenten „nicht vorhersehbar“ gewesen sei. Dem Täter Stephan Ernst habe man nicht „hinter die Stirn gucken“ können. Wie berichtet, hatte die Behörde Ernsts Personenakte im Juni 2015 für den normalen Dienstgebrauch gesperrt, weil er in ihren Augen über mehr als fünf Jahre hinweg nicht mehr als Extremist in Erscheinung ge­treten war. Tatsächlich lag aber ein Foto vor, dass Ernst im Jahr 2011 bei einer Sonnenwendfeier in Thüringen zeigte. Es war ein Hinweis darauf, dass er sich weiterhin in der rechten Szene aufhielt. Allerdings identifizierten die Beamten ihn nicht.

Beuth erinnerte daran, dass der frühere Präsident des Verfassungsschutzes und heutige Landespolizeipräsident, Robert Schäfer, „aus heutiger Sicht“ von Fehlern gesprochen habe, und machte sich diese Einschätzung „im Angesicht der Tat“ zu eigen. Der Untersuchungsausschuss hatte Beuth vorgeladen, weil die Vorgänge in der dem Innenministerium nachgelagerten Sicherheitsbehörde in seine Amtszeit fallen. In einem ausführlichen Vortrag berichtete Beuth, dass das Landesamt für Verfassungsschutz bei seinem Amtsantritt über 256 Planstellen verfügt habe. Heute seien es 381.

Eine Einheit für Rechtsextremisten

Aus dem Mord an Lübcke im Sommer 2019 habe man Konsequenzen gezogen. So befasse sich heute eine Einheit aus­schließlich mit Rechtsextremisten, die in der Vergangenheit einschlägige Aktivitäten entfaltet hätten, aber später nicht mehr in Erscheinung getreten sei­en. Daneben sei die „fokussierte operative Bearbeitung herausragender Ak­teure im Rechtsextremismus“ institutionalisiert worden. Sie stärke den personenbezogenen Ansatz in der Arbeit der Behörde.

Darüber hinaus sei unmittelbar nach Lübckes Tod im Landeskriminalamt ei­ne besondere Aufbauorganisation ge­grün­det worden. Sie habe inzwischen mehr als 430 konzentrierte polizeiliche Einsatzmaßnahmen gegen die rechte Sze­ne in Hessen ergriffen.

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