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#Die Furcht vor der Klima-Hektik

Die Furcht vor der Klima-Hektik

Die deutsche Wirtschaft kritisiert das hektische Vorgehen der Politik nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter hätten vor allem Veränderungen für die Zeit zwischen 2030 und 2050 angemahnt, weshalb das Minderungsziel für 2030 wegen des Urteils nicht angetastet werden müsse, hieß es am Montag in Berlin. Das Gericht habe dem Gesetzgeber bis Ende 2022 Zeit gegeben, um das Bundesklimaschutzgesetz nachzubessern.

Die Verschärfung der 2030er-Ziels sei zwar wegen der strengeren EU-Vorgaben nötig, doch sollte die Regierung erst einmal noch ausstehende Präzisierungen aus Brüssel abwarten, bevor sie mit verschärften nationalen Zielen vorpresche. Die Berliner Eile sei allenfalls mit dem Bundestagswahlkampf und den hohen Sympathiewerten für die Grünen zu erklären, weshalb jede Partei jetzt möglichst ökologisch erscheinen wolle, hieß es aus Wirtschaftskreisen.

„Mit EU-Vorgaben abstimmen“

Neben dieser Kritik hinter vorgehaltener Hand äußerten sich Wirtschaftsvertreter auch offiziell, etwa der Industrieverband BDI. „Die Bundesregierung sollte ihre nächsten Schritte mit den für den Sommer angekündigten höheren europäischen Klimaschutzvorgaben für Mitgliedstaaten und Sektoren abstimmen, statt voreilig Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise schon bald überholt sind“, sagte der Stellvertretende BDI-Hauptgeschäftführer Holger Lösch der F.A.Z.

Es sei nachvollziehbar, dass das Bundesverfassungsgericht mehr Planungssicherheit beim Klimaschutz einfordere, etwa durch Etappenziele. „Allerdings gilt: Je mehr Vorgaben die Politik für einzelne Sektoren macht und je mehr Zwischenziele sie definiert, desto teurer und ineffizienter droht der Klimaschutz zu werden.“ Lösch verwies auf die Forschungs- und Entwicklungsleistungen gerade der deutschen Industrie. „Angesichts der Innovationsdynamik ergibt es keinen Sinn, das heutige Wissen mit detaillierten Sektorzielen für so lange Zeiträume festzuschreiben. Zudem stellt das Gericht klar, dass das Parlament die Klimaziele festlegt, nicht Ministerien oder Gerichte.“

„Alleingänge bringen zu wenig“

Die Präsidentin des Automobilverbands VDA, Hildegard Müller, verlangte eine marktwirtschaftliche Orientierung der Klimapolitik. „Wichtig für uns ist, auf Wettbewerb statt Verbote und auf Technologieoffenheit statt Planwirtschaft zu setzen“, sagte Müller auf Anfrage. „Die Rekordanstrengungen auf dem Weg zur Klimaneutralität können wir nur erfolgreich stemmen, wenn die deutsche und europäische Industrie international wettbewerbsfähig bleiben.“

Der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA, Thilo Brodtmann, sagte, es sei richtig, wie vom Gericht verlangt, die Klimalasten bis 2050 gerechter zu verteilen. „Schwierig ist jedoch, die Zeit von 2030 bis 2050 bereits heute im Detail zu regeln, da der technische Fortschritt neue Möglichkeiten eröffnen wird, die wir heute noch nicht kennen.“ Brodtmann verweis auf die internationalen Dimension der Klimapolitik „Deutsche oder auch europäische Alleingänge bringen zu wenig und wären im internationalen Wettbewerb sogar kontraproduktiv.“

Aufbauend auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz, wollen alle Regierungsparteien möglichst bald höhere CO2-Minderungsziele bis 2030 beschließen; die Grünen planen das ohnehin. Am Wochenende hatten zunächst der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sowie Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) angekündigt, noch in dieser Woche eine Novelle des Gesetzes vorzulegen.

Ambitioniertere Klimaziele auch von CDU und CSU

Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte eine baldige Neufassung in Aussicht. Schulze sagte, ihr Änderungsvorschlag werde auch ein neues deutsches Klimaziel für 2030 vorsehen. Bisher sollte die Treibhausreduktion bis dahin 55 Prozent im Vergleich zu 1990 betragen. Die Ministerin spricht jetzt von 62 bis 68 Prozent.

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Am Montag beschloss auch das CDU-Präsidium ambitioniertere Klimaziele. Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet sagte, man strebe die Treibhausgasneutralität „deutlich vor der Jahrhundertmitte“ an. Der bayerische CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder, kündigte an, Bayern wolle schon bis 2040 CO2-neutral sein.

Die Politiker begründen ihre Pläne zum einen mit dem Gerichtsurteil aus Karlsruhe, zum anderen mit den jüngst erhöhten Minderungszielen der EU. Tatsächlich muss Deutschland nach der jüngsten Einigung der EU, ihr 2030-Ziel von 40 Prozent auf 55 Prozent zu verschärfen, ohnehin mehr in den Klimaschutz investieren. Das könnte genau auf die 62 bis 68 Prozent hinauslaufen, die Schulze nennt.

Gewisses Unverständnis über deutsche Debatte

Mitte Juli will die Europäische Kommission konkrete Vorschläge dazu vorlegen, wie die EU das neue Ziel erreichen kann. Dabei geht es nicht zuletzt darum, welchen Betrag die vom Emissionshandel der EU abgedeckten Sektoren, sprich Industrie, Energie und Teile der Luftfahrt, leisten sollen und welchen Beitrag der Rest. Der umfasst den Gebäudesektor, den Verkehr und die Landwirtschaft und steht für rund 60 Prozent der Gesamtemissionen.

Die Mitgliedstaaten erhalten für diese Sektoren üblicherweise nationale Reduktionsziele, abhängig von ihrer Wirtschaftskraft. Es deutet bisher viel darauf hin, dass das auch künftig so sein wird. Auf Deutschland kommt somit ein hohes Reduktionsziel zu. In der Kommission herrscht deshalb auch ein gewisses Unverständnis über die deutsche Debatte. Auch wenn Wahlkampf sei, wäre es sinnvoller, zunächst einmal die Kommissionsvorschläge abzuwarten, bevor man mit neuen Zielen voranpresche, heißt es dort ganz ähnlich wie beim BDI.

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