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#Doch ein Neubau?

„Doch ein Neubau?“

Der Ukraine-Krieg kostet nicht nur viele Menschen täglich das Leben, er zerstört auch Projekte, die von Kiew einige tausend Kilometer entfernt sind und auf den ersten Blick mit Wladimir Putins Imperialismus nichts zu tun haben. Ein Beispiel hierfür ist die Sanierung der Stuttgarter Staatsoper, des nach eigener Darstellung größten Dreispartenhauses der Welt. Seit 35 Jahren hat es an dem 1912 nach Plänen von Max Littmann gebauten Opernhaus keine grundlegenden Sanierungsarbeiten gegeben. Die Technik ist museumsreif, Brandschutz- und Arbeitschutzbedingungen können kaum noch eingehalten werden. Noch vor einem Jahr schien es, als ob es einen breiten politischen Konsens für die Sanierung geben könnte. Der Verwaltungsrat hatte im Herbst 2018 der Sanierung und Erweiterung des Hauses zugestimmt; der Stuttgarter Gemeinderat hatte dann im Juni 2021 einen Grundsatzbeschluss gefasst.

Nun bringen Krieg, Inflation und Gaskrise alles ins Rutschen. Die Beteiligten können ihre Jubelmeldungen („entscheidende Weichenstellung“, „Durchbruch“, „guter Tag fürs Theater“) in den Reißwolf geben. In der CDU-Landtagsfraktion gab es schon immer eine kleine Gruppe von Kritikern, denen ihr Wahlkreis im Allgäu näher ist als die Wünsche der Stuttgarter Kulturbohème. Die Grünen mit ihrem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, einem Operngänger und -kenner, gaben sich bisher finanziell großzügig. Doch jetzt ist eine Kabinettsvorlage, mit der die Gründung einer Projektgesellschaft für die Sanierung beschlossen werden sollte, verschoben worden.

Mögliche Milliardenkosten

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel hat sich in die Diskussion eingemischt und ein Thema zur eigenen Profilierung entdeckt. Die grüne Landtagsfraktion hat der Kabinettsvorlage schon zugestimmt – wenn das Projekt tatsächlich an der CDU scheitern sollte, wäre die Grünen also nicht schuld. Das ist Teil eines politischen „blame games“, das in dem Moment begonnen hat, als die Sanierung ins Wanken geriet.

Hagel kündigte nun an, die Kabinettsvorlage, wie sie vom grünen Finanzminister Danyal Bayaz vorbereitet wurde, nicht mitzutragen. „Wir werden in jedem Fall eine gute Lösung finden. Aber in Zeiten von Krieg, Krise und Inflation darf es keinen Automatismus geben, der uns verpflichtet, die Oper nur mit der Goldrand-Lösung für am Ende möglicherweise fast zwei Milliarden Euro zu sanieren. Wir bitten deshalb um eine Aktualisierung der Kostenberechnungen und einen Architektenwettbewerb, der verschiedene Varianten enthält: die jetzt diskutierte Sanierung und Erweiterung oder eine günstigere Instandsetzungsvariante.“ Die CDU werde die Gründung einer Projektgesellschaft mittragen, wenn diese die Vorgaben umsetze. Erst im Anschluss an den Architektenwettbewerb und eine aktualisierte Kostenschätzung könne es eine endgültige „Grundsatzentscheidung“ über das weitere Vorgehen geben.

Finanzministerium: 2 Milliarden “gegriffene Zahl“

Grund für dieses Aufbegehren sind dramatische Baukostensteigerungen: 2018 kalkulierte man 260 Millionen Euro für die Sanierung des Littmann-Baus, 200 Millionen für den Neubau des Kulissengebäudes und weitere 90 Millionen Euro für die restlichen Sanierungsarbeiten, dann addierte man einen Risikopuffer von 30 Prozent und Baukostensteigerungen von jährlich 2,7 Prozent hinzu. Am Ende wurden die Kosten 2019 auf 958 Millionen Euro geschätzt. Der Bau einer Interimsspielstätte für mindestens 100 Millionen Euro in der Nähe der Wagenhallen war darin noch nicht enthalten. Angesichts einer Inflationsrate von sieben Prozent und einer weiteren Verteuerung der Baukosten schätzen Optimisten die Baukosten jetzt auf 1,5 Milliarden Euro, Pessimisten auf zwei Milliarden.

Lässt sich in der Krise eine Opernsanierung für solche Summen politisch rechtfertigen? Ein Sprecher des Finanzministeriums sagt, im Moment gebe es keine seriöse Kostenberechnung, die zwei Milliarden Euro seien eine „gegriffene Zahl“, keineswegs sehe die Kabinettsvorlage vor – wie von der CDU behauptet –, dass mit der Gründung der Projektgesellschaft zwingend für zwei Milliarden Euro gebaut werden müsse.

Verzögerung fast vorprogrammiert

Nach einer Meinungsumfrage der Regionalzeitungen wünschen sich die Bürger in Krisenzeiten Einsparungen bei Bauprojekten und im Kulturetat. Im aktuellen Landes-Haushalt für 2023/24 gibt es einen „Investitionskorridor“: 125 Millionen Euro im Jahr für neue Investitionen. Sollte die Sanierung tatsächlich zwei Milliarden Euro kosten, dann müsste das Land über zehn Jahre 100 Millionen Euro für die Opernsanierung bezahlen. Die Stadt ebenso. Die Spielräume sind eng.

Wenn sich Hagel und die CDU durchsetzen und es tatsächlich einen Architektenwettbewerb mit mehreren Varianten geben sollte, dürfte sich der Baubeginn noch einmal um ein bis anderthalb Jahre verzögern. Auch ein Opernneubau auf dem Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs, das bis 2028 geräumt sein könnte, wäre wieder in der Diskussion. Vor Jahren hieß es noch, ein Neubau sei teurer als die Sanierung und ein geeignetes Grundstück gebe es nicht. Beide Argumente könnten bald obsolet sein.

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