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#Kommentar: Laschet muss jetzt liefern

Kommentar: Laschet muss jetzt liefern

Wenn, wie zuvor gelegentlich behauptet, die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eine Abstimmung über die Kanzlerkandidatur gewesen wären, dann gäbe es jetzt keine Zweifel mehr: Winfried Kretschmann müsste es bei den Grünen machen, Malu Dreyer bei der SPD. Aber das stand nicht einmal zur Debatte. Dreyer zieht es verständlicherweise vor, in Mainz mit einer Ampel den politischen Verkehr zu regeln. Die Berliner Geisterfahrt mit den nach links ziehenden Genossen in der Parteiführung überlässt sie Olaf Scholz. Und auch Kretschmann bleibt lieber Landesgroßvater in Stuttgart, als sich den Regierungsstress in Berlin anzutun, der auf die Grünen zukommt – zumal seine Partei schon zwei ehrgeizige Kräfte hat, die mindestens Vizekanzler/in werden wollen.

Dass die Grünen vom Herbst an auch in Berlin wieder mit auf der Regierungsbank sitzen, wird zunehmend wahrscheinlich. Ob CDU/CSU oder SPD: Wer regieren will, wird kaum an den Grünen als Partner vorbeikommen. In einer Ampel-Koalition und in einem Bündnis mit SPD und Linkspartei würden sie nach Lage der Dinge stärkste Partei und damit sogar den Kanzler stellen. Wenn der Höhenflug der Grünen anhält und die SPD sich etwas erholt, rückt die „Mehrheit jenseits der Union“, über die in der SPD schon gejubelt wird, in den Bereich des Möglichen.

Ein finsteres Tal, aus dem Laschet die CDU führen muss

Das verdüstert die Stimmung in den Unionsparteien weit über die Verlierer in Stuttgart und Mainz hinaus. Ein Gutes aber haben die Niederlagen: Klarheit. CDU und CSU müssen kämpfen wie seit Jahrzehnten nicht mehr, um an der Macht zu bleiben. Weil Merkel nicht mehr antritt, geht der Union der Amtsbonus verloren. Dafür bekommt sie den Corona-Malus: Die Frustration und die bis zum Zorn reichende Verärgerung der Leute über die Pandemie und die Politik zu ihrer Bekämpfung werden vor allem bei der CDU abgeladen. Jens Spahn und Ursula von der Leyen stehen zunehmend in der Kritik – auch von Seiten der SPD, die am liebsten so tut, als sei sie nur für die soziale Abfederung der Einschränkungen zuständig. Die Grünen profitieren politisch am stärksten von der Krise, ihrer Linie folgend, bis zur Bundestagswahl möglichst harmlos zu erscheinen.

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Und dann kam zu allem Überfluss auch noch ein neues Fukushima über die Union: die Masken-Affäre. Die politischen Konkurrenten, manche Medien und auch der Bundespräsident reagierten darauf, als habe es bei CDU und CSU eine ethisch-moralische Kernschmelze gegeben. Freilich betrachtete es auch schon die eigene Fraktionsführung als GAU, dass drei von 248 Abgeordneten im Bundestag ignorierten, was allein der Anstand von ihnen verlangt hätte.

Das ist das finstere Tal, aus dem der CDU-Vorsitzende Laschet seine Partei herausführen muss, wenn diese im Bund an der Macht bleiben will. Die Frage, ob er das Zeug dazu habe, ist in der CDU auch nach seiner Wahl nie ganz verstummt. Laschet wird sie jetzt schnell und deutlich beantworten müssen. „Unparteiisches“ Corona-Krisenmanagement allein, sosehr es den langen Arbeitstag eines Ministerpräsidenten ausfüllen kann, reicht dafür nicht – ganz besonders nicht, wenn wegen der dritten Welle der dritte Lockdown droht.

Ein neuer CDU-Vorsitzender muss mehr im Angebot haben als gute Verwaltung. Er muss verunsicherten Wählern wieder deutlich machen, was die CDU von den Grünen und der SPD unterscheidet: bei der inneren Sicherheit, in der Wirtschafts-, Familien- und Ausländerpolitik, im Menschenbild und im Staatsverständnis. Wenn Merkel weg ist, könnte hinter ihr die große Leere sichtbar werden.

Verzichtete Laschet in dieser Lage auf die Kanzlerkandidatur, würde das kaum als Ausweis von Führungsstärke gelten. Die CDU stürzte nach einem solchen Offenbarungseid erst recht in die Krise, aus der sie der Vorsitzende der Schwesterpartei selbst dann nicht retten könnte, wenn er Kanzler würde. Wenn. Eine demoralisierte CDU wäre im Wahlkampf keine große Hilfe für Söder, der, obwohl er schon viel Löwenzahn gegessen hat, zweifellos der Lieblingsgegner der Grünen wäre.

Käme es im Herbst zu einer schwarz-grünen Koalition unter einem Kanzler Söder, dann müsste er sie als Chef der kleinsten Regierungspartei zusammenhalten. Wer würde dann von München aus wie ein Löwe für die bayerischen Interessen kämpfen, damit die CSU nicht dort die Macht verliert, wo sie für die Partei am allerwichtigsten ist?

Söder muss nicht Kanzlerkandidat werden, um seine singuläre Position in Bayern und seinen Einfluss auf Berlin zu bewahren. Laschet steht unter weit größerem Druck, das Risiko der Kanzlerkandidatur einzugehen. Verlöre die Union im Herbst mit ihm, dann wäre auch seine Wiederwahl in Düsseldorf gefährdet. Das alles musste er sich aber schon überlegt haben, bevor er sich zum CDU-Vorsitzenden wählen ließ. Der sollte genug Selbst- und Gottvertrauen haben, um dem CSU-Vorsitzenden vorzuschlagen: besser kurz nach Ostern als kurz vor Pfingsten. Und Söder so viel Weisheit, um dann zu sagen: besser du als ich.

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