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#Fliegt die CSU mit der Wahlrechtsreform bald aus dem Bundestag?

„Fliegt die CSU mit der Wahlrechtsreform bald aus dem Bundestag?“




Bislang war die CSU im Bundestag gesetzt, weil sie meist fast alle bayerischen Direktmandate holte. Doch im neuen Wahlsystem soll diese „Überlebensgarantie“ gestrichen werden.

Die CSU ist eine Partei, die nicht gerade unter Minderwertigkeitskomplexen leidet. „Mia-san-mia“ gehört zum Markenkern. Und wenn die Konkurrenz bisweilen verächtlich über die „bayerische Regionalpartei“ lästert, stärkt das eher noch den eigenen Anspruch, die einzig wahre Stimme des Freistaats zu sein.

Doch in diesen Tagen geht die Existenzangst um in der CSU. Schuld ist die Ampel-Koalition. Das mag wenig überraschen, denn aus Sicht von Parteichef Markus Söder ist die Ampel bekanntlich an so ziemlich allem Unglück schuld, das so über Deutschland hereinbricht. In diesem Fall könnten die Berliner die CSU allerdings tatsächlich hart treffen. Noch in dieser Woche wollen SPD, Grüne und FDP ein neues Wahlrecht verabschieden. Mit dem Ergebnis, dass die CSU demnächst aus dem Bundestag fliegen könnte, selbst wenn sie sämtliche Wahlkreise in Bayern gewinnen würde.

Der Deutsche Bundestag platzt aus allen Nähten

Was auf den ersten Blick zu unglaublich klingt, um wahr zu sein, ist ein Kollateralschaden aus der nötigen Reform des Wahlrechts, die alle Parteien im Bundestag seit Jahren vor sich hergeschoben haben. Der Bundestag platzt aus allen Nähten. Mehr Abgeordnete, mehr Kosten, mehr Druck, endlich etwas zu tun. Und nun tut die Ampel also etwas, um das Parlament zu schrumpfen. Unter anderem sieht ihr Entwurf vor, dass Parteien nur noch dann in den Bundestag einziehen, wenn sie mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen holen. Bislang galt die Regel, dass es auch schon reicht, wenn man mindestens drei Direktmandate holt. Nur so konnte sich zuletzt die Linke im Parlament halten, obwohl sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht geschafft hatte.

Für die CSU, die ja nur in Bayern antritt und 2021 mit – bundesweit gerechnet – 5,17 Prozent nicht mehr viel Luft nach unten hatte, war die bisherige Regelung eine Überlebensgarantie. Weil sie fast immer nahezu alle Wahlkreise gewann, war sie im Bundestag gesetzt – egal, wie viel Prozent unter dem Strich standen. Das könnte sich nun ändern.

„Der Ampel-Vorschlag zum Wahlrecht ist Machtmissbrauch. Direkt gewählten Abgeordneten den Einzug ins Parlament zu verweigern, ist ein Angriff auf die Demokratie“, wettert CSU-Generalsekretär Martin Huber im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Ampel versuche, die Stimme der bayerischen Wähler zu entwerten, sagt er und spricht von einer systematischen Benachteiligung der Opposition. „Eine Regierung, die das Wahlrecht willkürlich ändert und nur auf die eigenen Vorteile ausrichtet, tritt das Grundgesetz mit Füßen“, schimpft Huber.

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Nun gehört es zur Jobbeschreibung eines Generalsekretärs, auf den Putz zu hauen. Doch selbst eine gelassene Beobachterin wie die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch ist irritiert von dem Entwurf. „Aus gutem Grund hat man in der Vergangenheit immer darauf geachtet, bei Wahlrechtsänderungen auch die Opposition mit ins Boot zu holen. Jetzt ist das Klima so vergiftet, dass ein Konsens mit der Opposition noch schwieriger geworden ist. Und was passiert eigentlich bei einem Regierungswechsel? Macht sich künftig jede Regierung ein Wahlrecht nach ihrem Geschmack?“, fragt die Direktorin der Tutzinger Akademie für Politische Bildung im Gespräch mit unserer Redaktion.

Politikwissenschaftlerin Ursula Münch: „Die CSU hat ihren Anteil an der Misere“

Münch betont aber auch: „Die CSU hat maßgeblichen Anteil an dieser Misere, weil sie in den vielen Jahren, in denen sie mitregiert hat, immer nur nach Lösungen gesucht hat, die für sie selbst günstig gewesen wären.“ Nun scheint eine Lösung gefunden, die höchst ungünstig für die CSU ausfallen würde. Zwar könnte sie eine gemeinsame bundesweite Wahlliste mit der CDU bilden, um sich gegen den Super-GAU abzusichern, aber das verträgt sich schlecht mit dem oben genannten Selbstwertgefühl.

Parteichef Söder will stattdessen notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, falls die Regierung ihren Entwurf nicht noch zurückzieht. Nach Einschätzung von Münch wären seine Erfolgsaussichten ganz gut. „Man kann ja vom Sonderstatus der CSU halten, was man will. Aber es kann nicht der Zweck eines Wahlsystems sein, ihn auszuhebeln“, warnt die Politikwissenschaftlerin, die ansonsten nicht durch besondere Nähe zur CSU auffällt. „Ein Wahlsystem muss einfach verständlich und einigermaßen gerecht sein, es muss aber auch dem bundesstaatlichen Charakter unseres Landes entsprechen. Man kann sich nicht einfach darüber hinwegsetzen, dass es nun mal seit Jahrzehnten eine starke Regionalpartei im Bundestag gibt“, findet Münch.

Bayerns FDP-Chef Martin Hagen kennt die Angst, aus dem Parlament zu fliegen. Ob er es mit den Liberalen im Herbst noch einmal in den bayerischen Landtag schafft, ist ungewiss. Für den Ärger um das Wahlrecht hat er wenig Verständnis. „Ich bin überrascht, dass die CSU neuerdings um die Fünf-Prozent-Hürde bangt. Sonst gibt sie sich selbstbewusster“, sagt er auf Nachfrage und fügt hinzu: „Die jetzt von der Ampel geplante Regelung entspricht dem bayerischen Landtagswahlrecht – auch im Freistaat gibt es ohne Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde keine Direktmandate.“ Letzteres stimmt. Allerdings werden in Bayern anders als bei Bundestagswahlen Erst- und Zweitstimmen zu einem Gesamtergebnis addiert.

Die CSU könnte das neue Wahlrecht im Wahlkampf nutzen

Ob sich die FDP einen Gefallen damit tut, den Entwurf der Ampel mitzutragen, bezweifelt Münch. Wer die CSU im Bundestag sehen will, würde aus ihrer Sicht künftig kaum noch den Liberalen eine Zweitstimme geben. Und Markus Söder, der ohnehin behauptet, die Ampel würde Bayern mobben, dürfte diese Karte jetzt noch konsequenter ausspielen. „Für die CSU ist das ein wunderbares Wahlgeschenk vor der Landtagswahl“, sagt Münch. Sie fürchtet allerdings auch, dass die Wahlrechtsreform, wenn sie denn kommt, Politikverdrossenheit verstärkt. „Das würde die Demokratie-Skepsis verständlicherweise massiv verstärken. Der Eindruck, dass hier eine Regierung nur zum eigenen Vorteil gehandelt hat, würde sich festsetzen. Und das wäre am Ende auch ein Schaden für die Ampel-Parteien.“

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