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#Kommission spricht sich für Enteignung großer Immobilienkonzerne aus

Das Land Berlin soll die Immobilien großer Wohnungsunternehmen in Berlin enteignen. Eine Vergesellschaftung sei juristisch möglich, verhältnismäßig, verfassungsrechtlich angemessen und auch geeignet, die Explosion der Mieten in der deutschen Hauptstadt zu stoppen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“. Das Votum ist niedergelegt in dem Abschlussbericht der Kommission, der der F.A.Z. vorliegt.

Im September 2021 hatten 59,1 der Wähler in Berlin dafür gestimmt, Wohnungen von Immobilienunternehmen mit einem Bestand von mehr als 3000 Wohnungen in Gemeineigentum zu überführen. „Es ist zu erwarten, dass die Mieten im vergesellschafteten Bestand sinken, gewiss aber nicht mehr im gleichen Maße steigen würden wie die Mieten für privat gehaltene Wohnimmobilien“, heißt es in dem Bericht, der am Mittwoch dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) übergeben wird.

Neubau laut Kommission als Strategie zu wenig wirksam

Die Überführung der Immobilienbestände in Gemeineigentum wird von der Kommission als „erforderlich“ betrachtet, da derzeit keine Mittel ersichtlich seien, die „eine eindeutig gleiche Wirksamkeit“ hätten. „Eine verstärkte Neubautätigkeit stellt keine Alternative dar, um das Ziel der Verbesserung der dauerhaften Versorgung mit bezahlbaren Wohnungen zu erreichen“, heißt es weiter in dem mehr als hundert Seiten starken Bericht. Ihn hat eine dreizehnköpfige Kommission unter dem Vorsitz der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) verfasst hat. Die primär auf Wohnungsneubau setzende Politik habe sich in den vergangenen Jahren als „kaum wirksam erwiesen“.

Das Votum der Kommission ist allerdings nicht überraschend. Denn die Fachleute waren noch vom früheren rot-grün-roten Senat bestimmt worden: SPD, Grüne und Linke konnten jeweils drei Vertreter benennen, ebenso die Initiatoren des Volksentscheids „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. Die damalige Opposition, zu der auch die nun regierende CDU gehörte, war an der Einsetzung der Kommission nicht beteiligt.

Vor allem die Linkspartei, aber auch die Grünen hatten sich für die Vergesellschaftung stark gemacht. Für die Linke hatte die Durchsetzung des rechtlich nicht bindenden Volksentscheids politische Priorität. Die frühere Regierende Bürgermeisterin und heutige Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey von der SPD und Teile ihrer Partei hatten sich hingegen gegen jegliche Enteignungen ausgesprochen.

Man kann vermuten, dass die Sondervoten von den Fachleuten kommen, die von der SPD benannt wurden. Die Einrichtung einer Expertenkommission, die im April 2022 ihre Arbeit aufnahm, diente dazu, den Konflikt über das Thema in der damaligen Koalition zu entschärfen und die Entscheidung über ein Vergesellschaftungsgesetz zu vertagen. Die Initiatoren des Volksentscheids hatten sich gegen die Einrichtung der Kommission gewandt und die unverzügliche Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes durch den Senat verlangt.

Zweifel an Verhältnismäßigkeit einer Vergesellschaftung

Nach Ansicht der Kommission hat das Land Berlin die Kompetenz, ein Gesetz zur Vergesellschaftung zu verabschieden. Artikel 15 des Grundgesetzes sei in Berlin anwendbar, sofern die gemeinnützige Bewirtschaftung gesichert sei. Er erlaubt es, „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel“ per Gesetz zu vergesellschaften. In der Geschichte der Bundesrepublik kam der Artikel allerdings noch nie zum Tragen kam.

Bei einer Demonstration gegen hohe Mieten in Berlin am 11. September 2021 halten Teilnehmer ein Transparent mit der Aufschrift „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.


Bei einer Demonstration gegen hohe Mieten in Berlin am 11. September 2021 halten Teilnehmer ein Transparent mit der Aufschrift „Deutsche Wohnen & Co enteignen“.
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Bild: dpa

Unumstritten war die Meinung zur Vergesellschaftung in der Kommission allerdings nicht. So haben wiederum drei Kommissionsmitglieder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit einer Vergesellschaftung in einem Sondervotum geäußert.

Einig ist sich die Kommission darüber, dass die Wohnungsunternehmen zu entschädigen sind, wobei nicht der Verkehrswert der Immobilien zugrunde gelegt werden muss. Darüber, wie hoch die Entschädigungen ausfallen müssten, sind sich die Kommissionsmitglieder nicht einig. Die Mehrheit ist der Meinung, dass die Entschädigung unter dem Verkehrswert liegen dürfe. Wiederum drei Kommissionsmitglieder gehen in einem Sondervotum davon aus, dass stets vom Verkehrswert ausgegangen werden müsse, von dem aber Abschläge möglich seien.

Nach dem Votum der Kommission wird es aber auf absehbare Zeit nicht zu einem Vergesellschaftungsgesetz kommen. Denn CDU und SPD, die einer Vergesellschaftung kritisch gegenüberstehen, haben im Koalitionsvertrag festgelegt, zunächst ein Vergesellschaftungsrahmengesetz zu erarbeiten, das vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden soll.

So will man sichergehen, dass ein Gesetz nicht vom obersten Gericht gleich wieder kassiert würde. Ganz ignorieren kann der Senat die Arbeit der Kommission allerdings schwerlich, denn er hatte sie ja, wenn auch noch unter anderen politischen Mehrheiten, selbst eingesetzt.

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