Nachrichten

#Kommunen setzen auf Tempo 30

Daniel Glöckner hätte gerne auf allen innerstädtischen Straßen in Gelnhausen Tempo-30-Zonen. Bisher sind die Hauptstraßen des hessischen Städtchens Landesstraßen, in die die Kommune kaum eingreifen kann. Landesstraßen unterliegen besonderen baulichen Maßgaben, erläutert der Bürgermeister mit einem FDP-Parteibuch. „Da gibt es viele Vorgaben, wie eine Landesstraße aussehen muss“, so Glöckner. Kommunen hätten da bislang wenig Handhabe, könnten die Straßen in Eigeninitiative baulich nicht verändern oder auch nicht mit Geschwindigkeitsbegrenzungen versehen. „Wir wollen die Straßen zeitgemäß umgestalten, den Verkehr verlangsamen, um die Innenstädte lebenswerter zu machen“, fordert Glöckner.

Sein Parteikollege, Bundesverkehrsminister Volker Wissing, ist ihm da ein ordentliches Stück entgegengekommen. Das Bundeskabinett hat seinen Gesetzentwurf am Mittwoch abgesegnet. Damit sollen die Kommunen mehr Spielraum in ihrer Verkehrspolitik bekommen. Wird sein Entwurf Gesetz und stimmen die Bundesländer auch noch einer entsprechenden Reform der Straßenverkehrsordnung zu, können die Kommunen künftig einfacher Zebrastreifen und Radwege, Tempo-30-Zonen und Sonderfahrspuren für Busse oder E-Autos einrichten. Bisher konnten sie dies nur tun, wenn Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs abgewendet werden mussten. Künftig sollen außerdem die Ziele Umwelt- und Klimaschutz, städtebauliche Entwicklung und Gesundheit gleichrangig in die entsprechenden Regelungen mit aufgenommen werden.

In Potsdam sieht man die neuen Regelungen zwiespältig

Einen Gefallen hat Wissing dem FDP-Bürgermeister Glöckner mit seinem Gesetzesentwurf jedoch nicht erfüllt: Tempo 30 wird er in seiner Stadt nicht flächendeckend einführen könnten, stellte Wissing klar. Die Regelgeschwindigkeit bleibt weiter bei 50 Kilometern je Stunde, und nach wie vor müssen Kommunen gut begründen, wenn sie davon abweichen wollen – nur haben sie dafür bald mehr Gründe zur Verfügung.

Das dürfte noch für Gesprächsstoff sorgen. In Potsdam zum Beispiel sieht man Tempo 30 als Bestandteil eines „nachhaltigen städtischen Mobilitätskonzeptes“. Die neuen Regelungen sieht man dort zwiespältig. Eine neue Priorisierung in der Straßenplanung sei ein Fortschritt, gerade mit einem Fokus auf Umweltschutz, so dass etwa durch „Bussonderspuren“ der öffentliche Personennahverkehr attraktiver werde, findet Bernd Rubelt, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt. Positiv sei auch, dass dadurch mehr „Park-and-Ride“-Parkplätze gebaut werden können. Allerdings sei die geplante Gesetzesänderung nicht konsequent genug.

Es müsse für das Tempolimit eine allgemeine Umkehr in der Beweislast geben, findet der parteilose Politiker. Die Stadtgeschwindigkeit sollte 30 oder 20 km/h sein, und es sollte umgekehrt begründet werden, warum auf einigen Strecken 50 km/h erlaubt sein solle. Natürlich sei es nicht sinnvoll, auf der Stadtautobahn langsamer zu fahren, aber in der ganzen historischen Altstadt und den Plattenbau- sowie Wohngebieten schon. Die größte Rolle spielt für Rubelt dabei die Sicherheit. Er wolle die Dominanz des Autoverkehrs einschränken und Fahrradfahrern und Fußgängern mehr Sicherheit bieten. Auch in Bonn schließt man sich den Wunsch an, 30 Kilometer je Stunde zur Regelgeschwindigkeit innerorts zu machen.

800 Kommunen wollen mehr Freiheiten in der Straßenverkehrspolitik

Die Initiative „Lebenswerte Städte“ dagegen bewertet den Entwurf positiv. Knapp 800 Kommunen in Deutschland haben sich darin vor zwei Jahren zusammengeschlossen, auch Bonn, Gelnhausen und Potsdam. Sie fordern mehr Freiheiten in der Straßenverkehrspolitik. Sie wollen selbst entscheiden, wo und wie gefahren wird. „Wir begrüßen die eingeschlagene Richtungsänderung zugunsten der kommunalen Entscheidungsmöglichkeiten sehr und werden diese auch nutzen“, sagt etwa der parteilose Bürgermeister und Baubürgermeister von Tübingen, Cord Soehlke.

Der Gesetzesentwurf zum Straßenverkehrsrecht ist Teil eines größeren Pakets, das die Bundesregierung am Mittwoch auf dem Weg gebracht hat. Wichtiger Bestandteil ist eine Reform des Klimaschutzgesetzes, die künftig den einzelnen Sektoren mehr Spielraum bei der Einhaltung der Klimaziele gibt, allerdings nichts an der Gesamtmenge an Emissionen ändert, die eingespart werden müssen. Künftig soll nicht mehr jeder einzelne Sektor – also etwa Energie, Landwirtschaft, Industrie oder Verkehr –jedes Jahr konkrete Obergrenzen für den CO2-Ausstoß einhalten müssen. Stattdessen wird das Gesamtergebnis entscheidend sein. Die einzelnen Sektoren sollen ihre Werte miteinander verrechnen können.

Kritiker bemängeln, dass mit der Novelle der Druck auf den Verkehrsbereich herausgenommen wird, der seinen Klimazielen besonders deutlich hinterherhinkt. Wissing lobte dagegen, dass der Klimaschutz damit wieder stärker eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ werde. Er erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr die Klimaschutzziele in Deutschland insgesamt eingehalten worden seien. In solchen Situationen könnten den Bürgern keine zusätzliche Belastungen etwa durch Fahrverbote auferlegt werden. Sein Ministerium werde jedoch nicht weniger ambitioniert Klimaschutz betreiben, versprach er.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!