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#Macron will sich durch Transparenz mit Ruanda versöhnen

Macron will sich durch Transparenz mit Ruanda versöhnen

Von der „schweren und erdrückenden Verantwortung Frankreichs“ am Völkermord in Ruanda sollen sich künftig alle Bürger ein Bild machen können. Präsident Emmanuel Macron hat am Mittwochabend angekündigt, dass die Archive des Präsidialpalastes der Jahre 1990 bis 1994 künftig „frei zugänglich“ sein werden. Zu den freigegebenen Beständen zählen ebenso Unterlagen und Aufzeichnungen aus dem Amt des Premierministers. Denn von 1993 bis 1995 gab es eine Machtteilung (Kohabitation) zwischen dem sozialistischen Präsidenten Francois Mitterrand und dem rechtsbürgerlichen Premierminister Edouard Balladur.

Michaela Wiegel

Macron treibt die Aufarbeitung der französischen Rolle während des Völkermords gegen Widerstände voran. Vor zwei Jahren setzte er eine Historikerkommission ein, die am 26. März einen mehr als 1000 Seiten langen Bericht vorlegte. Die Forscher unter Leitung des Historikers Vincent Duclert kommen zu dem Schluss, dass Frankreich versagt habe, weil es den Völkermord an mehr als 800.000 Menschen nicht verhindert habe. Eine „Mittäterschaft“ an den Tötungen lasse sich hingegen nicht nachweisen. In einem Gespräch mit der Internetzeitung „Mediapart“ betonte Historiker Duclert jetzt, dass aufgrund der „erdrückenden Mitverantwortung Frankreichs“ am Genozid eine Entschuldigung von offizieller Seite überfällig sei.

Kurswechsel in der Frankophonie-Politik

Der Versuch einer transparenten Geschichtsbewältigung ist in Ruanda auf ein positives Echo gestoßen. In dem ostafrikanischen Land findet gerade das Gedenken zum 27. Jahrestag des Genozids statt. Ruandas Staatschef Paul Kagame teilte mit, der Bericht sei „ein wichtiger Schritt hin zu einem gemeinsamen Verständnis des Geschehenen“. Er zeuge vom Wunsch der französischen Verantwortlichen nach Veränderung. Kagame wies darauf hin, dass eine von ihm beauftragte Historikerkommission demnächst ebenfalls einen Bericht vorlegen werde. „Ruanda hat ein Wort mitzureden“, sagte der Präsident.

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Frankreich hat unter Macron einen wichtigen Kurswechsel in der Frankophonie-Politik vollzogen, die jahrzehntelang die französische Afrika-Strategie prägte.  Bei der Unterstützung Mitterrands für das extremistische Hutu-Regime in Kigali trieb die Afrika-Berater im Elysée-Palast die Sorge an, englischsprachige „Rebellen“ aus Uganda könnten in Ruanda die Macht ergreifen und das frankophone Einflussgebiet in Afrika weiter schrumpfen lassen. Mit dem Erbe des „Francafrique“, dem engen neo-kolonialen Netzwerk im Elysée, hat Macron gebrochen. Einen Kooperationsminister gibt es seit 2017 nicht mehr, das Ressort der Frankophonie wurde auf die Ebene der Staatssekretäre zurückgestuft. Der Präsident steht für eine „offene Frankophonie“, die Englisch als Geschäftssprache toleriert. 

Im Mai 2018 hat Macron nach einem Treffen mit Kagame in Paris entschieden, die Kandidatur der ruandischen Außenministerin Louise Mushikiwabo zur Generalsekretärin der Internationalen Organisation für Frankophonie zu unterstützen. Mushhikiwabo ist die erste Afrikanerin an der Spitze der Organisation, die lange eines der wichtigsten Soft Power Instrumente der französischen Diplomatie darstellte. Sie hat lange in den Vereinigten Staaten gelebt und 2006 auf Englisch ein bewegendes Buch über ihre vom Völkermord dezimierte Familie veröffentlicht („Rwanda Means the Universe : A Native’s Memoir of Blood and Bloodlines“). Nach ihrer Rückkehr stand Mushikiwabo als Kommunikations- und später als Außenministerin voll hinter dem Entschluss Kagames, Englisch zur Amtssprache zu erheben und dem Commonwealth beizutreten.

Gegen Widerstände in Frankreich

Macrons Entschluss, Mushhikiwabo zur Generalsekretärin zu küren, stieß bei den Verfechtern der traditionellen französischen Sprachpolitik in Paris auf viel Unverständnis. Doch die Geste der Versöhnung trägt Früchte. Bei einem Treffen mit Kagame am Rand des G-7-Gipfels in Biarritz wurde die Rückkehr der französischen Entwicklungshilfeagentur AFD sowie eines Instituts de la Francophonie nach Ruanda vereinbart.

Für den französischen Verein „Survie“, der seit Jahrzehnten in der Aufarbeitung des Völkermords mitwirkt, ist das diplomatische Kalkül von Macrons Geschichtspolitik allerdings zu durchsichtig. Der Physiker Francois Graner, einer der führenden Köpfe bei „Survie“, beschwerte sich, mit der neuen Transparenz verfolge Paris nur das Ziel einer Normalisierung der Beziehungen zu Ruanda. Zugleich wasche der Duclert-Bericht die noch lebenden Verantwortlichen in Paris von dem Vorwurf der Mittäterschaft rein. „Das intellektuelle Versagen Frankreichs dauert an, was die Langsamkeit der Justiz zeigt. Etwa 30 Strafverfahren gegen Mittäter des Völkermords liegen seit mehr als 15 Jahren vor“, kritisierte Graner.

So war im Mai 2020 war in dem Pariser Vorort Asnières-sur-Seine ein Hauptverdächtiger, Félicien Kabuga festgenommen worden, der den Völkermord mit seinem Vermögen finanziert haben soll. Er lebte mutmaßlich mehr als zwanzig Jahre unbehelligt in Frankreich.

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