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#Milliardeninvestitionen: Wie Rhein-Main wirklich von Microsoft profitiert

Von den 3,2 Milliarden Euro, die Microsoft in Deutschland investieren will, dürfte der Großteil in neue Rechenzentren in Nordrhein-Westfalen fließen. Die Datacenter-Hochburg Rhein-Main profitiert dennoch.

Als „größte Investition seiner vierzigjährigen Geschichte in Deutschland“ feiert das US-Unternehmen Microsoft die am Donnerstag verkündete Summe von 3,2 Milliarden Euro, die in den Ausbau der Cloud- und KI-Infrastruktur fließen soll. Im Rhein-Main-Gebiet hat man den Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem Microsoft-Manager Brad Smith mit großem Interesse zur Kenntnis genommen – und rätselt nun, wie er zu interpretieren ist.

Anna Klaft, Vorstandsvorsitzende der German Datacenter Association, begrüßt das Bekenntnis des derzeit wertvollsten Unternehmens der Welt zum Standort Deutschland. Dass der Bundeskanzler persönlich die Investitionen und den Aufbau weiterer Rechenzentrumskapazitäten gelobt habe, sei ein gutes Signal.

Hohe Summe beeindruckt Branche nicht

Die auf den ersten Blick enorme Summe beeindruckt die Datacenter-Manager allerdings weniger. Die sei beim Bau von Rechenzentren schnell ausgegeben, rechnet etwa Alexander Hauser, Geschäftsführer der auf diesen Gebäudetyp spezialisierten TTSP HWP Planungsgesellschaft aus Frankfurt, vor: Pro Megawatt Anschlussleistung fielen schon für Grundstück, Rohbau und die technischen Anschlüsse rund eine Million Euro Kosten an. Oben drauf komme die technische Ausstattung etwa mit Routern und Servern – die deutlich teurer sei als die Gebäudehülle.

Daraus lässt sich schließen, dass der Großteil der gut drei Milliarden Euro in bis zu drei Rechenzentren fließt, die der Tech-Konzern, der allein in den letzten drei Monaten des Jahres 2023 mit Software, Clouddienstleistungen und KI-Services 62 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, unweit von Köln bauen will. Standorte sollen Grundstücke in den Kommunen Bedburg, Bergheim und Grevenbroich im Rheinischen Revier sein. Bekannt war, dass sich dort ein sogenannter Hyperscaler, Betreiber eines Rechenzentrums für Cloud-Infrastruktur, in größerem Stile niederlassen will, die Rede war von einer Gesamtkapazität von 150 Megawatt.

Google ist bereits in Hanau

Neu ist, das Microsoft der Grundstücksinteressent ist – und dass der Konzern selbst als Bauherr und Betreiber der neuen Rechenzentren antreten will. Konkurrent Google ist diesen Schritt in Deutschland schon gegangen: In Hanau wurde 2023 das erste deutsche Rechenzentrum der Amerikaner eröffnet.

Dass Microsoft sich nun das Rheinische Revier ausgesucht hat, war für Beobachter eine gute Entscheidung: In der Region, die mit dem Ende des Kohleabbaus vor einer wirtschaftlichen Transformation steht, sind die Strommengen und Leitungen sofort verfügbar, die für Rechenzentren benötigt werden. Zudem gibt es bestehende Fernwärmesysteme, so dass die Betreiber die Auflagen zur Nutzung ihrer Abwärme leichter erfüllen können. Die Lage im bevölkerungsreichsten und auch industriestarken Bundesland garantiert Kunden, die Entfernung zum Internetknoten De-Cix in Frankfurt ist zu verkraften, zudem gibt es mit dem Ruhr-Cix bereits einen lokalen Austauschknoten.

Durchbruch für Datacenter-Standort im Rheinland

Dass sich nun Microsoft für die Region entschieden hat, dürfte der Durchbruch für einen Rechenzentrumsstandort im früheren Kohlerevier sein, glaubt nicht nur die GDA-Vorsitzende Anna Klaft. Andere Betreiber und Investoren werden folgen. Sie fügt an: „Das könnte für den Standort Frankfurt eine Entlastung bedeuten.“ Bisher drängten vor allem die Betreiber von Großrechenzentren ins Rhein-Main-Gebiet, die Kapazitäten an verfügbarem Strom sind damit mindestens bis 2023 ausgereizt, die Grundstückspreise hoch.

„Das Wachstum in Rhein-Main war zuletzt ganz klar getrieben von Microsoft und Amazon“, sagt Peter Knapp, Geschäftsführer des amerikanischen Rechenzentrumsbetreibers Cloud-HQ, der in Rhein-Main für mehr als sieben Milliarden Euro Datacenter baut. Ob Microsoft demnächst auch in der Region unter eigenem Namen in den Markt eintritt, gehört zu den Fragen, die offen geblieben sind. In der Frankfurter Szene hält man es für unwahrscheinlich, zurückgesetzt gegenüber der neuen Konkurrenz in Nordrhein-Westfalen fühlt man sich trotzdem nicht: „Das, was ohnehin schon an Investitionen läuft, ist deutlich größer als das, was jetzt offiziell verkündet wurde“, sagt Peter Knapp.

In rund einem Dutzend Rechenzentren verschiedener Betreiber soll Microsoft in Rhein-Main Rechenkapazität betreiben, zudem gibt es eine Niederlassung von Microsoft Deutschland im Frankfurter Messeturm. Und auch beim Aufbau des AI Hub Frankfurt, eines Unternehmensnetzwerks zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz, waren die hiesigen Vertreter früh engagiert. Im Rückblick passt das zu der Ankündigung, Microsoft wolle dazu beitragen, Deutschlands Wirtschaft bei der Nutzung von KI durch Infrastruktur und Fortbildungsangebote zu unterstützen. Inwieweit die Stadt oder AI Hub von der neuen Offensive profitieren können, wissen die Beteiligten noch nicht. Aus dem Büro des Frankfurter Oberbürgermeisters hieß es am Freitag, man wolle sich mit Microsoft zeitnah zusammensetzen und hoffe auf eine Kooperation bei Aus- und Fortbildung auf dem Feld von KI.

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