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#Polen steuert auf das Duell der Superschwergewichte zu

Polen steuert auf das Duell der Superschwergewichte zu

An einem politischen „Super-Samstag“ in Polen hat die liberale „Bürgerplattform“ (PO) Donald Tusk zu ihrem kommissarischen Vorsitzenden bestimmt. Tusk, der zugleich bis Herbst 2022 gewählter Chef der Europäischen Volkspartei ist und davor Präsident des Europäischen Rats sowie Regierungschef in Warschau war, kehrt damit nach sieben Jahren in Brüssel nach Polen und in sein altes Amt zurück: Schon von 2003 bis 2014 hatte er die PO geführt. Er will die heute größte Oppositionspartei im Parlament aus ihrer bisher tiefsten Krise führen. 

Gerhard Gnauck

Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.

Zugleich versammelten sich die Delegierten der regierenden nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), um Jarosław Kaczyński noch einmal zum Parteivorsitzenden zu wählen; nach eigenen Angaben wird dies seine letzte Amtszeit sein. Damit werden die beiden 2001 ins Leben gerufenen Parteien wieder von ihren Gründern beziehungsweise Mitgründern geführt. Tusk ist 64, Kaczynski 72 Jahre alt. 

Tusk ruft dazu auf, die Regierung ohne Wenn und Aber zu bekämpfen

Vor seiner Wahl begeisterte Tusk die Kongressteilnehmer mit einer feurigen Rede und Angriffen auf die PiS-Regierung. Er rief seine Anhänger dazu auf, sich nicht an diese Regierung zu „gewöhnen“ und sie ohne Wenn und Aber zu bekämpfen. „Die wichtigste Botschaft muss lauten: Wenn du das Böse siehst, bekämpfe es, frage nicht nach zusätzlichen Gründen!“, rief er aus. 

Er warf der Regierung schwere Fehler im Corona-Management, eine hohe Verschuldung, Vetternwirtschaft und eine Außenpolitik vor, die Polen in eine seit 1989 beispiellose Isolation geführt habe. Trotz der „idiotischen politischen Investitionen in die Präsidentschaft Donald Trumps“ habe die PiS-Regierung auch noch miserable Beziehungen zu den USA erreicht. In vielen Fragen „verwirklicht die PiS eine russische Agenda“ und sei antieuropäisch. 

Tusk sprach aber auch kritisch über die Lage der eigenen Partei seit ihrem Machtverlust 2015. „So viele Menschen in Polen haben die Hände sinken lassen. Unsere Energie ist irgendwie verpufft oder hat ihren Platz woanders gefunden.“ Das war vermutlich eine Anspielung auf die neue Oppositionskraft „Polen 2050“, die Tusks PO in fast allen Umfragen auf Platz drei verwiesen hat. Die von dem Publizisten Szymon Hołownia gegründete Partei wurde auf dem gesamten Kongress jedoch nicht erwähnt. Ein früherer PO-Minister sagte dazu der F.A.Z.: „’Polen 2050’ kann unser Konkurrent sein, darf aber nie zu einem Gegner werden.“

Die PiS wird sich wohl nicht auf eine Neuwahl einlassen

Als Verlierer des PO-Kongresses gilt der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski. Er hatte vage eigene Ambitionen auf die Führung signalisiert, doch andererseits für August auch einen „Campus“ zur Selbstfindung der liberalen Kräfte in Masuren angekündigt. Trzaskowski, nach wie vor einer der stellvertretenden Vorsitzenden der PO, gilt als Vertreter des linken Parteiflügels, während Tusk der Mitte zugerechnet wird. 

Unangefochten in der PiS: Jarosław Kaczyński, hier auf einer Aufnahme vom Mai


Unangefochten in der PiS: Jarosław Kaczyński, hier auf einer Aufnahme vom Mai
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Bild: EPA

Tusk wurde mit 201 Stimmen ohne Gegenstimme zu einem der Vizechefs gewählt und führt damit als ältester unter ihnen die Partei zunächst kommissarisch. Die reguläre Wahl zum Vorsitzenden soll später erfolgen. Der bisherige Parteichef Borys Budka trat zurück, er wurde mit etwa 95 Prozent der Stimmen ebenfalls zum Vizechef gewählt. 

Eine Parlamentswahl gibt es in Polen turnusgemäß erst 2023 wieder. Die PO-Politikerin Małgorzata Kidawa-Błońska sagte der F.A.Z., sie erwarte nicht, dass die PiS sich auf eine vorgezogene Wahl einlasse: „Die PiS hat viele Verwandten auf Posten in den Staatsbetrieben untergebracht, für die sind ihre Ämter eine Frage des Überlebens. Bei einer Wahlniederlage würden sie schwere finanzielle Einbußen erleiden.“  

Eine Vorentscheidung über die Kaczyński-Nachfolge?

Ebenfalls am Samstag hielt die regierende PiS einen Kongress ab, bei dem – selbst für diese Partei ungewöhnlich – keinerlei Medien zugelassen waren. Jarosław Kaczyński wurde wie erwartet wiedergewählt; ein Ergebnis wurde vorerst nicht verkündet. Erwartet wurde auch, dass Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, als langjähriger Bankdirektor ein politischer Quereinsteiger, in den nächsten Tagen erstmals ein Parteiamt erhält, das eines stellvertretenden Vorsitzenden. 

Das könnte eine Vorentscheidung für die Kaczyński-Nachfolge sein. Der Parteichef selbst lobte die „historischen“ Leistungen der Regierung, machte jedoch auch selbstkritische Bemerkungen wie diese: „Es gibt Vetternwirtschaft, sie ist zwar nicht verbreitet, aber wir müssen das ändern.“ 

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Kaczyński hatte am Freitag gemeinsam mit anderen rechten Parteiführern in Europa – Marine Le Pen, Viktor Orbán, Matteo Salvini, Santiago Abascal – eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Sie solle, so der PiS-Chef, eine Antwort auf die von der EU gerade eingeläutete Konferenz zur Zukunft Europas sein und die Gemeinschaft als „Union souveräner Völker“ gegen drohende kulturelle „Revolutionen“ verteidigen.

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