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#Präsident Duda verhängt den Ausnahmezustand

Präsident Duda verhängt den Ausnahmezustand

Seit drei Wochen sitzt eine Gruppe von etwa dreißig mutmaßlich aus Afghanistan stammenden Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen fest. Die Menschen wollten nahe dem kleinen Dorf Usnarz Górny aus Belarus in das EU-Land Polen gelangen, werden von polnischen Sicherheitskräften aber am Grenzübertritt gehindert. Auch von der anderen Seite her lassen die polnischen Grenzschützer niemanden durch: Sie haben Menschenrechtler, Parlamentarier und Priester davon abgehalten, Lebensmittel, Decken und Medikamente zu der Gruppe zu bringen. Das Drama an der Grenze war Dauerthema in den polnischen Medien.

Doch seit Donnerstag ist das Geschehen in Usnarz Górny den Blicken der Öffentlichkeit entzogen: Präsident Andrzej Duda hat über einen drei Kilometer breiten Streifen entlang der polnisch-belarussischen Grenze für dreißig Tage den Ausnahmezustand verhängt. Das bedeutet, dass sich in diesem Gebiet nur noch Anwohner und Sicherheitskräfte aufhalten dürfen, dass dort Menschenansammlungen verboten sind und dass der Zugang zu allen Informationen eingeschränkt ist, „die mit dem Schutz der Staatsgrenze und Gegenmaßnahmen gegen illegale Migration zu tun haben“.

Das Parlament, der Sejm, muss der Verhängung des Ausnahmezustands nachträglich zustimmen – das wird spätestens am Montag geschehen. Die nationalkonservative Regierung, auf deren Antrag Duda den Ausnahmezustand verhängt hat, hat ihre Mehrheit im Sejm zwar Mitte August im Streit über ein Gesetz verloren, das gegen den wichtigsten nichtstaatlichen (und damit regierungskritischen) Fernsehsender gerichtet ist. Aber da die rechtsextreme Konföderation schon Zustimmung signalisiert hat, sind ihre Aussichten gut, den Ausnahmezustand trotz wütenden Protests der Opposition aufrecht zu erhalten.

Die sieht in dem in der Geschichte des demokratischen Polen nach 1989 bisher einmaligen Schritt ein Manöver, mit dem die nationalkonservative PiS von ihren wachsenden Schwierigkeiten ablenken will. Dass dieses Kalkül aufgehen könnte, zeigte sich in jüngsten Umfragen: Die harte Haltung der PiS gegenüber den Flüchtlingen und die starke Akzentuierung des Themas in den staatlichen Medien hat den für die Regierung besorgniserregenden Trend in den Umfragen vorerst gebremst.

Die Regierung behauptet, es gebe an der Grenze zu Belarus eine akute Bedrohungslage. Außer Zweifel steht, dass der Minsker Machthaber Alexandr Lukaschenko tatsächlich Flüchtlinge zur Destabilisierung der benachbarten EU-Länder einsetzen will. Dass die rasch wachsende Zahl von Menschen aus Irak, Afrika und nun auch Afghanistan, die seit Sommerbeginn über Belarus illegal nach Litauen, Lettland und Polen zu gelangen versuchen, seine Rache für die Sanktionen sind, die die EU wegen der brutalen Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus gegen sein Regime verhängt hat, hat Lukaschenko selbst offen gesagt.

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass sein Regime als Schlepper und Schleuser agiert, die Menschen ins Land holt und sie dann an die Grenzen bringt. Litauische Grenzschützer haben beobachtet, wie belarussische Sicherheitskräfte Menschen mit Gewalt in Richtung Grenze getrieben haben. Nach offiziellen Angaben der Warschauer Regierung hat es im August 3500 Versuche illegaler Grenzübertritte festgestellt, von denen etwa 2500 verhindert worden seien. Alle drei EU-Nachbarn von Belarus haben inzwischen mit der Errichtung von Grenzzäunen begonnen.

Kritiker als russische Einflussagenten beschimpft

Auch die polnische Opposition ist sich einig darin, dass die Ostgrenze des Landes gesichert werden müsse. Sie fordert aber, so wie auch mehrere katholische Bischöfe, einen menschlichen Umgang mit den von Lukaschenko instrumentalisierten Flüchtlingen. Und sie ist sicher, dass der Ausnahmezustand unnötig ist – zumal Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak noch Anfang dieser Woche verkündet hat, Polen benötige keine Hilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex, man habe die Lage unter Kontrolle.

Doch nun verbinden die Nationalkonservativen die Flüchtlinge mit einem zweiten Thema: dem russisch-belarussischen Militärmanöver Sapad-2021, das kommende Woche mit vermutlich mehr als 100000 Soldaten im Westen Russlands und in Belarus beginnen soll. Es sei „nicht schwierig“, die Verbindung zwischen der vom Lukaschenko-Regime hervorgerufenen „künstlichen Krise“ an der Grenze und dem Großmanöver zu sehen, sagte etwa Präsident Andrzej Duda am Mittwoch. Verschiedene PiS-Politiker ergehen sich in Spekulationen über mögliche Provokationen während des Manövers und Mutmaßungen darüber, dass Lukaschenko im Auftrag Putins die polnische Grenze teste.

Verbunden wird das oft mit der Behauptung, Opposition und kritische Medien seien mit russischen Einflussagenten durchsetzt, die mit ihrer Kritik am Vorgehen der Regierung die Sicherheit Polens unterminieren wollten. Von einem „antipolnischem“ Verhalten der Opposition sprach auch Präsident Duda. Die Opposition hält der PiS derweil vor, dass diese voriges Jahr während der ersten Corona-Welle die Verhängung eines Ausnahmezustands im Konsens aller Parteien kategorisch abgelehnt hatte. Die Opposition sah damals darin ein legales Mittel, die für Mai angesetzte Präsidentenwahl auf legale Weise zu verschieben. Die PiS wollte die Verschiebung der Wahl damals verhindern – sie sah offensichtlich die Chance, unter den Bedingungen der Pandemie ihrem Kandidaten Andrzej Duda einen leichten Sieg zu sichern. Duda ging zwar aus der nach langem Streit doch verschobenen Wahl als Sieger hervor – aber das Ergebnis war äußerst knapp.

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