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#Sie haben die Wahl zwischen Krieg oder Sklaverei

„Sie haben die Wahl zwischen Krieg oder Sklaverei“

Der Krieg hat Jurij Andruchowytsch nicht überrascht. Von seinem Fenster aus konnte er am Morgen das Band aus dickem schwarzen Rauch sehen, das vom nahen Flugplatz über seine Heimatstadt zog und den Himmel verdunkelte. Die Luftwaffenbasis etwas außerhalb von Iwano-Frankiwsk im Südwesten der Ukraine zählte am 24. Februar zu den ersten Zielen der russischen Raketen. Das Dröhnen der Detonationen hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Dann der Blick auf sein Tablet, die riesige Überschrift „Putin hat den Krieg begonnen“.

Jurij Andruchowytsch, der mit seinen teils skurrilen Erzählungen und Gedichten zu einem der bekanntesten Schriftsteller der Ukraine wurde, hatte schon am Vortag in einem Radiointerview gesagt, dass er jeden Moment mit dem Angriff rechne. „Putins Denken und sein Handeln liefen schon lange klar auf diesen Krieg zu“, sagt er. Ihm sei bewusst gewesen, „dass nur ein Wunder diese Entwicklung stoppen kann, keine Diplomatie und keine Sanktionen.“ Denn von wirtschaftlichen Dingen sei Russlands Präsident schon lange gelangweilt gewesen. Für ihn zähle nur noch der Drang, etwas Großes zu schaffen.

Doch was bringt alle innere Vorbereitung, wenn plötzlich Raketen auf die Heimat niedergehen? Am Anfang war die totale Unordnung, erzählt er. „Überall Gerüchte und Fakes, wo bereits russische Kommandos in die Städte eingedrungen seien, Odessa, Mariupol, Kiew.“ Das Fernsehen habe ihm irgendwann Halt gegeben, die Moderatoren und deren Gesprächspartner, „alles lief sehr organisiert und ohne jede Panik ab“. Für ihn sah es überzeugend aus, dass man sich irgendwie zurechtfinden werde. „Das gab mir die Zuversicht, irgendwie weiter zu funktionieren.“ Er entschloss sich, selbst zu funktionieren.

Zum Geburtstag gibt es selbstgebrannten Schnaps

Wer wissen will, warum sich die Ukraine dem russischen Herrscher niemals ergeben wird, kann Jurij Andruchowytsch in seiner Heimatstadt Iwano-Frankiwsk besuchen. Hier, am Rande der Karpaten, ist nach drei Wochen des Krieges eine Art von Alltag eingekehrt. Die Cafés haben wieder geöffnet und in den Straßen herrscht geschäftiges Treiben. Nur die Zelte der Malteser nahe dem Hauptplatz, wo die vielen Flüchtlinge versorgt werden, und die Wälle von Sandsäcken allerorten erinnern daran, dass auch hier, ganz im Westen des Landes, Krieg herrscht.

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Es gehe wieder besser, seit seine Tochter mit ihrer Familie aus Kiew hierhergekommen und in Sicherheit sei, sagt Andruchowytsch. Mit sieben Menschen und zwei Hunden schlafen sie jetzt in seiner Wohnung, meistens alle zusammen im Flur auf dem Boden, wo es keine Fenster gebe und man bei Luftalarm halbwegs sicher sei. Fast jede Nacht gehen auch hier die Sirenen. Immer wieder wurde in Iwano-Frankiwsk die nahe Luftwaffenbasis attackiert. Sie äßen nun ständig Pistazien, sagt Andruchowytsch, vielleicht einfach nur, um die Hände ruhig zu halten.

Am vergangenen Sonntag, seinem 62. Geburtstag, hatte er mal wieder Freunde zu Besuch. Einer hatte sogar eine Flasche selbstgebrannten Schnaps organisiert; Alkohol darf in der Ukraine seit kurz nach Kriegsbeginn nicht mehr verkauft werden.

Was bevorsteht, ist für die meisten Menschen auch im Westen der Ukraine klar. Doch Andruchowytsch weiß, wie wenig das im Rest Europas verstanden wird. Er wird gefragt: Warum kapituliert ihr nicht? Warum macht ihr dem Sterben nicht ein Ende? „Man ist darauf empört, aber findet die richtigen Worte nicht“, sagt Andruchowytsch. „Wahrscheinlich muss man es erleben.“

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