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#Sind die Franzosen unverbesserliche Müßiggänger?

„Sind die Franzosen unverbesserliche Müßiggänger?“

Rodez ist für seine imposante Kathedrale aus Buntsandstein und das Soulages-Museum be­kannt, das dem berühmten Ma­ler der Schwarztöne gewidmet ist. Doch nun schreibt die Stadt im Südwesten Frankreichs Schlagzeilen, weil hier die Proteste gegen die Rentenreform be­sonders heftig ausfallen. An Streiktagen wie am Dienstag ist die halbe Stadt auf den Beinen. Die Gewerkschaften haben sich vorgenommen, den jüngsten „Re­kord“ von laut Polizeizählung 12.500 Demonstranten in der 25.000-Einwohner-Stadt vor einer Woche zu brechen. Aber warum leisten gerade in den kleineren und mittleren Städten Frankreichs die Leute so vehement Widerstand?

Sébastien Persec züchtet Rinder, wenn er nicht gerade mit einem Spruchband gegen die Rente mit 64 in der Altstadt von Rodez unterwegs ist. Der Sprecher der Agrargewerkschaft „Confédération Paysanne“ im Département Aveyron hält Präsident Macron Wortbruch vor. „Von ei­nem Gesellschaftsprojekt hat er ge­sprochen, aber jetzt geht es nur noch da­rum, uns zwei Jahre länger arbeiten zu lassen“, sagt Persec. Viele Landwirte seien aber körperlich viel zu erschöpft dazu.

Präsidenten kommen nicht oft nach Rodez, deshalb erinnern sich noch viele daran, wie Macron im Stuhlkreis mit ihnen über die Zukunft der Renten diskutierte. Im Oktober 2019 war das. Die wochenlangen Gelbwesten-Proteste hatten dem Präsidenten zugesetzt, er versprach, alles anders zu machen, „die Ängste der Mitbürger ernst zu nehmen“. In Rodez begann er seinerzeit einen Bürgerdialog zu den Renten. Er sagte, dass er am gesetzlichen Rentenalter von 62 Jahren nicht rütteln werde. Stattdessen sollten lieber die Privilegien für bestimmte Berufsgruppen abgeschafft werden.

Schlechte ökonomische Vorbildung

Dann kam die Pandemie; und Macron zog das Vorhaben zurück. Im Wahlkampf klang er plötzlich anders. Er schrieb sich, wie die rechtsbürgerliche Kandidatin Valérie Pécresse, die Rente mit 65 auf die Fahnen. Doch nach seinem Wahlsieg gegen Marine Le Pen sagte er auch, er wisse, dass viele nicht für sein Projekt, sondern gegen die extreme Rechte ge­stimmt hätten.

Den Präsidenten der deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer, Guy Maugis, überrascht die große Mobilisierung nicht. Die Stadt Rodez sei tatsächlich emblematisch. Dort seien nicht nur die radikalen Gewerkschaften CGT und Sud stark, auch die Zukunftsängste seien besonders groß. Der größte Arbeitgeber der Stadt ist das deutsche Unternehmen Bosch. In seiner Zeit als Präsident von Bosch Frankreich hat Maugis 2004 den Standort gerettet, stattdessen gab es einen Personalabbau in Stuttgart. „Das war klar eine soziale Maßnahme“, sagt Maugis. „La Bosch“, wie die Leute in Rodez sagen, fertigt ausschließlich Komponenten für Dieselmotoren, die im Zuge der Verkehrswende immer weniger ge­fragt sind. 700 der 1200 Stellen sollen bis 2025 wegfallen. Obwohl sich der Strukturwandel lange ankündigte, trifft er Ro­dez unvorbereitet.

Die Liste der gut besuchten Demons­trationszüge abseits der Großstädte liest sich wie eine späte Bestätigung der Thesen des Geographen Christophe Guilloy. Die Franzosen des „peripheren und fragilen Frankreich“ bilden das Gros des Protests gegen die Rentenreform. Bei ihnen herrschte ohnehin schon das Gefühl vor, von der Politik vernachlässigt zu werden. Bahnverbindungen wurden eingestellt, Krankenhäuser, Gerichte oder Steuer­behörden geschlossen. Die Leute wähnen sich in einer Spirale des Niedergangs; und die Rentenreform wirkt auf sie, als würden sie einer sozialen Errungenschaft be­raubt.

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