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#Es knirscht in der Frankfurter FDP

Es knirscht in der Frankfurter FDP

Es war schon nach Mitternacht, als die Mitglieder des erweiterten Kreisvorstands der Frankfurter FDP in der Nacht von Montag auf Dienstag endlich ins Bett gehen konnten. Am Ende der rund fünfstündigen Marathonsitzung stand wenigstens fest, wer die Liberalen im künftigen Magistrat vertritt: Die 32 Jahre alte Stadtverordnete Stephanie Wüst soll Wirtschaftsdezernentin werden, sie hatte das Thema in den Koalitionsverhandlungen betreut.

Annette Rinn soll Dezernentin für Ordnung und Sicherheit werden. Als Fraktionsvorsitzende gilt sie ohnehin als thematische Allrounderin. Andere Kandidaten, wie der Rechtsanwalt und Stadtverordnete Uwe Schulz, hatten dem Vernehmen nach zuvor abgesagt.

An Personalfragen lag es nicht, dass die Debatte so lange dauerte – und an die Substanz ging. Vielmehr sorgte ein Antrag der Jungen Liberalen und einiger Altliberaler für Unruhe, der seit Montag die Runde in der Partei macht.

„Nicht entscheidungsreif“

Darin fordern sie, den in der vergangenen Woche mit den Grünen, der SPD und Volt ausverhandelten Koalitionsvertrag wieder aufzuschnüren und in einigen Punkten neu zu verhandeln. „Die Frankfurter FDP hält das bisherige Verhandlungsergebnis noch nicht für entscheidungsreif“, heißt es. Die Antragsteller wollen die Verhandlungsdelegation beauftragen, in einer abschließenden Runde „dem Prinzip der Nachhaltigkeit über den Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes hinaus Geltung zu verschaffen“.

Ob der Antrag bei den Parteimitgliedern, die am Mittwochabend über die Annahme des Koalitionsvertrags im Saalbau Zeilsheim abstimmen, eine echte Chance hat, vermochte am Dienstag niemand vorherzusagen. „Ich habe das Gefühl, dass eine Mehrheit den Koalitionsvertrag annehmen wird“, sagte Annette Rinn am Dienstag. Dass der Vorstand, zu dem Rinn als stellvertretende Vorsitzende gehört, die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen verteidigt, wird allenthalben als verständlich bezeichnet.

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Doch in der Partei rumort es auch deshalb, weil namhafte lokale und überregional bekannte FDP-Granden den Antrag unterschrieben haben, darunter die Europaabgeordnete Nicola Beer, der frühere rheinland-pfälzische Landesminister und Chef der Arbeitsagentur Florian Gerster, der frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto, sowie langjährige Stadtverordnete wie Elke Tafel-Stein und Ex-Stadträte wie Volker Stein und Franz Zimmermann. Dem Vernehmen nach soll Parteichef Thorsten Lieb aus dem hessischen Landesvorstand heraus sogar die Empfehlung erhalten haben, den Vertrag in dieser Form nicht zu unterschreiben. Das ist nicht bestätigt.

Einen Tag vor der Mitgliederversammlung wollte sich zwar keiner mit Namen zitieren lassen. Aber hinter vorgehaltener Hand wird der 223 Seiten starke Koalitionsvertrag – aus liberaler Sicht – als „Desaster“ und „grünes Pamphlet“ bezeichnet. Ein langgedienter FDP-Politiker sagte, das Wahlergebnis vom März rechtfertige „keinen grünen Durchmarsch“, die FDP sei in dieser Konstellation nur ein „Feigenblatt“.

Die liberale Handschrift wird vermisst, vor allem bei den Themen Verkehr, Bauen und Finanzen. „Unter diesen Bedingungen ist es besser, nicht zu regieren“, sagte ein Mitglied. Vor allem die Finanzierung der Koalitionspläne erfüllt diese Kritiker mit Sorge. Sie fordern, ab dem Haushaltsjahr 2023 keine zusätzlichen Schulden mehr aufzunehmen. Ein Schuldendeckel ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen – und mit den Grünen und der SPD nicht zu machen.

Ein ähnlich lautender Antrag der Jungen Liberalen war bei einer Mitgliederversammlung der FDP im April abgelehnt worden. Vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage und der jahrelangen Forderung der Liberalen, den hauptamtlichen Magistrat auf neun Dezernate zu verkleinern, wird zudem die Ausweitung auf elf Ressorts als Geldverschwendung kritisiert.

Dauerbrennerthema Mainkai

Immerhin äußern einige Verständnis, da man sich dadurch vom kleinsten Partner Volt abgrenzen könne. Auffällig ist, dass selbst einige, die den Antrag bislang nicht unterschrieben haben, Aspekte in dem Papier unterstützen. So teilen einige die Kritik an dem Vorschlag, an die Betriebszeiten des Flughafens zu gehen. Auch das Dauerbrennerthema, die Sperrung des Mainkais wie jegliche Straßensperrung, sorgt weiterhin für Widerspruch.

Andere stören sich eher an dem allgemeinen Ton des Koalitionsvertrags, in dem viel von Minderheitenpolitik oder LSBTIQA*-Menschen die Rede sei, aber zu wenig von Mittelstand und Industrie. Andere sind weniger kritisch, weil zentrale liberale Forderungen, wie eine zeitgebundene Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes und die aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer, Eingang in den Vertrag gefunden haben.

Ob ein Koalitionsvertrag nachverhandelt wird, liegt nicht im Ermessen der FDP – das müssen die Partner, allen voran die Grünen, entscheiden. Deren Mitglieder und die der SPD lassen ihre Basis ebenfalls am Mittwoch abstimmen.

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