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#Terror und Problemviertel: Frankreich hadert mit Migration

Terror und Problemviertel: Frankreich hadert mit Migration

Frankreich und Deutschland driften nicht nur in der Energiepolitik auseinander. Bei den Themen Einwanderung und Islam hat sich die französische Gesellschaft zusehends von der deutschen entfremdet. Das lässt sich an den erhitzten Debatten zur nationalen Identität im beginnenden Präsidentschaftswahlkampf ablesen. Immer wieder flackert in den französischen Medien Verwunderung über Deutschland auf.

Zuletzt stand die Entscheidung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker in den Schlagzeilen, den Moscheen künftig freitags per Lautsprecher den Muezzinruf zu genehmigen. Irritiert nahm man zur Kenntnis, wie wenig sich die Domstadt um ihre christliche Identität sorge. „Ein Wahlkampf ohne das Wort Islam“ titelte die Zeitung Le Parisien und wunderte sich, dass Einwanderungspolitik offenbar kein Streitthema für die kommenden Koalitionsverhandlungen darstellt.

In Frankreich haben sich die Emotionen nicht gelegt. Die Gründe sind vielschichtig. Die Bedrohung durch den Islamismus ist im Alltag viel stärker präsent als in Deutschland. Noch immer patrouillieren Soldaten zum Anti-Terror-Schutz im öffentlichen Raum. Täglich beschreiben Prozessberichterstatter im Palais de Justice das Grauen der Terroranschläge vom 13. November 2015.

Schweigeminute für Samuel Paty

Gedenktage erinnern daran, wie viele Opfer der islamistische Terrorismus gefordert hat. Am Freitag ist an allen Schulen mit einer Schweigeminute des ermordeten Lehrers Samuel Paty gedacht worden. Ein Jahr ist es her, dass der Pädagoge von einem radikalisierten Islamisten enthauptet wurde, weil er Mohammed-Karikaturen im Unterricht zur Meinungsfreiheit gezeigt hatte.

Der Schock wirkt nach und hat die Hemmschwelle verringert, über die Wechselbeziehung zwischen Integrationsversagen und Islamismus zu diskutieren. Der Täter war ein 18 Jahre alter Mann mit tschetschenischen Wurzeln, dessen Familie in Frankreich politisches Asyl gewährt wurde. Sechs Jahre lang ging er in der Normandie zur Schule. Ähnliche Lebensläufe kennen die Franzosen von den Pariser Attentätern.

Die Verunsicherung ist groß und hat weite Teile der Wählerschaft Emmanuel Macrons erfasst. Der Präsident hat vor Kurzem ein weitreichendes Gesetz mit dem Ziel durchgesetzt, das Entstehen muslimischer „Parallelgesellschaften“ zu verhindern. Im Blick stehen Viertel mit hohem Einwanderungsanteil, die sich schleichend vom französischen Wertekanon entfernt haben. Frankreich bleibt allerdings den Beweis schuldig, dass sich der Kampf gegen ein herabwürdigendes Frauenbild, gegen Antisemitismus und Verachtung von Homosexuellen in diesen Vierteln mit einem Gesetz gewinnen lässt.

„Zivilisationskrieg gegen den Islam“

Die These, dass Einwanderung, religiös begründeter „Separatismus“ und Radikalisierung einander bedingen, wird in Frankreich kaum noch hinterfragt. Dieser unausgesprochene Konsens erklärt, warum ein politischer Quereinsteiger wie der rechtsextreme Journalist Éric Zemmour ein solches Echo entfalten kann. Zemmour ist wegen Rassenhass und Verleumdung wiederholt verurteilt worden. Doch sein Erfolg in den Umfragen beruht just auf dem Tabubruch, den seine Thesen von der „Umvolkung“ und dem „Zivilisationskrieg gegen den Islam“ darstellen.

Er erntet Zustimmung auf einem Terrain, das die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit ihrem Anspruch auf Salonfähigkeit brachliegen ließ. Jetzt versucht sie mit dem Versprechen über ein Einwanderungsreferendum verlorene Sympathien zurückzuerobern.

In seiner Schärfe erinnert der Einwanderungsdiskurs in Frankreich längst an Töne aus Ungarn oder Polen. Die Dramatisierung macht auch vor Macron nicht halt. Nichts deutet darauf hin, dass er wie vor fünf Jahren eine mäßigende Rolle beansprucht. Seine Lobeshymnen auf die deutsche Willkommenskultur sind verstummt. Als die Taliban in Kabul nach der Macht griffen, galt sein Blick sofort „den unregulierten Einwanderungsströmen“, vor denen Europa sich schützen müsse. Gegenüber Algerien, Marokko und Tunesien hat er eine härtere Gangart eingeschlagen und die Visagenehmigungen reduziert. An den Landesgrenzen zu Spanien und Italien verdoppelte er die Zahl der Grenzschützer.

Dabei spielt nicht nur Macron mit dem Verdacht, dass die EU in der Einwanderungspolitik nicht die Lösung, sondern das Problem sein könnte. Der frühere Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier sucht ganz offen den Konflikt mit der EU und hat sich mit einem generellen Einwanderungsstopp den Franzosen als Präsidentenanwärter empfohlen. Den Frontalangriff auf die europäische Asyl- und Einwanderungspolitik begründete er damit, dass die EU-Grenzen für Terroristen und Kriminelle durchlässig wie ein Sieb seien.

Die Ungeduld über die EU, die in der Frage von Asyl und Einwanderung auf der Stelle tritt, hat die politische Mitte in Frankreich erreicht. Macron wäre nicht Macron, wenn er während der französischen EU-Ratspräsidentschaft, die nächstes Jahr im Schatten des Präsidentschaftswahlkampfes stattfindet, dazu schweigen würde.

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