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#„Beschäftigte zweiter Klasse darf es nicht geben“

„„Beschäftigte zweiter Klasse darf es nicht geben““

Zwar stehen die Hilfe und der Schutz für die vor dem russischen Angriffskrieg Geflüchteten aus der Ukraine derzeit im Vordergrund – aber auch ihre Integration in den deutschen Arbeitsmarkt wird zunehmend ein Thema. „Angesichts des schrecklichen Angriffskrieges von Putin bereiten wir uns so darauf vor, dass viele Geflüchtete auch länger bleiben werden“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Der Arbeitsmarkt sei geöffnet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte bei einem Treffen mit Dax-Vorständen in der vergangenen Woche laut einer Mitteilung die Bedeutung der Wirtschaft bei der Integration geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer.

Die Gewerkschaft IG Bau warnte hingegen am Dienstag davor, Geflüchtete aus der Ukraine als billige Arbeitskräfte auszunutzen. Wie die Gewerkschaft mitteilte, suchen Firmen händeringend nach Personal, sei es auf dem Bau, in der Landwirtschaft oder in der Gebäudereinigung. „Manche Chefs wollen die oft gut qualifizierten Geflüchteten lieber heute als morgen einstellen – aber oft zu schlechten Bedingungen“, sagte Gewerkschaftschef Robert Feiger der Deutschen Presse-Agentur. Als Beispiel nannte er Saisonkräfte in der Landwirtschaft, die bis zu 70 Tage lang keinen Sozial- und Krankenversicherungsschutz hätten.

Kein Unternehmen dürfe jetzt die Lage der Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, ausnutzen. „Beschäftigte zweiter Klasse darf es nicht geben“, so Feiger. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Geflüchteten in Deutschland bliebe, müssten jetzt die Weichen für die Integration am Arbeitsmarkt gestellt werden. Wichtig seien die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, ein vereinfachter Zugang zu Sprachkursen sowie mehr Anstrengungen bei der Kinderbetreuung.

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Tönnies in der Kritik

Ende März war der Fleischkonzern Tönnies in die Kritik geraten, nachdem das ARD-Politikmagazin „Panorama“ darüber berichtet hatte, wie das Unternehmen an der polnisch-ukrainischen Grenze versucht haben soll, Geflüchtete als Produktionshelfer anzuwerben. Tönnies bestritt eine eigennützige Absicht.

Für Unternehmen kann es ein Balanceakt sein, einerseits ehrlich helfen zu wollen und Bedarf nach Arbeitskräften zu haben und andererseits nicht in die Kritik zu geraten, das Leid der Kriegsflüchtlinge auszunutzen.

Der Softwarekonzern SAP verkündete Anfang April die Einführung eines Programms mitsamt eigener Website, dessen Ziel es sei, „Flüchtlinge aus der Ukraine mit offenen Stellen in den weltweiten SAP-Niederlassungen zusammenzubringen“. SAP ist unter den großen Konzernen kein Einzelfall. Der Sportartikelhersteller Adidas teilte auf Anfrage mit, die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt seit 2015 beispielsweise durch Praktika und Ausbildungsangebote zu unterstützen. „Diese Programme stehen natürlich auch Geflüchteten aus der Ukraine offen, und es gibt erste Bewerbungen“, teilte ein Sprecher mit. Darüber hinaus gebe es zahlreiche Möglichkeiten für einen direkten Einstieg, etwa für Expertinnen und Experten im Digitalen.

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Mercedes-Benz „möchte geflüchtete Menschen aus der Ukraine dabei unterstützen, neue Jobmöglichkeiten zu finden“, wie eine Sprecherin sagte. Wichtig sei für den Stuttgarter Autobauer eine schnelle Erteilung der nötigen Aufenthalts- und Arbeitstitel. Auch brauche man Klarheit über rechtliche Voraussetzungen, beispielsweise „ob und in welchen Fällen auf bestimmte Dokumente und Bescheinigungen verzichtet werden kann, die derzeit nicht zu beschaffen sind“. Etwa Studien- und Ausbildungsbescheinigungen von Geflüchteten.

Allein die Deutsche Bahn hat nach Angaben von Personalvorstand Martin Seiler „permanent 3000 bis 4000 Stellen offen“. Erste ukrainische Geflüchtete habe das Unternehmen bereits eingestellt, etwa als Bauingenieure, an der Telefon-Hotline oder im IT-Bereich. Und auch Siemens plant Programme zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, zum Beispiel Schülerpraktika, Berufspraktika oder Ausbildungs-Vorbereitungsklassen mit Maßnahmen zum Spracherwerb.

BDA: Ukrainer schnell integrieren

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) teilte mit, kurzfristig gehe es um humanitäre Hilfe und nicht in erster Linie um Fachkräftegewinnung. Chancen für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration im Handwerk böten vor allem die vorhandenen Qualifikationen sowie das große Interesse der Geflüchteten an einer schnellen Beschäftigungsaufnahme. „Zahlreiche Geflüchtete bringen etwa medizinisch-technische Qualifikationen mit, was eine Beschäftigung in den Gesundheitshandwerken interessant macht“, teilte der ZDH mit.

Perspektivische Aufenthalte von zwei bis drei Jahren seien nach jetzigem Stand nicht unrealistisch. „In einem solchen Zeitraum könnten Jugendliche aus der Ukraine ihre Schulzeit abgeschlossen haben und sich dann für eine Ausbildung im Handwerk interessieren“, so der ZDH.

„Wir Arbeitgeber stehen bereit, um Geflüchtete aus der Ukraine zu beschäftigen und auszubilden. Viele Arbeitgeber helfen auch bei der Unterbringung und Versorgung der Menschen“, teilte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Steffen Kampeter, mit. Die Politik müsse nun endlich in den Krisenmodus schalten, die Aufnahme der Menschen aus der Ukraine sei oft noch zu langsam und ineffizient.

Die Bundesregierung müsse die Wirtschaft entlasten und Rahmenbedingungen für die Integration schaffen. „Die Möglichkeit, unbürokratisch eine Arbeit in Deutschland aufnehmen zu können, die den Qualifikationen der Geflüchteten entspricht, ist hier zentral“, so Kampeter.

„Wenn es dazu kommt, dass die Menschen länger bei uns bleiben und sie Arbeit suchen oder eine Ausbildung machen wollen, sind wir selbstverständlich vorbereitet und gut aufgestellt, um möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen“, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. Wenn ukrainische Geflüchtete in Deutschland arbeiten möchten, dann träfen sie auf einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt, der Bedarf an Arbeitskräften sei hoch.

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