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#Warum zu den Bundeswehr-Sonderschulden längst nicht alles geklärt ist

„Warum zu den Bundeswehr-Sonderschulden längst nicht alles geklärt ist“

Rechtzeitig zum Beginn der Haushaltswoche, an deren Ende der Bundestag den Etat für das Jahr 2022 verabschieden will, haben sich die Vertreter der Ampel-Parteien und der Unionsfraktion über die Sonderschulden (offiziell: Sondervermögen) für die Bundeswehr verständigt. Nach einer Rückkoppelung mit den jeweiligen Fraktionen verschickte das Bundesfinanzministerium Sonntagabend kurz vor 23 Uhr die gemeinsame Erklärung. Die zentralen Sätze lauten: „Wir stellen gemeinsam sicher, dass die Bundeswehr in den kommenden Jahren mit 100 Milliarden Euro zusätzlicher Investitionen gestärkt wird. Dabei wird das so genannte Zwei-Prozent-Ziel der NATO im mehrjährigen Durchschnitt erreicht.“

Die notwendige Maßnahmen zur Cybersicherheit, Zivilschutz sowie zur Ertüchtigung und Stabilisierung von Partnern würden aus dem Bundeshaushalt finanziert. Nachdem das Sondervermögen in Anspruch genommen worden sein werde, würden weiter die erforderlichen Mittel zur Erreichung „der dann gültigen NATO-Fähigkeitsziele“ bereitgestellt.

Die neuen Schulden zur Stärkung der Bundeswehr werden an der Schuldenregel vorbei aufgenommen. Dafür wird das Grundgesetz geändert – was wiederum die Beteiligung der Union erfordert, um die notwendige Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag aufbieten zu können. Diese hat in den Verhandlungen erreicht, dass das Geld aus dem „Sondervermögen“ nur für die Bundeswehr zur Verfügung steht, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt hatte. So hatte es Finanzminister Christian Lindner (FDP) auch in einen ersten Gesetzentwurf übernommen. Später wurde an die Stelle des Wortes „Streitkräfte“ die Wörter „Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ gesetzt – auf Bestreben aus den Reihen von Grünen und SPD. Auch das Festschreiben der NATO-Zielquote – im Durchschnitt der Jahre – waren CDU und CSU wichtig gewesen.

Problematische Beschaffung

In der Debatte war zumeist von fünf Jahren die Rede, in denen das „Sondervermögen“ genutzt werden soll, um die Bundeswehr militärisch zu stärken. Auf diesen Zeitraum kommt man indirekt, wenn das NATO-Ziel erreicht werden soll. Mit jährlich 50 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt plus 20 Milliarden Euro aus dem Sondertopf erreicht man grob 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Gleichwohl findet sich eine zeitliche Befristung nicht in dem Konsenspapier. Da große Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr mit vielen Risiken behaftet sind und es in der Vergangenheit oft zu Verzögerungen bei der Auslieferung kam, wollte man sich vermutlich nicht zu sehr fesseln.

Eine feste Tilgungsverpflichtung ist nicht verabredet worden – im Gegenteil, die lagerübergreifende Vereinbarung lässt einen erheblichen Spielraum. So lautet der letzte Satz: „Nach der Inanspruchnahme beginnt auch die Tilgung innerhalb eines angemessenen Zeitraums.“ Was heißt Inanspruchnahme? Heißt das vollständige Inanspruchnahme, auch wenn das Wort dort nicht steht? Und kann die nächste Regierung einfach einen kleinen Betrag nicht abrufen, damit das Sondervermögen nicht komplett in Anspruch genommen ist – so dass man sich noch keine Gedanken über die Tilgung machen muss? Auch die Formulierung „angemessener Zeitraum“ ist sehr vage. Auch diese eröffnet der nächsten Regierung viele Möglichkeiten, unangenehme Entscheidungen zu verschieben.

Zur Tilgung sind noch Fragen offen

Ein Grund, warum man davor zurückschreckte, die Tilgungsleistungen festzuschreiben, dürfte die ohnehin schon beträchtliche Belastung des Bundeshaushalts in den späten zwanziger Jahren sein. Die Tilgungsverpflichtung aus den drei Krisenjahren 2020 bis 2022 addiert sich von 2028 an auf jährlich 10 bis 13 Milliarden Euro. Die genaue Höhe hängt vom Abschluss dieses Jahres ab.

Allein diese Last bewegt sich in der Größenordnung der nach der Schuldenregel zulässigen Neuverschuldung. Wenn noch eine Tilgungsverpflichtung aus dem Sondervermögen Bundeswehr hinzukommt, wird die dann regierende Koalition sogar Überschüsse erwirtschaften müssen. Das hat man am Sonntag offenbar nicht verbindlich festschreiben wollen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) rechnete am Montag daher nur modellhaft vor: Wenn man im Jahr 2028 mit der Tilgung beginne und diese über dreißig Jahre verteile, komme man auf einen Betrag von etwas mehr als 3 Milliarden Euro, der dafür im Jahr benötigt werde.

Die schon feststehenden und die noch zu beschließenden Tilgungsleistungen fallen in eine Zeit, in der die Ausgaben für die Verteidigung aus dem Kernhaushalt im Vergleich zu heute spürbar aufgestockt werden müssen. Zwar wird im geeinten Papier für diese Zeit keine feste Quote mehr genannt, sondern nur zugesagt, die Mittel für die dann gültigen NATO-Fähigkeitsziele bereitzustellen. Wie Minister Lindner erläuterte, könnten dies 1,8 oder 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukt sein, je nach dem, was man bereitstellen müsse und wie die Wirtschaftslage dann sei.

Dass die Anforderungen der NATO in den nächsten Jahren sinken werden, ist derzeit schwer vorstellbar. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein. Wenn man nur unterstellt, dass die künftigen Fähigkeitsziele dem aktuellen Bedarf entsprechen, kommt man auf bemerkenswerte Summen, die in der nahen Zukunft für den Einzelplan Verteidigung mobilisiert werden müssen.

Derzeit sind in der mittelfristigen Finanzplanung jährlich rund 50 Milliarden Euro für die Bundeswehr vorgesehen. Wenn das Sondervermögens über fünf Jahre aufgezehrt wird, müsste dieser Betrag vom Jahr 2027 auf etwa 70 Milliarden Euro steigen, damit die Verteidigungsausgaben etwa 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Das verspricht spannende Etatberatungen.

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