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#Wenn Galicien ganz bei sich isst

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Wenn Galicien ganz bei sich isst

Von der Kathedrale in Santiago de Compostela zum „Mercado de Abastos“ sind es zu Fuß kaum sechs Minuten. „Mercado de Abastos“ bedeutet Großmarkt, und „abasto“ heißt reichlich. Bei diesem Markt ist beides keine Übertreibung. Die acht aus Granit gebauten Markthallen erinnern an Kirchenschiffe und ein klein wenig an Pariser Passagen, nur sind sie viel klobiger. Einen Markt gibt es an dieser Stelle seit Mitte des 19. Jahrhunderts, 1936 wurden die Bauten abgerissen, seit 1941 steht eine neue, gewichtige Architektur, der man ihr Baujahr ansieht. Und hier lässt es sich gut sortiert einkaufen: Für die jeweiligen Produkte gibt es eigene Hallen mit eingelassenen Ständen. Die Halle für Fisch und Meeresfrüchte zeigt üppig die Vorzüge der über 1600 Kilometer langen Atlantikküste Galiciens mit tief ins Landesinnere reichenden Meeresbuchten, die ideal sind für die Muschelzucht. Draußen auf dem Marktplatz sitzen Bäuerinnen hinter Körben mit Kartoffeln, Kürbissen oder grellgrünen Paprikaschoten aus Padrón. Die werden, in Olivenöl gebraten und bestreut mit grobem Salz, zur Tapa, die nicht mehr nur in Galicien beliebt ist.

Novina Göhlsdorf

Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Ein Besuch des Marktes zählt zum touristischen Programm in Santiago wie eine Besichtigung der Kathedrale. Allerdings gehört der Gang über den Markt auch für viele Stadtbewohner zum Alltag, um einzukaufen, einen Espresso zu trinken oder mit Freunden zu essen. Besonders am Samstagmittag begegnen sich hier Seniorinnen mit Einkaufsrollern, Familien mit Kindern und Studenten mit Undercut, deren lange Freitagnacht mit fair gehandeltem Kaffee am Tresen ausklingt. Ab und zu legt in einer Halle ein DJ auf. Der „Mercado de Abastos“ war für die ältere Generation immer ein wichtiger sozialer Ort, in den vergangenen Jahren ist er aber generationsübergreifend zum Treffpunkt geworden. Wer als Gastronom etwas auf sich hält, eröffnet ein Lokal in Marktnähe.

Hausmannskost ohne Mann

Auch die beiden Restaurants von Lucia Freitas sind nur wenige Gehminuten entfernt. Ihr erstes, „A Tafona“, übernahm sie 2009. Neun Jahre später gewann sie damit einen Michelin-Stern und eröffnete anschließend „Lume“, wo sie anbietet, was es im „A Tafona“ mittlerweile nicht mehr gibt: Tagesgerichte für ein Publikum, das sich ein Sternerestaurant höchstens zu festlichen Anlässen leisten kann. Freitas geht seit 13 Jahren jeden Morgen auf den Markt. Was sie nicht im eigenen Garten ernten kann, kauft sie hier frisch, für das, was im „A Tafona“ mittags und abends auf der Karte steht. Sie sieht mit einem Blick, welches die besten Jakobsmuscheln des Tages sind und welche Bohnen die geschmackvollsten. Die Verkäuferinnen kennt sie beim Namen. Margarita, die Fischhändlerin, hat sie zur Patentante ihres Sohns gemacht. „Einige hier sind wie Familie für mich, sie erleben mich seit Jahren täglich, in allen Stimmungen, haben mich immer unterstützt“, sagt Freitas. Als ihr anfangs das Geld fehlte, um den Fisch für ihr Restaurant zu bezahlen, hat Margarita die Preise „angepasst“.

Die Sterneköchin Lucia Freitas vor dem Fischstand „Mari Carmen“, an dem  die Patentante ihres Sohnes den Fisch verkauft


Die Sterneköchin Lucia Freitas vor dem Fischstand „Mari Carmen“, an dem die Patentante ihres Sohnes den Fisch verkauft
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Bild: Martin Wein

Freitas ist in Santiago geboren und aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihren Eltern und ihrem fünfjährigen Sohn etwas außerhalb der Stadt. Mit 19 Jahren hat sie Galicien verlassen, um sich zur Konditorin und Köchin ausbilden zu lassen. Sie hat in weltweit gefeierten Restaurants wie „El Celler de Can Roca“ in Girona oder im „Mugaritz“ bei San Sebastián gelernt: das Kochen, pausenlos und unter Hochdruck, in einer Welt, die zu 95 Prozent aus Männern bestand. Nach Jahren großen Heimwehs entschied sie sich mit 27, zurückzukehren. Und ein Restaurant zu gründen.

„Mich hat Kochen schon als Kind begeistert. Vielleicht habe ich das von meiner Urgroßmutter geerbt. Die hatte die erste ,casa de comida‘ in Santiago“ – ein Gasthaus, das einfache Tagesmenüs serviert, Hausmannskost, aber ohne Mann. Die Urgroßmutter musste die Familie durchbringen, sei eine starke, kämpferische Frau gewesen. Auch darin ähnelt Freitas ihr. Die 39-Jährige erzählt lächelnd von ihren 16-Stunden-Tagen, davon, wie sie drei Tage nach der Geburt ihres Sohns Mauro zum Finale des renommiertesten Kochwettbewerbs Spaniens fuhr, vom unerfüllbaren Wunsch, Mauro abends ins Bett zu bringen, wenn sie noch in der Restaurantküche steht. Sie erzählt von den heftigen Lebensmittelunverträglichkeiten, die ihr seit einigen Jahren nahezu jedes Essen nachträglich zur Pein machen. Was sie selbst zubereitet, kann sie allenfalls kosten, sonst verursacht es Übelkeit, Schmerzen und Erschöpfung.

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