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#Wer steuert den Umbau von Hartz IV?

Wer steuert den Umbau von Hartz IV?

Die Bundesagentur für Arbeit hat bald selbst Bedarf an einer Jobvermittlung: Im April wird dort der Chefposten vakant. Detlef Scheele, 64 Jahre alt, scheidet aus dem Amt. In die eigene Kundenliste wird die Nürnberger Behörde kaum schauen, die Aufgabe ist hochpolitisch – im nächsten Jahr so sehr wie selten zuvor: Dann steht der Umbau der Grundsicherung an, im Volksmund „Hartz IV“ genannt. Sie soll künftig zu einem „Bürgergeld“ avancieren, so haben es die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Und nun ist für diese Aufgabe eine Person im Gespräch, die lange mit der rot-grünen Arbeitsmarktreform gehadert hat: Die frühere SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die im April 2019 das Handtuch warf.

Die Nachricht machte am Wochenende die „Bild am Sonntag“ publik. Weder die SPD noch das Bundesarbeitsministerium wollten die Personalie am Sonntag bestätigen, auch Nahles selbst äußerte sich nicht. Auf diesem Weg könnte die ehemalige Bundesarbeitsministerin von Scheeles ehemaliger Chefin zu seiner Nachfolgerin werden. Ein Selbstläufer ist diese Personalie indes nicht: Der Verwaltungsrat der Bundesagentur wählt die neue Führungskraft, das Bundeskabinett muss ihr zustimmen. Die Vorsitzende des Verwaltungsrats ist Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Derzeit ist Nahles Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, eine Unterbehörde des Finanzministeriums, das der designierte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bisher leitete. Einblicke in den Behördenalltag konnte Nahles so also schon sammeln, Erfahrungen aus der freien Wirtschaft, wie Kritiker bemängeln, jedoch nicht.

Andrea Nahles ist als neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit im Gespräch.


Andrea Nahles ist als neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit im Gespräch.
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Bild: dpa

Wer immer die BA künftig leiten wird, muss jedenfalls den Umbau der staatlichen Unterstützung zu einem „Bürgergeld“ mit Leben füllen, das vor allem von der FDP gelobt wird. Christian Lindner nannte es am Sonntag gemeinsam mit Verbesserungen bei der Verwirklichung von Bildungschancen als das erste von fünf Kernprojekten im Koalitionsvertrag. In dem Bürgergeld zeige sich die Erneuerung des „Aufstiegsversprechens“ und zugleich die Modernisierung des Sozialstaates. Es ermögliche „Lebenslaufsouveränität“. Kein Schicksalsschlag dürfe mehr in die soziale Sackgasse führen, mahnte der FDP-Chef. Kritiker wie Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, werfen den Ampel-Parteien dagegen einen „Etikettenschwindel“ vor, weil die Reform außer einem neuen Namen kaum substanzielle Verbesserungen für Arbeitslose bringe.

Für Ärger hatte zunächst gesorgt, dass die angehenden Koalitionäre in ihrer Vereinbarung noch nichts über die Höhe des neuen Bürgergeldes gesagt haben. Sozialverbände fordern schon lange statt der sonst üblichen jährlichen Anpassungen eine signifikante Erhöhung des bisherigen Regelsatzes von 446 Euro auf mehr als 600 Euro im Monat, um den rund 3,8 Millionen Beziehern des Arbeitslosengeldes II ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Besonders durch die steigende Inflation von zuletzt fünf Prozent sei eine deutliche Anhebung des Betrages nötig. Neben dem monatlichen Festsatz zahlt der Staat allerdings auch die Miete und die Heizkosten in einem „angemessenen Umfang“.

Verfechter des Bürgergeldes: Christian Lindner


Verfechter des Bürgergeldes: Christian Lindner
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Bild: Reuters

Signifikante Lockerungen hat die Ampel auch in den ersten zwei Jahren der Grundsicherung vorgesehen. So soll das Vermögen in dieser Zeit unangetastet bleiben. Bisher mussten sich Hartz-IV-Empfänger ihr Vermögen bis auf einen Freibetrag von maximal rund 10.000 Euro auf ihre staatliche Unterstützung anrechnen lassen. Wegen der Corona-Krise gilt derzeit ein Aufschub der Anrechnung von sechs Monaten. Bei den umstrittenen Sanktionen bleiben die Parteien indes vage: Grundsätzlich wolle man daran festhalten. In welcher Form? Offen.

Erleichterung wird es für Bürgergeld-Empfänger sowohl bei der Weiterbildung als auch bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten geben. Danach müssen sie künftig nicht mehr um jeden Preis ein Stellenangebot annehmen, sondern können statt dessen auch eine Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot wählen, für das künftig auch ein Bonus gezahlt werden kann. Franziska Brandmann, Vorsitzende der Jungliberalen, hob auf dem FDP-Parteitag am Sonntag besonders die erweiterten Hinzuverdienstmöglichkeiten für Schüler und Studenten hervor. Es sei ein Zeichen von „Leistungsgerechtigkeit“, das deren Jobs nun nicht mehr den Hartz-IV-Regelsatz ihrer Eltern minderten.

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